Elend, Mord und Pestilenz! Eben schon fünf Absätze geschrieben - plötzlich alles weg. Zweiter Versuch:
Whiskykennerwettbewerb
Das Magazin "Der Feinschmecker" sucht seit einigen Jahren jährlich Deutschlands Topwhiskyexperten - Kategorien "Amateure" und "Profis" (Barkeeper, Händler...). Ein Freund von mir hat es dies Jahr ins Finale geschafft. Das Sprichwort mit dem blinden Huhn und dem Korn trifft es nicht mal annähernd. Aber da er eine Begleitung mitnehmen durfte und er mich mitnahm (fünf Sterne Hotel, Verpflegung inklusive) gilt er natürlich als großer Kenner. Schirmherr war Deutschlands Whisykpapst Prof. Walter Schobert, Sponsor war ...äh... Glenfiddich.
Etwa zweimal ein Dutzend Finalisten hatten zunächst einen Theorietest von Herrn Schobert zu bewältigen, dann kam der Praxistest. Und hier dachte ich eigentlich, dass die Begleitpersonen mitspielen durften - deswegen war ich ja mit nach Berlin gekommen... nix Aber die Testbedingungen waren geradezu unmenschlich, so dass ich letztlich doch lieber draußen gewartet habe.
Drei Runden a fünf Gläser. Jene waren dunkelblau, es waren also allein Nase und Zunge gefragt. Es gab keine Regel, dass man austrinken mußte. Diejenigen, die es taten, waren hinterher aber lustige Anblicke.
Runde 1 - Vorgabe war die Spirituosen in den Gläsern in Kategorien einzuordnen.
Nach der Runde kamen die Teilnehmer raus und spekulierten wild über Grappa, Weinbrände, Obstler und unterschiedliche Whiskys. Größtenteils reingefallen.
Lösung: Es waren ein Irish blend, ein grain whisky :(, ein malt, ein Weinbrand und ein Scotch blend.
Runde 2 - Ordnen Sie die fünf Glenfiddichs ihrem Alter zu (12, 15, 18, 21, 30) oder so ähnlich.
Und hier wäre ich dann davongelaufen. Hatte ich schon den Sponsor erwähnt?
Runde 3 - Zwei Balvenies und drei Glenfiddichs identifizieren.
Die Hölle!!! Mein Kumpel ist nicht unter die ersten drei gekommen (was der Hohn gewesen wäre - aber für acht, eher neun Glendfiddichs hätte er zumindest das Bundesverdienstkreuz kriegen müssen). Zu gewinnen gab es eine Schottlandreise, für Platz zwei den heimlichen Hauptpreis - ein Spezialtasting mit Herrn Schobert !!! und drittens eine Box mit drei Flaschen - ratet mal :D).
Zwischen Durchgang 1 und Durchgang 2 gab es ein bemerkenswertes Fachgespräch auf dem Gang zwischen dem Experten Prof. Schobert und einem sehr, sehr durstigen Herrn Z.
Z.: Dürfen denn die Begleitpersonen auch mir hinein und probieren?
Prof. Schobert: Nein, wieso? Braucht denn ihr Kandidat da drin moralische Unterstützung?
Z.: Nein, der braucht keine Unterstützung. Aber ICH brauche einen WHISKY!
Prof. Schobert: Hat denn das noch zwanzig Minuten Zeit?
Z.: Das wird schon gehen.
Prof. Schobert (mumrmelnd): Na wenigstens kein hoffnungsloser Fall.
Geht in den Prüfungsraum: Da draußen steht ein Begleiter und will unbedingt einen Whisky... sowas habe ich ja überhaupt noch nicht erlebt!
Den Whisky blieb er mir schuldig. Und den einen Balvenie hätte ich sogar genüßlich getrunken.
Ach ja. Die Dame, die später bei den Amateuren den Schobert gewonnen hat, fragte vor der ersten Runde, ob sie für das bereitgestellte Wasser eine Pipette benutzen dürfte. Der Meister gab sein o.k. Nur hat das Miststück damit nicht Wasserspritzer in den Whisy eingebracht, sondern den Whiskys Farbproben (in den Gläsern war die Farbe nicht mal zu erahnen) entnommen und sich damit den entscheidenden Vorteil erschlichen.
Zeitraffer: Abends bei "Pomp Duck and Circumstance" (der helle Wahnsinn - wer mal in Berlin ist und eingeladen wird oder über viel zu viel Geld verfügt... hin da!) Zum Nachtisch noch einen dreißigjährigen Glenfiddich und einen Balvenie (port wood?). Letzterer war lecker. Dann die große Frage auf der Rückfahrt! Die Einladung erwähnte eine weitere Veranstaltung in der Hotelbar. Bislang war alles kostenlos gewesen. Dann kam wer im Bus herum und verteilte Plastikbänder fürs Handgelenk: Jackpot!!!
Rein in die Bar, Auswahl erfassen, Auswahl auf den Quadratmetern links checken, dann die Dutzende Flaschen weiter rechts, da oben stehen weitere Malts, oh, die nicht vergessen, hoppla - noch ein Dutzend dort - der Beginn einer Strategieauswahl (Schottland von Nord nach Süd? von West nach Ost? von vor vierzig Jahren bis zwanzig Jahre zurück? alle Whiskys beginnend mit einem bestimmten Buchstaben aus den Siebzigern? Dann der Barkeeper: "Kann ich ihnen helfen?" "Mit Sicherheit, was bekomme ich denn mit diesem Armband hier?" "Jeden Glenfiddich, den sie haben möchten." Und strahlte mich an. In etwa
Kennt ihr diese Horrorfilme, die zunächst scheinbar ein happy End haben und der kleine Junge / das hübsche Mädchen sich plötzlich umdrehen mit einer merkwürdigen und verstörenden Augenfarbe oder anderen alienhaften Zügen (im Hintergrund die Musik:"iiiehk iiiehk iiiehk") und es dem Zuschauer klar ist, die Welt geht jetzt nach 90 min. des scheinbar gewonnen Kampfes gegen die Bedrohung aus dem All nun doch zum Teufel? Ich habe noch einen 18 jährigen Glenfiddich zur Hälfte geleert und ging dann weinend ins Bett.