Klatschpappen sind einfach eine geniale Erfindung.
Mit wenig Aufwand bekommt man mit einer Pappe eine enorme Lautstärke, für die man sonst ca. 5-8 Zuschauer ohne Pappe bräuchte.
Manchmal bekomme ich den Eindruck, dass viele Leute die Klatschpappe so verteufeln, weil sie plötzlich merken, dass ein paar Hansels mit Pappe lauter sind als sie selbst mit ihren Händen.
Von daher - ja, ich bekenne mich auch als "Nicht-Eventfan" zur Klatschpappe...
Die Zuordnung "Klatschpappe --> Eventfan" ist daher schon Quatsch.
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Ohne dir nun zu nahe treten zu wollen, könnte es allerdings sein, dass deine Eigeneinschätzung als "Nicht-Eventfan" so nicht ganz korrekt ist. Wie du ja selber in diesem Thread im weiteren Verlauf schon bestätigst, sind die Klatschpappen in erster Linie Werbeprodukte. Das ist für dich okay, da sie lauter als Händeklastchen sein sollen. Genau das klingt für mich tendenziell wie die Einstellung eines Eventzuschauers: Laut muss es sein, bombastsich, extrem, usw.
Kennt hier der ein oder andere noch die Holzklatschen Marke Eigenbau? In der Oberliga sehe ich die noch dann und wann. Da haben sich Fans in Eigeninitiative etwas gebastelt (und oft auch noch verziert), wodurch ihr Klatschen lauter wird. Ich bin zwar auch davon kein Freund, da ich generell Lautstärke überhaupt nicht so wichtig finde (sogar teilweise abscheulich), aber dennoch bin ich der Auffassung, dass solche Eigeninitiative den "Nicht-Eventfan" auszeichnet. Zu einem Spiel zu gehen, dort die Papklatschen zu nehmen, die der Marketingmanger hat verteilen lassen, um damit recht monotone Lautstärke zu produzieren, die dann in Ermangelung echter Fanaktivitäten als "Stimmung" verkauft werden soll, genau das ist meine Auffassung von "Event-Fan".
Sicherlich unterscheidest du dich von den reinen Eventis, die bswp. nur das FF in Köln besuchen und sich dafür rausputzen, als gänge es zum Senatsempfang. Dennoch scheint mir da durchaus etwas "Event-Fan"-typisches erkennbar.
Da fällt mir noch etwas von euch aus Berlin ein. Vor ein paar Jahren waren einige Berliner in der O²-Arena in Hamburg zu Gast und haben da Fahnen geschwenkt, die Sponsorenaufdrucke enthielten (war es lekker?). Darauf angesprochen, berichtete man, dass man diese eben umsonst in die Hand gedrückt bekommen habe. Diese Personen sind zwar auswärts ihrem Club hinterhergefahren (was man nun von einem Eventi zunächst mal nicht vermuten würde), erfüllen für mich durch ihr Auftreten jedoch absolut das Bild eines kosumierenden Event-Fans.
In diesem Sinne bin ich der festen Überzeugung, dass es "Event-Fans" genauso bei "Tradiotionsvereinen" gibt, wie es auch "Event-Ablehner" bei "Retortenclubs" gibt.
