Friseur weigert sich, sexistisches Plakat abzuhängen
Von Helmut Buchholz
Heilbronn - Ein Plakat vor dem Heilbronner Friseursalon von Volker Gogel-Beck hat den Deutschen Werberat auf den Plan gerufen. Die Selbstkontrollinstanz forderte den Geschäftsinhaber auf, das "sexistische und damit Frauen herabwürdigende" Plakat in der Neckarsulmer Straße abzuhängen. Doch der Friseur nennt dies "lächerlich". In jeder Bildzeitung "steht mehr Sex drin". Daraufhin hat der Werberat eine öffentliche Rüge ausgesprochen und die Friseur-Innung und die Handwerkskammer informiert.
Die "erniedrigende Werbung" auf dem Plakat beschreibt der Werberat so: Eine halbnackte Frau in Reizwäsche steht mit dem Rücken zum Betrachter mit gespreizten Beinen da. Vor ihr sitzt ein Mann, der die Frau süffisant anlächelt und fragt: "Neue Frisur, Schatz?" Bürger hatten sich beim Heilbronner Ordnungsamt über diese Werbung beschwert. Doch nachdem die rechtliche Überprüfung ergeben hatte, dass das Plakat juristisch nicht angreifbar ist, hat das Amt die Frauenbeauftragte Silvia Payer eingeschaltet. Die wiederum informierte den Deutschen Werberat in Berlin, der nach einer Überprüfung prompt den Beschwerden Recht gab und die PR als "unerträgliche Aufmerksamkeitspropaganda" geißelt. Volker Nickel, Sprecher des Rats: "Diese Grenzüberschreitung ist ein krasser Fall." 97 Prozent der rund 300 Beschwerden, mit denen sich das Selbstkontrollorgan der Werbewirtschaft pro Jahr beschäftigt, würden ohne öffentliche Rügen und mit der Einsicht der Betreoffenen beendet. Nur sechs Mal musste im vergangenen Jahr zu diesem letzten Mittel gegriffen werden.
Slogan
Der Friseur kann nichts Schlechtes an seinem Tun erkennen. Im Gegenteil: "Überraschenderweise kommen Frauen in meinen Laden, die das Plakat klasse finden." Wenn sich schon Frauen diskriminiert fühlten, dann wolle er auch eine Rüge für Männerdiskriminierung erhalten. Denn vor der aktuellen Reklame habe er ein Bild von einem Mann aufhängen lassen, der auf einem Bett sitzt. Slogan: "Unsere Frisur steht länger." Darüber habe sich aber niemand bei dem Friseur beschwert. Die Idee zu der Werbung stamme von einem Unternehmensberater, der deutschlandweit für Friseure arbeite und dieses Plakat auch republikweit anbiete. Bisher sei keine Rüge deswegen bekannt geworden. Vor rund zwei Jahren habe Gogel-Beck die Reklame zunächst in seinem Salonschaufenster aufgehängt, nun sei sie "so groß wie eine Lkw-Plane" an der Straße zu sehen. Kollegen seines Handwerks hätten ihn schon gefragt, ob das nicht übertrieben sei. "Doch die beschweren sich, weil die Werbung funktioniert." Volker Gogel-Beck steht dazu: Das Plakat bleibt, wo es ist. Nur zu einem wäre er bereit: "Ich würde im Beisein der Presse der Dame auf dem Bild eine Radlerhose auf den Po malen." Mehr nicht.
Geschmack
Die Frauenbeauftragte der Stadt nennt die Werbung dagegen "geschmacklos". Silvia Payer hat Ähnliches schon 2008 erlebt. Damals zog ein Friseur in Heilbronn das selbe Plakat nach Beschwerden zurück. Die Handwerkskammer Heilbronn-Franken will den Friseur allerdings nicht auffordern, auf das Plakat zu verzichten. "Es ist keine rechtswidrige Werbung", sagt deren Sprecherin Kerstin Amon. Und: "Es ist nicht Aufgabe der Kammer, über Geschmack zu urteilen."