Ein Artikel über Sigi Roch aus der Reihe "Die Macher - Strategen des Spitzensports in OWL" der NW.
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Aus dem Tor auf die Tribüne
Siggi Roch, Manager beim Handball-Bundesligisten TuS N-Lübbecke
VON NORBERT HERBST
Lübbecke. Das Outfit verheißt jugendliche Frische und Elan. Höflich-dezentes Auftreten, Stimme und Tonfall lassen Seriosität erkennen, und seine Sichtweise der sportlichen Dinge ist von hohem Realismus geprägt. Siegfried ("Siggi") Roch vermittelt auf Anhieb Sympathie. Der gebürtige Oberfranke ist seit Mai 2003 als Manager beim Handball-Bundesligisten TuS N-Lübbecke am Drücker. Und das Wichtigste für den Erstligisten aus dem ostwestfälischen Norden: Seine Arbeit ist von Erfolg gekrönt.
Seitdem der gelernte Steinmetz und Kaufmann die sportlichen Geschicke am Wiehen leitet, ist es aus mit den negativen Schlagzeilen. Harte, ehrliche Maloche wird in Rufweite des Kanals wieder groß geschrieben.
Siegfried Rochs sportliche Führung steht für Teamgeist und mannschaftliche Geschlossenheit. "Die Zeit der Stars ist in Nettelstedt vorbei. Was wir brauchen, um uns in der Liga dauerhaft zu etablieren, sind talentierte, hungrige Spieler", sagt der aus Wunsiedel gebürtige Roch, den man mit Fug und Recht auch als "Mr. Großwallstadt" bezeichnen darf.
Dort, in der Nähe von Aschaffenburg, ist er so beliebt wie kaum ein anderer Sportler. Daran hat auch sein 2003 vollzogener Wechsel nach Lübbecke nichts geändert. Dabei waren es am Main nicht wenige, die die Nachricht von seinem Wechsel zunächst nicht für bare Münze hielten, denn Roch war und ist nichts anderes als ein Synonym für Handballerfolg Marke Großwallstadt.
Ein Headhunter war’s, der ihm in einem Café des Frankfurter Flughafens den Job am Wiehen, zumindest weitere Verhandlungen, schmackhaft machte. Aus anfänglicher Skepsis wurde nach weiteren Gesprächen mit den Geldgebern des TuS N-Lübbecke die Lust auf einen neuen Aufgabenbereich geboren. "Wir wurden uns in der Zielsetzung für sportlichen Erfolg schnell einig", erinnert sich der Oberfranke.
Großwallstadt – dort besitzt er nach wie vor ein Eigenheim, das von seinen Töchtern Christina (18 ) und Isabell (14) bewohnt wird – hätte er so oder so zum Saisonende 2003 verlassen. "Dort habe ich von 1981 bis 1997 gespielt und war anschließend sechs Jahre als Manager tätig. Ein Tapetenwechsel war überfällig", erzählt er. Und doch bereut er keine Sekunde der 22 Jahre, in denen er für den TVG am Ball war. "Eine schöne Zeit", sagt er.
Roch, der 38-mal für Deutschland zwischen den Pfosten stand, mit seinem Heimatclub zweimal Deutscher Meister und viermal Pokalsieger wurde, ist kein Freund großer Worte. Er liebt die Diskussion im kleinen Kreis, bleibt gerne im Hintergrund, analysiert messerscharf und zieht seine Schlüsse. Diese werden dann frei von Emotionen vorgetragen.
So sieht er bei den Ligaspielen seinen Platz auf der Tribüne und nicht auf der Trainerbank. "Sportlich habe ich zwar das letzte Wort, doch ich möchte während einer Partie den Trainer in seiner Entscheidungsgewalt nicht einzwängen. Außerdem habe ich genug beim Smalltalk mit den Sponsoren zu tun", teilt er seine Sicht der Dinge mit.
Auch mit Niederlagen kann der Sportler Roch leben. Zumindest dann, wenn das eigene Team alles gegeben hat. Wenn Spieler allerdings ihr Potenzial nicht ausschöpfen, dann kann der ruhige und besonnene Mann auch laut werden.
Nicht nur in dieser Hinsicht sieht er sich mit Trainer Jens Pfänder auf einer Wellenlänge. Dass sich sportlicher Erfolg nach dem Abstieg 2003 so schnell und so massiv einstellen würde, damit hatte auch der Oberfranke als Macher des neuen Nettelstedter Teams nicht gerechnet. Mit sensationellen 68:0 Punkten – das bedeutete eine Zweitligasaison ohne Remis und Niederlage – gelang eine Rekordrückkehr ins Oberhaus des deutschen Handballs. "Klassenerhalt" lautete das Saisonziel. Es wurde erreicht. Der TuS kam als Elfter mit 27:41 Punkten ins Ziel.
Die Rochs haben sich im Kreis Minden-Lübbecke längst gut eingelebt. Gattin Uschi, eine bayerische Frohnatur aus München, unterstützt ihren Mann auch als Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle. "Wir fühlen uns wohl und haben nette Freunde gefunden", erzählt die gertenschlanke Blondine. Nach Ablauf der halbjährigen Probezeit zog sie zu ihrem Mann, beide Töchter blieben zurück. "Die wollten ihr vertrautes Umfeld nicht aufgeben, doch das geht ganz gut", verdeutlicht der 1,90 Meter große Manager, der zwar aus einer Weingegend stammt, aber Weißbier bevorzugt.
Dennoch: Einmal pro Woche gucken Mutter und Vater Roch daheim nach dem Rechten. Pro Weg sind das satte 400 Kilometer. Doch da Geschwindigkeit für den Manager des TuS N-Lübbecke keine Hexerei ist, hat er sich längst an die wöchentlichen Fahrten gewöhnt.
Er fährt dann eben ein bisschen schneller, denn im Wagen herrscht Rauchverbot – und das schmeckt dem starken Raucher überhaupt nicht. Ansonsten ist das Handball-Urgestein mit sich und der Welt im Reinen. Der Erfolg gibt dem geradlinigen Oberfranken Recht. Und wenn er so weitermacht, dann wird aus "Mr. Großwallstadt" noch ein "Mr. Nettelstedt". Garantiert.