Derby! Zweitniedrigste Herren - Spielklasse, Samstagnachmittag.
"Moin Harmi!" gefühlte 70% der warmlaufenden Spieler beider Mannschaften kennen Harmi als Spieler schon seit dem vorherigen Jahrtausend, die meisten anderen haben ihn in den letzten Jahren als Schiedsrichter in der Region kennengelernt. Der Umgang miteinander ist freundlich, allerdings fühlen sich die gewissen "Pappenheimer" bei Harmis Anblick nicht so wohl. Harmis konsequente Regelauslegung der progressiven Bestrafung und auch der relativ häufigen Spielfortsetzung mit Strafwurf ist halt nicht nach jedes Abwehrrecken Geschmack. Auch das relativ späte Armheben zum Anzeigen des passiven Spiels trifft nicht immer auf Zustimmung. Da Harmi diese Linie aber konsequent seit Jahren durchzieht, wissen alle Beteiligten, was läuft.
Doch schon vor Spielbeginn gibt es ein Problem. Beide Mannschaften haben zwar 13 Spieler auf dem Bericht, aber es mangelt irgendwie an Bodenpersonal, welches das Kampfgericht besetzen könnte. Die anwesenden sieben (!) Zuschauer/innen haben das alle "noch nie gemacht". Der MV der Heimmannschaft schlägt vor, dass jeweils einer der Ersatz-Torhüter beider Mannschaften das Kampfgericht besetzt, bis seine Freundin eintrifft, die das ja sonst immmer macht und dies notfalls auch alleine hinkriegt. 
Naja, besser als nix, denkt sich Harmi und stimmt zu. Da es in diesem Spiel um nix mehr geht, kann man das mal riskieren. Und los geht's. Ein Derby besteht grundsätzlich daraus, dass sich alle Spieler kennen, alle Spieler wissen, wie der Gegner spielt, alle Spieler wissen, wie der Schiedsrichter pfeift und alle Spieler dies auch mit dem Anpfiff wieder vergessen haben. Sowohl der Pappenheimer der Heimmannschaft wie auch der des Gastes sitzen nach zehn Minuten schon zum zweiten mal auf der Bank. Beide holen sich eine kräftige Standpauke ihrer MVs ab. Ob es hilft? 
Pfiff vom Kampfgericht. Die Freundin des Heim - MV ist eingetroffen und soll übernehmen. Das Interims-Kampfgericht streitet noch kurz, wer denn wohl sitzen bleiben darf und dieser zugegeben attraktiven Dame beim Kampfgericht assistieren darf. Da wäre Harmi auch nur widerwillig aufgestanden. 
Weiter gehts. Das Derby plätschert beim Stand von 7:7 nach 20 Minuten so vor sich hin. Bis die Gastmannschaft zwei A-Jugendliche einwechselt. Der blonde Hüne war Harmi schon beim Einwerfen durch seine enorme Sprungkraft und der linken Wumme aufgefallen. Der quirlige Rotschopf scheint sich blind mit ihm zu verstehen. Drei Angriffe, drei Tore durch das Duo. 10:7. Heim nimmt Team-Time-Out. Harmi flirtet derweil mit der attraktiven Zeitnehmerin. 
Weiter geht's. Heim hat eine neue Taktik, die ausschließlich daraus besteht, alle Angriffe über den in der Abwehr etwas ungelenk wirkenden blonden Hünen abzuschließen. Dieser kassiert auch prompt eine Zeitstrafe wegen - vorsichtig ausgedrückt - ungeschicktem Verhaltens im Zweikampf. Nachdem er die Platte wieder betreten darf, setzt Rotschopf ihn sogleich in Szene und er donnert den Ball nach einem wahnsinng hohem Sprungwurf aus 11 Metern ins Netz. "Benno! Du solltest ihn angreifen, wenn er in Ballbesitz kommt" tönt es durch die Halle. Harmi fragt sich, ob ausgerechnet Benno, der stellvertretende Heim-Pappenheimer dieser Aufgabe gewachsen sein wird..... 
Und Benno wird Harmis Einschätzung schon im nächsten Angriff gerecht. Blondi hat gerade den Scheitelwert des Parabelflugs erreicht und will den Ball in den Winkel donnern, als Benno ihm mit beiden Händen in die Magengrube stößt. Blondi hat zwar viel Körperspannung, kommt aber naturgemäß trotzdem aus dem Gleichgewicht und fällt auf die Schulter. Pfiff, Time-Out, MV auf die Platte winken. Bennos Manschaftskamerad weiß schon, was kommt: "Benno, du bist zu doof, das gibt mal wieder rot." Benno ist natürlich der Meinung, dass er nix gemacht hat und legt sich auch noch mit dem Gast - MV und auch dem verletzt auf dem Boden liegenden Spieler an und nennt ihn Schauspieler. 
