Taktikrevolution - sprechen wir in 10 Jahren von einer Kaufmannabwehr?

  • Ich erlaube mir eine Thread zu eröffnen, welcher es zum Dauerthread schaffen könnte und welcher eigentlich wenig Anlass bietet zu ausufernden Nebendiskussionen.


    Ich war am Sonntag bei BHC-Eisenach und habe auf der Heimfahrt, eher durch Zufall, den recht aktuellen Harzblutpodcast von A.Sattler mit Peter Walz gehört. In der letzten halben Stunde ging es um Kaufmann und dessen „Philosophie“. Er in diesem Moment hatte ich begriffen, was ich zuvor in der Unihalle gesehen hatte.


    Im Handballmainstream liest man ja, dass Eisenach eine extrem 3:3 spielt. Das ist aber ein fundamentaler Fehler. Die spielen Abwehrzüge, d.h. zum Matchplan der direkten Gegnervorbereitung gehören Abwehrzüge.


    Sattler zog den Vergleich zu Balingen und was denn Kaufmann in der nächsten Saison im Kopf habe, da sich auch auf Balingen die Konkurrenz ja irgendwann eingestellt hatte. Aber so wie ich Balingen und Brack im Kopf hatte, waren das ja keine Abwehrzüge, sondern permanenter Wechsel von 3:2:1, 7:6, 3:3. Letztlich immer blockweiser Wechsel und am Ende sah das unter Brack so aus, als leide der Coach unter ADHS oder wählt einfach nur eine seiner 5 Karten.


    Am Fernseher ist mir nicht aufgefallen, was Eisenach da eigentlich macht. Dafür braucht man die totale Perspektive. Das defensivste war sowas wie 4:2, die offensivste 2 Meter Meyer auf der Spitze auf Höhe Mittelkreis.


    Ich habe kein Trainer-know-how und will das gar nicht bewerten. Was aus meiner Sicht aber der Ausgangspunkt für eine Taktikrevolution ist:


    Vergleicht man es mit Aktienhandel hat Kaufmann hier mit seiner Taktik einen Edge hergestellt. Sollte Eisenach die Klasse halten, hätte er mit dem möglicherweise kleinsten Etat eine konkurrenzfähige Mannschaft hingestellt, welche vor allem bei sorgfältiger Personalpolitik noch Raum für Entwicklung hat.


    Eisenach ist gerade dabei zu beweisen, dass dieser Edge mächtig ist und somit eben Nachahmer findet. Wir reden hier über die stärkste Liga der Welt.


    Ansätze zur Diskussion: Kennt jemand einen Verein, der Abwehrzüge spielt? Gibt es Argumente die dafür sprechen, dass die Konkurrenz diesen Edge mit konventionellen Methoden aufholt?

  • Was genau meinst du mit Abwehrzüge? Kannst du das mal an ein bis zwei genauen Beispielen verdeutlichen? Möchte sicherstellen dich richtig verstanden zu haben bevor ich meine Gedanken dazu schreibe!

  • Es gibt im Handball eine Art Playbook für den Angriff und in Eisenach unter Kaufmann das gleiche für die Abwehr. Ich stelle mir es so vor: Beispiel: Prellt der RM vom Gegner schnell vor empfängt ihn Spieler X auf Höhe Y. Spieler 2 und 5 stellen die zwei Passwege zu. Am besten den Harzblutpodcast ab Minute ca. 50 hören. Walz veranschaulicht das nur kurz an der natürlichen Angst des Abwehrspieler, den KL blank stehen zu lassen und das passiert in Eisenachs Deckung oft. Nach Kaufmann aber kein Problem, da sich seine Spieler in die Rolle des ballführenden Spielers rein denken sollen. Wenn die Passwege zugestellt sind, hat der Angreifer ein Problem, den Ball über die größere Distanz zum KL zu bringen. Wie schon geschrieben. Erst nachdem ich diesen Podcastabschnitt gehört hatte, habe ich begriffen, was ich zuvor gesehen hatte.

    Das Wort "Abwehrzüge" bringt Walz. und da Du davon noch nichts gehört hast, scheint es halt recht neu zu sein. Deshalb auch die Überschrift meines Threads.


    Bei BHC - Eisenach konnte man das sehr gut sehen. Am Anfang gelang es Babak zwei - dreimal im 1:1 durchzugehen, danach war Essig und der BHC hatte es wie der DHfK mit schneller Mitte probiert. Magdeburg hat 5 der besten 1:1 Spieler der Welt (O-ton Kretzsche), deshalb hatten die in Eisenach auch keine Probleme.

    2 Mal editiert, zuletzt von alter Sack ()

  • Die Einblicke von P. Walz im Podcast waren schon sehr interessant, bin gespannt wie dies weiter Seitens des ThSV intensiviert wird.


    Geht man den Weg - auch bei Rückschlägen - weiter, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass durch Kaufmanns "Abwehrevolution", die verrückten Fans und die kommende neue Halle in Eisenach der Verein sich in der 1. Liga festsetzen wird.

    In Geschichte geschlafen, in Deutsch nur gepennt. Als Kind war er feige, als Teenie verklemmt. Dann wurde er Hater, denn dumm kann er toll. Ihr wisst, wen ich meine: den Internet-Troll.

  • Hört sich sehr interessant an , bedarf aber wenn ich es richtig verstehe eine ganze Abwehr intelligenter Spieler, die sich in die Angreifer reindenken können. Oder gibt es einen Abwehrdirigenten, der die Abwehrzüge steuert, sowie der klassische Mittelmann die Spiel mit Spielzügen Im Angriff?

  • Bei allem Respekt vor Kaufmanns Erfolg in Eisenach, sollte man mit dem Wort "Taktikrevolution" etwas vorsichtig umgehen. Jede neue Taktik ruft auch Gegenmaßnahmen hervor und ich glaube spätestens in der nächsten Saison wird man das dann im bekanntlich "schwereren 2. Jahr" auch in Eisenach erleben.

    Außerdem sind solche "revolutionären" Neuerungen auch häufig an besondere Konstellationen zwischen Spielerkader und Trainer gebunden, die sich nicht ohne weiteres duplizieren lassen. So war es seinerzeit mit Brack in Balingen und auch Mudrow in Lemgo. Beide sind mit ihren Konzepten in anderen Clubs gescheitert, wenngleich einiges, aber wirklich nur einiges, in abgewandelter Form noch heute praktiziert wird. "Revolution" wäre hier aber wohl doch zu hoch gegriffen!

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