"Nee, nee, das stimmt"
Nils Lehmann über die Folgen eines Phantomtores
Herr Lehmann, können Sie sich denken, warum wir anrufen?
Phantomtor.
Richtig. Ihrem Klub, der HSG Düsseldorf, wurde beim 25:26 bei der SG Kronau-Östringen ein Gegentor angerechnet, das es gar nicht gab.
Ich hab' die Szene gar nicht so wirklich mitgekriegt. Die Anzeigetafel, die hängt dort ziemlich steil über den Trainerbänken. Man sieht sie relativ schlecht, da müsste man sich immer so den Hals verrenken. Es stand 10:8 für Kronau-Östringen, und dann haben wir den Anschlusstreffer gemacht zum 10:9. Dann hieß es auf einmal, es steht 11:8. Und anstatt das auf 10:9 zu korrigieren, wurde es auf 11:9 korrigiert.
Was haben Sie da gedacht?
Das kam mir ein bisschen komisch vor. Es gab auch einen Timeout, und es gab die erste Diskussion. Aber die Schiedsrichter haben gesagt: Nee, nee, das stimmt, die haben ihre elf Tore geschossen - wie auch immer die elf Toren bei denen auf ihren Zettel kamen.
Sie konnten sie nicht überzeugen?
Kurz danach kam vom Hallensprecher eine Durchsage: Richtiger Spielstand nicht 11:9, sondern 10:9. Der korrigierte das also offiziell von außen, weil alle sich auch einig waren: Es steht 10:9. Daraufhin hat der Schiedsrichter kurioserweise dem Hallensprecher eine Gelbe Karte gegeben.
Haben Sie so etwas je erlebt?
Ich war konfus und wusste nicht wirklich, was das soll. Es gibt ja Gelbe Karten für die Bank, wenn ein Trainer oder Betreuer meckert. Aber eine Gelbe Karte für einen nicht am Spiel Beteiligten habe ich noch nie gesehen.
Haben Sie nicht weiter protestiert?
Unser Sportlicher Leiter Jörg Siegert ist in der Halbzeit nochmal zu den Schiedsrichtern gegangen. Die hatten sich wohl auch mit dem Zeitnehmertisch und dem Sekretär kurzgeschlossen, die die Aufzeichnung der Tore machen müssen. Die haben darauf beharrt, dass es dabei bleibt. Sie haben nicht mal ein Video zu Rate gezogen. Das hätten sie machen können in der Zeit.
Es gab ein Video?
Jaja, jeder Heimverein zeichnet die Spiele auf, und die Kronau-Östringer haben eine sehr aufwändige Aufzeichnung mit Zeitlupen und allem Drum und Dran. Da hätte man sich leicht kundig machen können.
Aber das ist nicht passiert.
Nach dem Spiel haben wir dann den Protest eingereicht. Und wir haben möglichst schnell versucht, das Video zu bekommen, weil wir so ein bisschen Angst hatten, dass das Video vielleicht auf ominöse Weise verschwindet oder die Szene komischerweise nicht mehr drauf ist. Aber Lob an Kronau-Östringen: Die haben sich nicht quer gestellt.
Haben Sie das Video angeschaut?
Ja, und es ist ganz klar. Man hört es auch von der Hallenansage: Es steht 10:8. Und im nächsten Angriff steht's dann 11:9.
Waren die Schiedsrichter zu stur?
Den Schiedsrichtern kann man da keinen Vorwurf machen. Die müssen sich auf den Zeitnehmer verlassen. Das Handballspiel ist so schnell geworden, da hat ein Schiedsrichter keine Zeit mehr, sein Kärtchen jedes Mal rauszuziehen und die Tore und Torschützen alle drauf zu vermerken.
Ihr Spieler Frank Berblinger hat nun mit einem Wurf zwei Tore erzielt.
Ja: Eins für uns und eins für den Gegner. Ich weiß auch nicht, warum ihm das nicht angerechnet wurde.
Interview: Andreas Lesch