Die Seele der Bären ist arg lädiert
(AT) "Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare." Der deutsche Dichter Christian Morgenstern fand Anfang des 19. Jahrhunderts eine schöne Formel für die Körpersprache. Ganz und gar nicht literarisch ging es am Samstag im Spiel der 1. Frauenhandball-Bundesliga zwischen der TSG Ketsch und Borussia Dortmund zu.
Aber Gestik und Mimik spielten auch bei der 27:29 (14:13)-Niederlage der Gastgeberinnen eine ganz entscheidende Rolle. Während die "Bären" nach dem 23:23 in der 47. Minute vor Angst nahezu gelähmt schienen, zeigten die engagierten Gäste in diesem ganz entscheidenden Spiel im Kampf um den Ligaverbleib, dass sie sich nicht kampflos aufgeben. Mit Biss und Einsatz scheute Dortmund keinen Körperkontakt, ging jegliches Risiko und verließ erhobenen Hauptes die Neurotthalle.
"Unser Trainer hat uns nach dem 2:8 gefragt, was wir hier eigentlich machen. Dass wir mal sehen sollten, wie wir übers Spielfeld schleichen", verriet Nadine Härdter. Die Ex-Bärin und aktuelle Nationalspielerin im BVB-Trikot hatte entscheidenden Anteil am Dortmunder Sieg. Immer einen Schritt schneller war sie beim Konter nicht aufzuholen - nutzte die vielen Ketscher Ballverluste zu einfachen Toren. Ganz entscheidend war auch die frühe Auszeit von Trainer Thomas Happe nach dem 2:8 (10.). Er unterbrach damit den Ketscher Rhythmus und brachte sein jetzt bis aufs Messer kämpfende Team zurück in die Erfolgsspur.
Dem hatte Ketsch nicht viel entgegen zu setzen. Bis zum 23:23 (47.) hielten die Bären vor 900 Zuschauern in der Neurotthalle zwar mit, dann zogen aber zu viele die Köpfe ein. Gleich viermal hintereinander ließ Zuzana Hrabovska Ketschs Mannschaftsführerin Astrid Wörner in der Abwehr ganz alt aussehen - das 23:27 binnen sechs Minuten war die Folge. Auch der viel zu späte Torwartwechsel, als Nicole Mahr endlich wieder der besser postierten Ilka Arndt Platz machte, konnte die Wende nicht mehr herbei führen. Trotz der insgesamt 19 Ballverluste hätte die TSG die Partie gegen einen ebenfalls nervösen Gegner durchaus gewinnen können, wenn der Rückraum existent gewesen wäre. "Wir haben uns nichts mehr getraut, haben den Ball und die Verantwortung immer wieder weitergeschoben", bekannten Krisztina Konrad und Brunni Merkel unisono. Auf dem Spielfeld gaben lediglich Franziska Garcia-Almendaris und Natalie Augsburg alles. Doch das war zu wenig, weil auch die vielleicht ordnende Auszeit von der Bank ausblieb. TSG-Trainerin Karin Euler ließ die grüne Karte während der zweiten Halbzeit komplett stecken.
Wie es nun weitergeht? Am nächsten Samstag muss der Aufsteiger zum Meister 1. FC Nürnberg. Und auch wenn Euler sich dort nichts ausrechnet, sollten die Bären sich klar darüber werden, dass im Kampf um den Ligaverbleib der Weg das Ziel ist. Mit einer Körpersprache, die Siegeswille sichtbar macht, kann man in Franken zumindest ein achtbares Ergebnis erzielen. Und das wäre ganz wichtig, um sich mit weniger kranker Seele die leichtfertig vergebenen Punkte gegen Dortmund am 16. November in Rostock wieder zu holen. TSG Ketsch: Arndt, Mahr (30.- 51.); Ullrich (2), Kuhn (4), Merkel (6/5), Augsburg (2), Konrad (4), Trunk (1), Wörner (3), Garcia-Almendaris (5), Gubernatis, Huber, Löbich
Quelle: wnoz.de