Dass sich Papklatschen mittlerweile leider in vielen Handballhallen "durchgesetzt" haben, liegt meiner Enschätzung nach daran, dass es in den meisten Hallen an bedeutsamen aktiven Fanszenen fehlt. Auch in Sportarten wie Eishockey und Basketball werden mittlerweile Papklatschen ausprobiert (übrigens auch beim Fußball: München, Mainz, Freiburg, Schalke...), dort ist aber in vielen Hallen der Protest größer, da es aktive Fanszenen gibt, die bereits über Jahre eine andere Form des Supportes etabliert haben. Das gibt es in den meisten Handballhallen nicht. Dass sich Papklatschen in Flensburg bisher nicht durchgesetzt haben (dafür habt ihr mittlerweile aber auch öfters eine deftige Musikbeschallung à la Großraumdisko), mag auch daran liegen, dass es dort eine aktivere und größere Fanszene gibt. Dabei meine ich nicht nur die Ultras, sondern auch Hölle Nord, weitere Fanclubs etc (man braucht für eine aktive Fanszene nämlich nicht unbedingt "Ultras"). Für Handballverhältnisse ist die Stehtribüne schon aktiver, als die meisten anderen "Fanblöcke". Wenn ich da an Lemgo im Mai diesen Jahres denke: Letztes Bundesligaheimspiel von Flo Kehrmann, Lemgo ja auch ein "Traditionsverein", dazu das Spiel in der heimischen Lipperlandhalle und nicht im Gerry-Weber-Zirkustempel, und nahezu keine Fanaktivitäten zu bemerken. Der "Fanblock" hinterm Tor die meiste Zeit am Sitzen. Kaum Aktivität, keine Gesänge, seit 20 Jahren die gleichen zwei Trommeltakte. Die übrigen Tribünen noch viel schläfriger. So sieht es tatsächlich in den meisten Hallen aus. Dass sich da Papklatschen durchsetzen, aus Mangel an Alternativen, das verwundert dann gar nicht. Schade ist es.
Dieses Beispiel zeigt dann noch wieder ein weiteres Problem der "Tradition - Retorte/Event"-Diskussion. Beim Fußball wird der Begriff "Tradtionsverein" ja auch gerne verwendet. Öfters auch unpassend. Generell soll wohl mit dem Prädikat "Tradtionsverein" ausgedrückt werden, dass der so bezeichnete Club über eine große und treue Anhängerschaft verfügt, die ihrem Verein seit Jahren die Treue hält und auch in Liga 3 noch 7.000 Dauerkarten auf der Stehtribüne verkauft werden. Im Unterschied zu den "Nicht-Tradtionsvereinen", die nur über kleine Fanszenen verfügen und bspw. zu Auswärtsspielen auch von weniger Fans begleitet werden.
Dieses Verstädnis der Begriffe lässt sich nicht auf den Handball übertragen, da kein Verein über eine bedeutende Fanszene verfügt. Wenn ein ruhmreicher Club wie TUSEM Essen in schweren Zeiten steckt, dann sind da keine 2.000 Hardcore-Fans, die dennoch weiterhin im Fanblock abdrehen. Im Handball haben die Clubs, die man als Traditionsvereine bezeichnen könnte zumeist keine größere, aktivere, bedeutendere Fanszene, als "Retortenclubs". Leider.
Man könnte hier übrigens auch noch weiter fragen: Wie viel Tradition ist beispielweise beim TV Großwallstadt noch übrig, der seit 2011 nur noch in Aschaffenburg spielt? Die Profimannschaf ist derweil auch schon lange aus dem e.V. ausgeglieder. Einen Unterschied zu den RNL sehe ich da hauptsächlich nur darin, dass man nicht so konsequent war, den veränderten Spielort auch wirklich anzunehmen. Die traditionelle Heimat wurde aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgegeben. Nun hält man vermutlich eben wegen der Historie noch am alten Namen ist fest. Aber ist das nicht vielleicht auch nur noch Fassade? Selbiges beim MT Melsungen. Hannover-Burgdorf versucht einen etwas anderen Weg und hat die "neue" Heimat der Profiabteilung in den Namen aufgenommen.
Ich bestreite in keinster Weise, dass die Stammvereine dieser ganzen Beispiele über Traditionen verfügen. Aber wie wird heute mit den Traditionen umgegangen? Ist da nicht vielleicht mehr Illusion als Realität?
Schlussendlich haben so gennate Traditionsvereine ihre traditionelle Heimat aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben und das auch schon lange bevor "Clubs" wie HSV Hamburg und RNL noch einen auf diese Entwicklung oben drauf setzten. Oder nicht? 