Auszug aus der Wilhelmshavener Zeitung
Wilhelmshavener HV bleibt in der 2.Handball Bundesliga
Die stark angeschlagene WHV-Sportmarketing GmbH meldet Insolvenz an. Jetzt heißt es: Neue GmbH, neue Verträge und ein erster Spieler-Abgang. Ausgerechnet eine Corona-Maßnahme der HBL kommt den Jadestädtern dabei entgegen.
Wilhelmshaven Neue Spielbetriebs-GmbH, neue Verträge und ein erster Spieler-Abgang: Im Kampf um den Fortbestand des Bundesliga-Handballs an der Nordseeküste haben die Verantwortlichen des Wilhelmshavener HV nun Nägel mit Köpfen gemacht. Die Redaktion fasst die Entwicklungen der letzten Tage und die Auswirkungen auf den Saisonstart in der 2. Bundesliga zusammen.
Neue GmbH gegründet
Die Tage der finanziell stark angeschlagenen WHV-Sportmarketing GmbH – dem wirtschaftlichen Träger des Bundesliga-Spielbetriebs – scheinen offenbar gezählt. Wie jetzt aus Vereinskreisen bekannt wurde, lässt sich eine Insolvenz wohl nicht vermeiden. Manager Dieter Koopmann hatte die Gesellschaft selbst vor 26 Jahren gegründet. Sie ist die Basis aller Erfolge, die der WHV in den letzten drei Jahrzehnten gefeiert hat.
Als Ersatz für die WHV-Sportmarketing GmbH haben Vertreter des Vereins gestern die neue WHV-Handball-Sport GmbH als neuen Spielbetriebs-Träger gegründet. Neuer Geschäftsführer ist WHV-Vorstandsmitglied Frank Leonhardt. Florian Schulz bleibt Geschäftsführer der alten Sportmarketing-GmbH und wird die Firma durch die anstehende Insolvenz begleiten.
Allen Spielern liegen inzwischen neue Verträge vor
Allen Spielern des aktuellen Kaders liegen inzwischen neue, unterschriftsreife Verträge vor – allerdings auch zu neuen (geringeren) Bezügen. Voraussetzung für den nahtlosen Übergang: Alle müssen die alte GmbH verlassen und bei der neuen Gesellschaft unterschreiben, wenn sie für den WHV in der 2. Bundesliga spielen wollen. Hier stehen die Verantwortlichen aktuell enorm unter Zeitdruck, da der „Arbeitgeber-Wechsel“ noch vor Saisonbeginn erfolgen muss.
Normalerweise ist die Insolvenz der Spielbetriebs-GmbH immer gleichbedeutend mit dem sportlichen Abstieg. In diesem Fall aber nicht: Eine Corona-Sonderregel der Handball Bundesliga (HBL) zum Schutz finanziell gebeutelter Vereine ermöglicht in diesem Jahr eben genau einen solchen Übergang – ohne Verlust der Spielklasse. WHV-Kreise versichern, dass jeder Schritte genau mit den Verantwortlichen der HBL und der Lizenzierungskommission um Richter Rolf Nottmeier abgestimmt worden sei.
Vier Punkte Abzug
So ganz ungeschoren kommen die Jadestädter sportlich aber nicht davon: Aufgrund der Insolvenz und des GmbH-Wechsels wird der WHV in der kommenden Saison mit einem Abzug von vier Punkten bestraft. So sehen es die Richtlinien der HBL vor. Die Punkte werden nach dem letzten Spieltag abgezogen.
Noch am Sonntag vor zwei Wochen hatten alle Spieler des Handball-Zweitligisten ihre Solidarität mit dem WHV öffentlich bekundet und in diesem Zusammenhang auch mögliche Gehaltseinbußen in Kauf genommen. Nun aber hat der erste Spieler die Jadestadt verlassen: Der spanische Spielmacher Juan de le Pena hat seine Koffer gepackt und geht künftig für den Ligakonkurrenten SG BBM Bietigheim auf Torejagd.
„Ich habe drei Jahre um diesen Spieler gekämpft“, bedauert Koopmann die Entscheidung des Spaniers. „Wirklich schade. Ich bin mir sicher, dass er unseren Fans viel Freude bereitet hätte.“ Darüber hinaus schloss Koopmann weitere Abgänge nicht aus. Heißester Kandidat für einen Last-Minute-Transfer ist Linkshänder Tim Rozman, dem zahlreiche Angebote vorliegen.
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Der Saisonauftakt wackelt
Mit dem Gastspiel beim TV Hüttenberg sollten die Jadestädter am morgigen Freitag in die neue Saison 2020/21 starten. Die Gastgeber hatten unlängst ihren Umzug ins benachbarte Wetzlar beschlossen und die Partie von Samstag auf Freitag vorgezogen. Da in Mittelhessen Zuschauer bei Sportveranstaltungen inzwischen wieder komplett untersagt sind, ersucht der TVH offiziell um eine Spielverlegung.
Koopmann: „Wir haben dem Wunsch bereits zugestimmt, weil Handball ohne Zuschauer finanziell einfach keinen Sinn macht. Die Entscheidung der HBL steht allerdings noch aus.“ Zeitlich würde dem WHV eine Verlegung durchaus in die Karten spielen, weil sie den Zeitdruck aus den Vertragsverhandlungen nimmt.
Auf Einladung von Peter Brendel, dem Betreiber des Gorch-Fock-Hauses, trafen sich die WHV-Verantwortlichen am Dienstagabend mit zahlreichen Sponsoren, auch um die wirtschaftliche Situation und mögliche Wege aus der Krise zu erläutern. „Eine absolut positive Geschichte“, sagt Koopmann. „Wir hatten viele gute Gespräche und freuen uns nach wie vor über die große Solidarität, die inzwischen sogar bis Berlin reicht. Vielen Dank an Peter Brendel für die Einladung.“