In Ermangelung von Neuigkeiten, ein kleiner Exkurs:
Der Trainerhalunke hat versucht, sich ein Trainingsspiel mit seinen zwölfjährigen Mädchen gegen eine andere Mannschaft zu erschleichen, die in voller Kenntnis ihrer wahren Spielstärke zwei Ligen zu niedrig gemeldet wurde (s.o.). Dazu sollte eine andere Mannschaft zu ihrem Rückspiel nicht antreten und diese Mannschaft dann wie durch Geisterhand durch eine wesentlich stärkere Mannschaft ersetzt werden. Es war nie der Plan das Spielprotokoll zu manipulieren und falsche Namen einzutragen (wäre ja schön doof, das zieht ja eine Sperre von mindestens einem Jahr nach sich
), sondern es sollten ganz ehrlich die Namen von neun oder zehn für diesen Verein nicht spielberechtigte Spielerinnen aufgelistet werden. Kosten: € 30,- je Spielerin, plus ggf. € 30,- für fehlende Spielausweise. Der mögliche Schaden? Die zwei Punkte wären an die übertölpelte Mannschaft gegangen, allerdings wäre das Spiel mit 0:0 Toren gewertet worden, so dass in der Trophäensammlung des Trainers dann 20+ Tore Differenz gefehlt hätten. Deswegen vielleicht das ganze Brimborium? Die Tathandlung: ein kurzes Gespräch mit dem potenziellen Mitverschwörer, eine erläuternde E-Mail und ein Telefonat, in dem die Idee dann letztlich lachend verworfen wurde.
Die rechtliche Auseinandersetzung in Kurzform:
§ 12 Trainerordnung DHB [Pflichtverletzung, Sanktionen, Verjährung]
(1) Trainer*innen und Übungsleiter*innen sind im besonderen Maße verpflichtet, die Grundregeln des Fairplay und des sportlichen Verhaltens innerhalb und außerhalb der Sportstätten zu beachten.
(2) Ein Verstoß gegen Abs. 1 liegt insbesondere vor, wenn der/die Trainer*in bzw. Übungsleiter*in
b) durch sein/ihr Verhalten das Ansehen des Handballsports gefährdet oder schädigt,
d) durch sein/ihr Verhalten die Vorbildfunktion für Jugendliche verletzt,
So der Vorwurf. Was ist eigentlich mit Trainern, die ihre Talente wissentlich zwei Ligen zu tief melden, Anfängermannschaften wegbürsten und sich von den Eltern für die erfolgreiche Trainerarbeit abfeiern lassen? Sind das Vorbilder?
Problem Nr. 1
Für viele Delikte ist im Strafrecht auch geregelt, dass schon der Versuch strafbar ist. Die ausdrückliche Regelung ist aber Voraussetzung für eine Bestrafung. Die Trainerordnung kennt keinen Versuchstatbestand.
Problem Nr. 2
Selbst wenn der Versuch strafbar wäre, ein Versuch bedeutet das unmittelbare Ansetzen zur Tatausführung (Schütze schießt auf Opfer, verfehlt dieses. Bankräuber lässt die Beute noch in der Bank fallen und flieht.) Ist das Versuchsstadium erreicht, wenn der Trainerhalunke mit seinem teuflischen Plan auf taube Ohren stößt, er aber ohne den anderen Trainer nichts beschicken kann?
Problem Nr. 3
Wie kann das Ansehen des Handballsports gefährdet oder geschädigt werden, wenn sich zwei Trainer unterhalten, zwischen ihnen eine Mail geschickt wird und sie einmal miteinander telefonieren und die Öffentlichkeit vollkommen außen vor ist? Wie kann der Trainer seine Vorbildfunktion gegenüber Jugendlichen verletzen, wenn diese nicht mal eingeweiht sind und nichts mitbekommen?