Harmi erhält derweil eine mehrköpfige Beratung, wie denn jetzt wohl zu bestrafen sei. Plötzlich kennt die gesamte gegenerische Mannschaft das Regelwerk. Harmi schickt sie alle weg und geht erst mal zum hübschen Kampfgericht, um dort etwas zu trinken. Benno muss jetzt aufpassen, dass er sich nicht noch eine vom Gegner fängt, weil er verbal völlig ausrastet. Zwei Gastspieler müssen den eigenen Torhüter festhalten, um Schlimmeres zu verhindern.
Irgendwie sind wieder viel zu viel Leute auf dem Feld und irgendwie sind die alle nicht lieb. Harmi zückt seine Karte und notiert ein wenig. Blondi hat sich mittlerweile wieder aufgerappelt, Benno will sich aber nicht entschuldigen und nimmt wie selbstverständlich seinen Platz in der Abwehr wieder ein. Harmi geht jetzt auf ihm zu und zeigt ihm rot und danach blau. Was Benno jetzt von sich gibt, unterliegt dem neuen Netzwerkdurchsetzungsgesetz und wird daher hier nicht wiedergegeben. Da er partout nicht vom Feld will, begibt Harmi sich zunächst mal wieder in die Obhut der schönen Zeitnehmerin. 
Nachdem Benno schlussendlich doch durch seine Mannschaftskameraden aus der Halle komplimentiert wurde, betritt Harmi wieder das Feld und gibt jeweils eine Zeitstrafe gegen die Bank, da ja irgendwie zu viele Leute auf dem Feld waren. Beide geben sich die Hand und sind mit dieser Zeitstrafe sogar einverstanden.
Das Spiel wird fortan recht fair fortgeführt, der Rest an Pappenheimern kann sich durchringen, keine dummen Fouls zu begehen. Doch dann das: Bei der Gastmannschaft trifft ein weiterer Spieler ein. Ein ehemliger Regionalligaspieler, der Routinier, der mit allen Wassern gewaschen ist. Harmi kennt ihn und seine Tricks haargenau. Fouls provozieren, versteckte Fouls, usw. das volle Programm. Die Zeitnehmerin trägt ihn nach und kurze Zeit später wirbelt er mit Rotschopf und Blondi auf dem Feld. Doch statt sich auf sein handballerisches Könne zu beschränken, legt er gleich eine "Schwalbe" hin und tut so, als hätte ihm sein Gegner ins Gesicht geschlagen. klappt bei Harmi nicht, Zeitstrafe für ihn, Ballbesitz für den Gegner. Der einzige, der sich aufregt, ist er selbst. 
Zweite Halbzeit. Die Heimmannschaft erzielt ein Tor, der Routinier steht sehr schnell am Mittelpunkt, bekommt den Ball und wirft ihn in Rochtung eines zurücklaufenden Spieler der Gastmannschaft. Weit und breit kein Mitspieler zu sehen. "Herr Schiedsrichter! Schnelle Mitte verhindert! Das muss eine Zeitstrafe geben!" Gibt es auch. Allerdings für den Routinier. Wegen Dummheit, Frechheit, Unsportlichkeit und Arroganz. Die beiden A-Jugendlichen schütteln mit dem Kopf. Tolles Vorbild! 
MV Gast knüpft sich auf der Bank den Routinier vor. Es scheint zu helfen. 20 Minuten lang zaubert und ballert er gemeinsam mit den A-Jugendlichen die Heimmannschaft in Grund und Boden. Doch eine Minute vor Spielende scheinen bei ihm wieder alle Klappen zu fallen. Seine Schauspielerei bringt dem Gegner den Ball und einen Torerfolg. Gast ist wieder im Angriff und erzielt mit Blondis fünfzehntem Rückraumkracher das nächste Tor zur Zehn-Tore-Führung. Noch zehn Sekunden. Heim möchte das Spiel in Ruhe beenden und spielt keine schnelle Mitte. Der Rückraumrechte will einfach nur den Ball abspielen und bekommt vom Routinier einen Faustschlag in den Magen. Time Out, MV auf den Platz winken und abwarten, was jetzt passiert. Erstaunlicherweise reißen sich die Spieler der Heimmannschaft zusammen und werden nicht körperlich tätig. Der geschlagene Spieler steht auf, zeigt dem Routinier einen Vogel und geht vom Feld, seine Mitspieler folgen ihm. Der Routinier will gerade Luft holen, um sich bei Harmi zu beschweren, dass er körperlich und verbal angegangen wurde. Aber Harmi ist schneller und zeigt ihm rot/blau.
Der fällige Strafwurf wird verwandelt, der Torhüter wirft vermutlich bewusst den Ball weit über die Mittellinie, um eine weitere schnelle Mitte und weitere Hektik zu vermeiden und freut sich auch über einen Neun-Tore-Sieg. 
Was hätte es für ein schönes Derby sein können......