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Frage: Wir haben unlängst bei den Lundaspelen mit der C-Jugend - unsere
Spieler sind alle zwischen 1,70 und 1,80 - gegen eine "Riesenauswahl"
gespielt.
Der kleinste bei deren Rückraum war die Mitte mit 1,88 - die Halbspieler waren 1,92 und 1,98 groß.
Jetzt erzähle mir bitte wie Du da mit einer normal großen Mannschaft eine 6:0 Abwehr spielen willst.
Insbesondere gegen die von Dir geschilderten "Wurfkühe" werde ich immer mit einer offenen Deckung agieren.
Aber vielleicht hast Du ja große Spieler mit denen die 6:0 als "Fleischmauer"-Variante funktioniert .
Meine Spieler sind relativ im Rahmen für ihr Alter, also etwas über 1.80m eben mit drei Ausreißern nach oben (HR, RA und TW) und unten. Natürlich ist es immer schwer gegen
eine Mannschaft zu spielen, deren kleinster Spieler gleich mal 10cm
größer ist als alle deine, aber das kannst du selbstverständlich mit
einer 6-0 spielen - Voraussetzung ist halt, dass die Kommunikation in
der Abwehr und auch das Verhältnis Torwart/Block passt, aber das gilt ja
ohnehin grundsätzlich bei der 6-0. Wenn du die "Wurfkühe" auf 10-11m
zu machst, dann hast du da auch keine Schwierigkeiten... und wenn dir
einer die Teile aus 15m reinhaut, dann ist es halt so. Wenn du wie
angenagelt am Kreis stehst, schießen dich auch gleichgroße oder gar
kleinere Spieler ab, aber das ist ja auch keine 6-0 sondern ein
Hühnerhaufen.
Dass die Abwehr gegen Spieler, die bis dato nur eine offensive Abwehr gegen sich hatten effektiver ist, lässt sich leicht nachvollziehen. Allerdings sollte in der Jugend nicht darauf geschaut werden die besten Endergebnisse zu erzielen, sondern eine bestmögliche Entwicklung der Jugendspieler. Vorallem in der Abwehr ist es der individuellen Schulung definitiv mehr zuträglich, wenn man "gezwungen" wird 1vs1-Situationen zu meistern. Ansonsten können sich körperlich kräftigere/größere Spieler einfach in der Jugend auf ihrem Vorteil ausruhen und wie schweizer Mannschaften bei 6m den Kasten zunageln. Selbst gegen technisch deutlich bessere, aber dafür kleinere/schwächere, Spieler wird das meist für einen Sieg reichen. Da sich diese Spieler aber dann auf dem einfachen Erfolg ausruhen lernen sie erst gar nicht offensiv zu verteidigen und spätestens wenn dann mal körperlich ähnlich starke Gegner mit besserer Technik im oberen Leistungsbereich kommen, rächt sich die mangelnde individuelle Abwehrschulung.
Und zu deiner geschilderten Erfahrung mit den vielen technischen Fehlern etc.:
Mich würde es sehr wundern, wenn das durch die offensiven Abwehrreihen gefördert wurde - dadurch, dass sie gegen offensive Abwehrspieler technisch versiert sein müssen, um zum Erfolg zu kommen schult eine offensive Abwehr auch den Angriff meiner Ansicht nach deutlich besser.
Zudem ist meine persönliche Erfahrung eindeutig:
wer gut offensiv decken kann lernt auch sehr schnell ordentlich defensiv zu decken..andersrum tun sich die Spieler deutlich schwerer!
Natürlich, es ist ungewohnt also erst mal schwer... aber genau das ist doch das Problem. Wir haben alle damals in der D und C-Jugend gegen so ziemlich jede Abwehr spielen müssen, 5-1, seltener mal 6-0 oder 3-2-1, mussten wir auch durch. Es geht auch nicht darum, das beste Ergebnis rauszuholen, sondern die Notwendigkeit mal "schnell" 35+ Buden zu machen um überhaupt eine Chance zu haben, zu beseitigen. Das klappt erfahrungsgemäß oft genug nicht (Oh Wunder) und es kann ja auch nicht der Sinn sein zu sagen "Naja, wir verlieren lieber aus ideologischen Gründen als das wir mit einer vernünftigeren Spielweise gewinnen"... Motiviert ja auch nicht unbedingt.
Grundsätzlich sehe ich da aber das Problem nicht, dass man stärkere Spieler im Vergleich zu technisch versierteren schwächen sollte: Handball ist ja eben ein Sport, der es beiden Typen auch in einer defensiveren Abwehr erlaubt, erfolgreich zu spielen - es war auch vor 20 Jahren nichts unübliches, dass RM und die Außen eher klein und schnell waren, deswegen haben ja noch lange nicht die Halbspieler alle Tore gemacht - im Gegenteil, gerade in den frühen 2000ern hatten die Außenspieler dank 1. Welle ja exorbitante Trefferzahlen und Quoten.
Das Problem der 1vs1 Schulung mag ja eine Überlegung wert sein, aber du hast das ja bei 6-0 wie bei 3-2-1 auch, allerdings hast du nicht das Problem, das ein egozentrischer Schönspieler mit irgendwelchen Tippeskapaden zum Erfolg kommt (oder zu einer sehr schmerzhaften Erfahrung - habe ich zwar sehr gefressen, aber vermeiden kannst es selbst mit Atomanschiss nicht immer, dass einer mal ein paar auf die Griffel bekommt) - der Verhungert dir in der A-Jugend, weil die Deckung sich einen Ast über den lacht.
Die erhöhte Fehlerquote erkläre ich mir eher dadurch, dass der Angriff weniger auf automatisierte Pässe sondern auf Einzelaktionen (welche ja prinzipbedingt eine höhere Fehlerquelle sind) basiert. Aber genau diese Automatismen, die wir alle wohl im Schlaf beherrschen, also Kreuzen, Sperren/Absetzen, Einlaufen, Stoßen/Holen, usw. sind nicht oder nicht mehr brauchbar vorhanden. Es führt halt nicht so leicht zum Erfolg wie den "obligatorischen Dicken unbeweglichen" einfach zu verladen, parallel zu stoßen und einfach alles zu überlaufen. Kempa könnense wieder...
Ich sage ja nicht, dass eine offensivere Abwehr nicht ihre Daseinsberechtigung hat, aber ich halte es für äußerst zweifelhaft das zwangsweise Durchzusetzen, gerade wenn in den höheren Altersklassen eh wieder defensiver gedeckt wird. Bringt einem gar nichts, wenn man was weiß ich wie toll jemanden auf 15m stören kann, der Mittelblock dann sich aber zwei Jahre später nicht mal darüber einigen kann, wer jetzt dem Kreisläufer das Leben schwer machen soll. Klar kann man das lernen und du hast ja vielleicht auch Recht, dass es einfacher ist einen offensiven Hühnerhaufen in eine grundsolide defensive Deckung umzutrainieren als andersrum, aber sollte eine durchschnittliche B-Jugend nicht ohnehin mindestens zwei Deckungsformen beherrschen können, alleine schon für Überzahlsituationen? Wir stellen in Überzahl auch auf eine 3-3 Deckung um - mit erkennbaren Defiziten, aber gut Ding will eben Weile haben.