§ 12 Trainerordnung
(3) Bei einem Verstoß gegen Abs. 1 und 2 können der DHB-Vorstand, die betreffenden DHB-Ligaverbände und/oder die Präsidien/Vorstände der Verbände/Bezirke/Kreise, die die Lizenz ausgestellt oder verlängert haben oder in deren Verbandsbereich der/die Trainer*in gegenwärtig tätig ist oder zur Zeit des Fehlverhaltens tätig war, folgende Strafen verhängen:
a) Verweis
b) Geldstrafe von 25,00 € bis 5.000,00 € unter Vereinshaftung
c) befristetes Verbot zur Ausübung der Trainer- bzw. Übungsleitertätigkeit (Sperre) bis zur Höchstdauer von zwei Jahren,
d) Entziehung der Trainer- bzw. Übungsleiterlizenz.
Die Strafen a) bis d) können auch nebeneinander verhängt werden.
Problem Nr. 4
Die Strafbefugnis liegt bei den Verbandsvorständen. Der Strafbescheid wurde von zwei (von sechs) Vorstandsmitgliedern der Handballregion Hannover Weser Leine unterschrieben und datiert vom 27.12.2022. Auch auf Nachfrage wurde bisher kein Protokoll einer ordentlichen oder außerordentlichen Vorstandsversammlung (Heiligabend?) mit einem entsprechenden mehrheitlichen Vorstandsbeschluss vorgelegt.
§ 18 Rechtsordnung DHB [Weitergehende Bestrafung]
(1) Hält die Spielleitende Stelle ihre Strafgewalt nicht für ausreichend, hat sie die Höchstsperre auszusprechen und unverzüglich bei der zuständigen Rechtsinstanz einen Antrag auf weitergehend Bestrafung zu stellen.
Problem Nr. 5
Im Raum ist ein Antrag auf weitergehende Bestrafung, also die Höchststrafe von zwei Jahren Sperre zu verlängern. Diese Befugnis bezieht sich aber nicht auf die Trainerordnung, sondern auf § 17 Rechtsordnung. Und dort ist die Strafbefugnis der Spielleitenden Stelle für - grob gesagt - alles, was die Schiedsrichter in das Spielprotokoll eintragen, geregelt. Und nichts über wildgewordene Trainer mit Weltherrschaftsübernahmephantasien.
Der Strafbescheid hätte mit Mehrheitsbeschluss vom Vorstand ergehen müssen. Ein solcher Beschluss wurde nicht nachgewiesen. Der Antrag auf weitergehende Bestrafung wiederum hätte von der Spielleitenden Stelle gestellt werden müssen. Wurde er nicht, ist auch im Hinblick auf Straftatbestände aus der Trainerordnung unzulässig.
Problem Nr. 6
Ausgesprochene Strafen:
- Entzug von C- und B-Lizenz (mehr geht nur, wenn A-Lizenz vorhanden)
- Geldstrafe von € 1.000,- (o.k., im Skat sind € 5.000,-)
- Sperre als Trainer für 2 Jahre (mehr geht nicht)
- Antrag auf Verlängerung der Sperre über 2 Jahre hinaus (hatte ich es nicht gerade eben gesagt: MEHR GEHT NICHT!)
Angenommen, der Trainerhalunke hätte den Plan in die Tat umgesetzt... Wenn der - nicht mal ansatzweise konkretisierte - Versuch bereits drakonische Strafen nach sich führt, wie will man dann den "echten" Täter noch bestrafen? Federn, teeren, vierteilen? Welche Strafe hebt man sich auf für den Schläger, Kinderschänder, Schierimörder? Pfählen, enthaupten, Techno hören lassen?
Und dann wird es allmählich wirklich kniffelig:
§ 4 Satzung Handballregion Hannover Weser Leine e.V. (Erwerb der Mitgliedschaft)
1.) Die HR HWL hat
a) ordentliche Mitglieder
b) außerordentliche Mitglieder
c) Ehrenmitglieder
2.) Ordentliche Mitglieder sind die den Handballsport betreibenden Mitgliedsvereine des HVN, die die Mitgliedschaft in der HR HWL schriftlich beantragt haben.
