Da sieht man mal wieder den Stellenwert des Handballs in den überregionalen Medien, nicht Stefan Kretzschmar, langjähriger Nationalspieler, Vizeeuropameister, Deutscher Meister und Championsleague-Gewinner, sondern der Freund von Franzi überlegt einen Boykott der WM in Tunesien, davon ab, daß das nur in einem Nebensatz gefallen ist und gleich zur Überschrift aufgebauscht wird ...
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Franzis Freund droht mit Boykott
I m deutschen Handball herrscht großes Entsetzen: Es sei eine „einzige Katastrophe“, dass Tunesien bei der Vergabe der WM 2005 bevorzugt worden sei. Der Weg der Sportart führe nun „ins Nichts“, zitierte „sport1“ am Montag DHB-Präsident Ulrich Strombach. Nicht die Qualität der Bewerbung habe den Ausschlag gegeben, sondern „reines Machtdenken“.
Die deutschen Nationalspieler glauben sich einer Riesenchance beraubt. „Ich bin sprachlos, einfach nur sehr enttäuscht“, sagte Kapitän Daniel Stephan, der Welthandballer von 1998. Auch Superstar Stefan Kretzschmar ist verbittert. „Das ist das Allerletzte“, so „Kretzsche“ in „sport1. „Diese Entscheidung ist dumm.“ In seiner Enttäuschung forderte der Freund von Franziska van Almsick sogar: „Man sollte die WM boykottieren!“
Hotelpools statt Perspektiven
„Für den Handball weltweit ist das ein Schlag ins Gesicht. Und für den Handball als olympische Sportart desaströs“, urteilte auch DHB-Präsidiumsmitglied Heinz Jacobsen.
„Die Tunesier haben schöne Bilder gezeigt von Hammamet und Djerba, von den Stränden, den Hotels und Restaurants. Unsere Konzeptvorstellung hat gegen den Tourismus verloren“, so auch Strombach.
Unter dem Motto „Celebrate the Game“ hatte der DHB mit großen Hallen in zehn Städten inklusive dem Finale in der Fußball-Arena „AufSchalke“ vor mehr als 35 000 Zuschauern die Wirtschaftskraft und das Vermarktungspotenzial der „stärksten Liga der Welt“ angepriesen. „Was wir präsentiert haben, war aller erste Wahl“, meinte Jacobsen.
Anfangs schien die Rechnung des DHB aufzugehen. Russland, Norwegen und Rumänien zogen kurzfristig ihre Bewerbung zurück, um als „Europa-Kandidaten“ Deutschland größere Chancen zu eröffnen. Während aber die Russen anschließend mit der Frauen-WM im Dezember 2005 getröstet wurden, stand die elfköpfige DHB-Delegation zum Kongress-Abschluss am Samstag mit leeren Händen und dem Gefühl da, verschaukelt worden zu sein. „Hier ist wie in den vergangenen Jahren falsch gespielt worden“, konstatierte Strombach ernüchtert.
Von der ursprünglichen Sektlaune blieb nur Katerstimmung. „Ganz großer Frust hat sich bei uns breit gemacht, eine Demotivierung ohne gleichen“, gestand Jacobsen.
So wird der Weltmeister vom 24. Januar bis 6. Februar 2005 in Tunesien und damit sechs Jahre nach Ägypten zum zweiten Mal in Afrika ermittelt. Allerdings ließen die Tunesier bei ihrer Präsentation offen, in welchen Spielstätten die Partien der 24 Mannschaften ausgetragen werden sollen. „Von Tunesien haben wir uns bei der Präsentation nur einem Tourismusfilm gegenüber gesehen. Das hatte aber wenig Informationsgehalt“, monierte Strombach.
„Jeder will nur seine Pfründe sichern“
Für die DHB-Funktionäre ist die Abstimmungsniederlage ein Beleg für die generelle Haltung unter einigen Mitgliedsländern des vom Ägypter Hassan Moustafa geführten Weltverbandes. „Jeder versucht nur, seine Pfründe zu sichern. Und wir sind wieder einmal zu kurz gekommen. Es geht darum, dass Leute Posten haben oder behalten wollen. Darunter hat die Fachkompetenz zu leiden. Da geht es nicht in erster Linie gegen Deutschland, sondern um machtpolitische Interessen einiger Verbände“, erläuterte Jacobsen. Und Strombach bedauerte: „Leider steht dagegen kein geschlossenes Europa.“