der main-rheiner präsentiert eine serie über entstehung und werdegang der sg w-m.
werde die teile in zukunft hier einstellen.
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Unkomplizierte Geburt im Pferdestall
Ströhmann und Braun bringen Wallau/Massenheim auf die Beine/Tagblatt-Serie, Teil 1
Vom 13.07.2005
WALLAU Noch nie flog ein Verein aus der Handball-Bundesliga. Essen und die SG Wallau/Massenheim traf es jetzt als Erste. Wer zuvor auf der Kippe stand, zog freiwillig Konsequenzen. Vom Auf und Ab der SG berichtet unsere Serie, die mit der spannenden Gründerzeit beginnt.
Von Volker Eckhardt
In den letzten 20 Jahren waren die Handballer der SG Wallau/Massenheim der Platzhirsch im Rhein-Main-Gebiet, doch auch in den zehn Jahren davor beherrschten sie die Schlagzeilen. Als der TV Wallau 1975 vor dem Aus stand, blieb scheinbar nur der Blick zurück, als die Feldhandballer des Klubs in den 50er Jahren bis zu 700 Zuschauer zählten. Die magerten stark ab, bis nur noch die Spielerfrauen da waren. Ottmar Beil, Kurt Hauzu, Eugen Göller, Erich Hauzel und Erich Wink versuchten zu retten, was zu retten war, und setzten sich mit Reinhard Krissel, Wilhelm Noll, Günter Bohrmann und Hans Lindauer vom TuS Massenheim an einen Verhandlungs-Tisch.
Kurt Hauzu feierte am 29. Mai 1975 seinen 50. Geburtstag in einem umgebauten Pferdestall. Dabei auch Bodo Ströhmann, der sofort mittendrin in der am 1. August aus der Taufe zu hebenden Handball-SG war: "Da mach´ ich mit. Und mein Freund Alois Braun auch. Ich steige voll ein und führ´ euch in die Oberliga, wenn es sein muss, bis in die Bundesliga." Gesagt getan. Per Los-Entscheid landet Wallau bei der Namensgebung vor Massenheim. Ströhmann übernahm den Vorsitz im Förderkreis und gab Gas.Was der Marmorhändler anpackte, es wurde ein Erfolg. Für das erste Oktoberfest mietete er die Ländcheshalle und verpflichtete zwei Kapellen. Der Vorstand war ob des finanziellen Risikos fast verrückt geworden, doch als plötzlich 1000 Festgäste die Halle bevölkerten, waren alle platt. Bodo Ströhmann und der Baustoff-Händler Alois Braun hatten der SG in den frühen Jahren ihren Stempel aufgedrückt, doch in erster Linie zählte nicht das Geld, sondern die Kameradschaft. Da wurde mehr als eine Sau geschlachtet.
Los ging´s, als der wurfgewaltige Rückraum-Recke Manfred Aumann, Engelbert und Georg Hacker sowie Michael Störger vom VfR zur SG wechselten. Aumann, der nach seiner Spielerlaufbahn auf Management-Ebene viel für den Verein getan hatte, kehrte nach den jüngsten Irrungen und Wirrungen der SG gerade am 3. Juli wutentbrannt und enttäuscht den Rücken.
Nach der ersten Saison in der Kreisklasse Main-Taunus wussten 600 Fans am 21. Februar 1976 nicht, ob sie lachen oder weinen sollten. Erich Schrobbach (Eintracht), der erste Trainer der SG, hatte das letzte Heimspiel mit seiner Truppe vergeigt. Sie verpasste den Aufstieg in die Bezirksliga, schaffte aber als Zweiter hinter dem TV Breckenheim den Einzug in die Kreisliga. Für die Zuschauer, die auf Anhieb für ein beachtliches Finanzpolster der SG gesorgt hatten, gab´s dennoch Freibier.
Mit einjähriger Verspätung wurde der Einzug in die Bezirksliga nachgeholt. Zuvor hatte sich die SG gewaltig verstärkt. Vom Bundesligisten TV Großwallstadt kamen mit dem neuen Trainer Norbert Anthes und Torhüter Theo Kaus zwei Wickerer. Bernd Wagenführ, heute Manager der ersten Garnitur in der Regionalliga und damals treffsicherer Vollstrecker, fand den Weg von der TG Schierstein ins Ländchen, Karl-Heinz Spitz (Niederrad) und Wolfgang Sell (Frankfurter TG) gesellten sich ebenso hinzu wie Jens Pechbrenner (VfR) und Roger Schneider (Dietzenbach), Massenheims quirliger Ossi Reinemer half noch einmal aus.
Bei allem Jubel und Trubel gab es aber auch den denkwürdigen 4. Dezember 1977. Beim 13:12-Sieg des TV Wicker, der ebenfalls von Norbert Anthes trainiert worden war, wurden die Wiesbadener Spitzen-Schiedsrichter Vogt und Rettert (Turnerbund) attackiert, drohten anschließend mit Streik, bis die Handball-Richter das Strafmaß für die SG erhöht hatten.
Staunen und Missgunst bei der Konkurrenz, Euphorie und eine brechend volle Halle im eigenen Lager kennzeichneten die Szene. Bei der Bezirksmeister-Feier 1978 trat Bodo Ströhmann erstmals als Vorsitzender aus der Kulisse heraus und verkündete als Conferencier mit stolzgeschwellter Brust das nächste Ziel: "Aufstieg in die Oberliga!"