3.) Außerordentliche Mitglieder können natürliche und jurisitische Personen durch Aufnahmeantrag werden.
4.) Die Ehrenmitgliedschaft (...)
Problem Nr. 7
Der Verband kann - unter gewissen Umständen - seine Mitglieder bestrafen...
Ich bin mir sicher, dass ich kein Mitgliedsverein bin. Ich bin mir auch sicher, dass ich nie einen Antrag auf außerordentliche Mitgliedschaft gestellt habe. Ob ich mir mit einer Tätigkeit als Auswahltrainer von '95 bis '10, bis heute wahrscheinlich Rekord, die Ehrenmitgliedschaft verdient habe, kann dahinstehen. Ich bin nicht Ehrenmitglied.
Ende der Diskussion... oder doch nicht? Denkbar wäre, dass wir eine Verkettung haben. Der Verband regelt in der Satzung, dass er seine Mitglieder, nämlich Vereine, bestrafen kann, darüber hinaus auch Vereinsmitglieder der Sportvereine, wenn die wiederum in der Satzung eine solche Verkettung genau geregelt haben. Es hat sich aber niemand die Mühe gemacht zu recherchieren, in welchem Verein ich Mitglied bin...
Ups:
§ 7 Satzung Handballregion Hannover Weser Leine [Pflichten der Mitglieder]
3. Die Vereine unterwerfen sich bei eigenen Verstößen oder Verstößen ihrer Mitglieder der Sanktionsgewalt der HR HWL, die im Rahmen der Satzungen und Ordnungen der übergeordneten Verbände verhängt werden.
Damit sind dann schon mal alle natürlichen Personen ausgeklammert. Moment! Ich bin eine natürliche Person!
Und dann wirklich Ende der Diskussion:
§ 28 Satzung HR HWL [Schlussbestimmungen]
1.) Die Ordnungen des HVN sind für die HR HWL sinngemäß anzuwenden.
Problem Nr. 8
Abgesehen davon, dass keine natürliche Person bestraft werden kann, muss sich die Strafgewalt im Vereinsrecht aus der Satzung ergeben und zwar klar und transparent. Strafen müssen in der Satzung verankert sein. Jedes Vereinsmitglied muss beim Blick in die Satzung erkennen können, was ihm ggf. bei Verstößen droht.
Schlussbestimmungen? Ernsthaft? Ein kryptischer Verweis auf Ordnungen des übergeordneten Verbands? Keine Fundstelle? Keine Angabe, in welcher Fassung? Das war's? Angenommen, beim Landesverband rauchen sie plötzlich alle Crack. Und erlassen ein Dopinggebot. Und ich lasse meine Spielerinnen ungedopt spielen. Das absurde Beispiel ist nicht so absurd wie die Annahme, dass die Handballregion mit einem solchen vagen Hinweis irgendwelche Strafen aussprechen darf.
Problem Nr. 9
Ohne Strafbefugnis aus der Satzung kann der Verband sich auf den Kopf stellen, wenn eine Mannschaft in nicht regelkonformen Trikots aufläuft, ein Spieler den Schieri ausknockt, ein Verein sein Schierisoll nicht erfüllt. Nur bestrafen kann er nicht. Wir haben vor dem Einspruchsverfahren höflich darauf hingewiesen, dass spätestens ab der Schwarz auf Weiß Abfassung im Urteil die Region mit ihren Strafbescheiden das Geschäftszimmer tapezieren kann. Gar nicht auszumalen, wenn ein Verein auf die Idee kommt, Strafgelder zurückzufordern. Wir haben noch im Verfahren die Tür offen gelassen: "Nehmt den Bescheid zurück, repariert die Satzung, lasst darüber in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung abstimmen, lasst die Satzungsänderung in das Vereinregister eintragen und die Sache geht nicht an die Öffentlichkeit." Ab dann wäre jede ausgesprochene Geldstrafe mindestens versuchter Betrug.
Nicht? Wir führen das Verfahren durch? Macht Sinn. "Wenn verlieren, dann verliere wie ein Bundy!"