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Geldscheine und Federvieh in der Kabine
Weg vom Kollektiv, hin zum Individuum - warum Motivationsversuche im Sport oft scheitern
Vom 12.11.2005
LAMPERTHEIM Es war irgendwann in den 90er-Jahren, da brachte der Fußball-Trainer Klaus Toppmöller einen lebendigen Adler mit in die Kabine von Eintracht Frankfurt. Seine Intention? Motivation! Die ist über die Jahre nicht nur im Sport zu einer ganz eigenen Wissenschaft geworden.
Von
Simon Richter
In der Geschichte des Fußballs gab es schon viele Versuche, eine Mannschaft auf unorthodoxe Weise zu motivieren. So war es Christoph Daum, der in jungen Jahren die Siegprämie für seine Spieler anschaulicher machen wollte. Er pinnte zahlreiche Banknoten an die Wand des Umkleideraumes und stellte das Geld seinen Spielern im Falle eines Sieges in Aussicht. Solche oder ähnliche Versuche, Sportler zu dem zu bringen, wofür sie bezahlt werden, sind längst nicht mehr unumstritten.
So ging man lange - und diese Meinung wird auch heute noch oft vertreten - davon aus, dass die klassische Kabinenansprache die beste Möglichkeit sei, um eine Mannschaft zu motivieren. Egal ob im Fußball, Eishockey, Handball oder Basketball. Allerdings, und das ist ein Prozess, der schon lange zu beobachten ist, setzt sich mit der Zeit ein vollkommen anderer Ansatz durch. Aufmerksame Leser, Hörer oder Zuschauer von Sportmedien werden es bereits gemerkt haben. Diese Technik wird immer wieder erwähnt und hat sich im Repertoire der Übungsleiter längst etabliert: die Einzelgespräche. Was zunächst nach einer furchtbar leeren Worthülse klingt, hat einen durchaus wissenschaftlichen Hintergrund.
Mit diesem beschäftigen sich vor allem zwei wissenschaftliche Disziplinen: die Psychologie und die Sportwissenschaft. Dabei geht es nicht immer um Sport, auch Mitarbeiter-Motivation oder Didaktik, zum Beispiel wie ein Lehrer Inhalte vermitteln kann, gehören zu den Forschungsgebieten. Das kann sogar bis hin zur Eheberatung führen. Die Sportszene ist für Institute und universitäre Lehrstühle neben der Wirtschaft eines der interessantesten Felder, um Untersuchungen anzustellen. Denn fast nirgendwo hängt die Motivation so stark mit Erfolg und Misserfolg zusammen wie hier. Zudem ist es eine lohnende Forschung, immerhin ist der Leistungssport nach und nach zu einem starken Wirtschaftszweig geworden. So prallen monetäre Interessen auf sportliche, ohne sich aber unbedingt im Wege zu stehen.
Aus diesem Grund nehmen die Vereins-Obersten und Verbands-Präsidenten jede Menge Geld in die Hand, um einer kleinen, aber gewichtigen Frage nachzugehen: Wie motiviere ich meine Sportler am besten? Oder anders ausgedrückt: Welche Werkzeuge besitze ich, um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen? Um aus dem Dunkeln dieser Ungewissheit einen Schritt ins Licht zu gehen, wurde in den 80er- und 90er-Jahren eine Methode entwickelt, die unter anderem auf den Psychologie-Professor Steven Reiss von der Ohio State University zurückgeht. Hier wird, allerdings nicht nur im Sport, die alles entscheidende Frage einfach umgedreht.
Nun gilt es herauszufinden, welche Grundmotivationen Spieler überhaupt in sich tragen. Erst danach kann analysiert werden, wie zum Beispiel ein Trainer das Leistungs-Maximum bei dem entsprechenden Akteur herauskitzeln kann.
130 FragenMotivationen können nämlich ganz unterschiedlicher Natur sein: Der eine spielt Fußball nur des Geldes wegen, den nächsten treibt eine enge Verbundenheit zu seinem Verein an. Wieder ein anderer möchte nur die Cheerleader an der Seitenlinie beeindrucken. Aus diesem Grund wird eine so genannte Motivationsanalyse erstellt, in der jeder Spieler einen Fragenkatalog mit fast 130 Aussagen ausfüllt, die jeweils nach ihrer Wichtigkeit gewertet werden. Etwa: Welchen Stellenwert hat Familie für mich? Die Auswertung zeigt dann ein recht genaues Abbild der Motivationsstruktur eines Akteurs. Was der Trainer damit anstellt, ist dann seine Sache. Zumindest bleibt festzuhalten, dass oben angesprochene Kabinenpredigten weitestgehend wirkungslos sind. Denn eine Motivation, die alle Mitglieder einer Mannschaft ausnahmslos teilen, gibt es schlicht und einfach nicht. Und an dieser Stelle kommen wieder die ominösen Einzelgespräche ins Spiel. Wenn der Coach weiß, was seinen Spieler antreibt, kann er den Hebel genau dort ansetzen. Dass es sich hier nicht um Humbug aus der Welt der Psycho-Tricks handelt, beweist die Tatsache, dass auch schon Fußball-Bundesligisten wie Mainz 05 und Schalke 04 eine solche Untersuchung durchführen ließen. Freilich kann sich nicht jeder Klub einen derart kostspieligen Test leisten, auch in den Amateurligen wollen die Trainer das Beste aus ihrer Mannschaft herausholen. Sie sollte allein das Wissen um das individuelle Motivationsschema der einzelnen Spieler dazu bewegen, mehr auf das Individuum Sportler und weniger auf das Kollektiv Mannschaft einzugehen. Schließlich tickt jeder Akteur anders. Ob nun beim FC Bayern oder beim VfR Bürstadt. Was bleibt, ist die Feststellung, dass Geld und Federvieh in der Kabine zwar durchaus kreative Motivationsversuche sind, am Ende aber wohl doch zwecklos bleiben.
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