Es heißt Abschied nehmen. Nach fast 30 Jahren verschwindet Dormagen von der Bundesligalandkarte.
Zeit, zurückzublicken, sich an schöes zu erinnern.
Ich möchte das für alle Dormagener Fans tun, die früher und heute zu "unserem" TSV gehalten haben.
In einer losen Reihe lasse ich (meine) Highlights Revue passieren. Fühlt Euch alle eingeladen, diesen Rückblick zu Kommentieren.
Los geht es:
Mein persönlicher Rückblick auf 29 Jahre Dormagener Handball:
A) Die wilden Achziger, Teil 1 – Zwei Aufstiege in 4 Jahren
1982/83
Regionalliga West, Gruppe Süd 2. Platz und Westdeutscher Vize-Meister Aufstieg in die 2. Bundesliga
Schnell hatte es sich herumgesprochen: die erste Mannschaft des TSV Bayer Dormagen klopft an das Tür zur zweiten Bundesliga.
Nachdem die Entscheidungsspiele gegen Emsdetten 14:15 (mein erstes Handballspiel überhaupt; ich war 13 Jahre) und 16:15 (Das „Wunder von Emsdetten“) endeten stand der TSV in zwei Endspielen um den Aufstieg gegen den VTB Altjührden. Nach dem sensationellen 7-Tore Sieg aus dem Hinspiel galt es, den Aufstieg vor heimischen Publikum perfekt zu machen. Der TSV verlor mit einem Tor, stieg auf und feierte, was das Zeug hielt. Klaus Dyllong, Henner Kring, Heinz Badus, Uwe Klenzendorf und andere wurden zu Dormagener Legenden. Von da an war ich infiziert und habe seit dem kaum mehr ein Heimspiel verpasst.
1983/84
2. Bundesliga, Gruppe Nord 8. Platz
Das erste Jahr „Profi“Handball in Dormagen – mit einer Mannschaft, die überwiegend aus Dormagen kam. Der Start in dioe Saison mißglückte mit 1:7 Punkten, bevor ausgerechnet gegen die Werksmutter Bayer Leverkusen die ersten zwei Pluspunkte Dormagens im Profihandball eingefahren wurden.
Meine persönliche Historie beginnt mit dem ersten Hallenheft – ausgerechnet zum Spiel gegen TuRu Düsseldorf. Am 29.10.1983 kam der TSV mächtig unter die Räder: 13:25 hieß es am Ende für die Spitzenmannschaft von der Schäl Sick. Neuzugang Rüdiger Rüber konnte der Deckung noch nicht die nötige Stabilität geben. Auf Düsseldorfer Seite waren mit Dieter Bartke und Karl-Heinz „Kalle“ Töpfer zwei spätere Dormagener Publikumslieblinge am Ball.
Das zweite Highlight war das Spiel gegen den OSC Thier Dortmund vom 01. Februar 1984. Nach einem 6:6 zur Pause steigerte sich die zweite Hälfte zu einem wahren Krimi: über 7:10 kam der TSV auf 11:12 ran, als mit dem 11:13 der TSV in doppelte Unterzahl geschickt wurde, kurz vor Schluss. Doch eines konnten Dormagener Mannschaften schon immer: Kämpfen bis zum Umfallen. Trotz des Handicaps glich der TSV noch aus, das Spiel endete 13:13 vom Ergebnis und mit einer handfesten Schlägerei auf dem Spielfeld, mit dem Ergebnis, dass Dormagens Torwart Jost-Michael Vogel zum nächsten Spiel mit einem dicken Veilchen antrat.
Die Saison endete mit dem Heimspiel gegen den VfL Lichtenrade, bei dem nicht nur der Klassenerhalt in der 14-er Liga gefeiert wurde, sondern auch mit 24:16 der höchste Saisonsieg.
Doch halt. Ein Ereignis gab es noch, dass im Kollektivgedächtnis aller Dormagner Handballanhänger für immer einen Spitzenplatz einnehmen wird:
Am 10.März 1984 kam in der ersten DHB-Pokal-Hauptrunde der Erstligist THW Kiel zum Aufsteiger nach Dormagen. Die Dreifachhalle platzte mit ca. 2000 Zuschauern aus allen Nähten und der Underdog spielte in seinem ersten Pflichtspiel gegen einen Bundesligisten ein unglaubliches Spiel und rang dem schon 13:17 führenden Favoriten nach 60 Minuten ein 18:18 ab. Auch nach den ersten 5 Minuten Verlängerung stand es unentschieden, 20:20 und die Halle Kopf. Am Ende verlor Dormagen 20:23 aber die Handballeuphorie in Dormagen war geboren. Noch heute gibt es bei denen, die damals dabei waren dieses Glitzern in den Augen, wenn über dieses Spiel gesprochen wird.
1984/85
2. Bundesliga, Gruppe Nord 9. Platz
Die zweite Saison trat der TSV mit fast derselben Mannschaft an, die sich in ihrem ersten Zweitligajahr so wacker geschlagen hatte. mIt einem 20:19 gegen den Lokalrivalen Olympia Longerich hatte man schon nach dem ersten Spieltag die ersten Pluspunkte auf dem Konto. Im letzten Heimspiel des Jahres 1984 ging es gegen den Aufstiegsrivalen von vor zwei Jahren, den VTB Altjührden und erstmals gibt es etwas über die Schiedsrichter zu berichten. Nachdem Altjührden in einem spannenden Spiel das 20:21 markierte, verzögerte man geschickt das Spiel und die Schiedsrichter ließen die Uhr runterticken, so dass Dormagen nicht mehr zum Ausgleich kommen konnte.
Auf Grund der deftigen „Kritik“ an den Schiedsrichtern in diesem und dem darauffolgenden Spiel (In Longerich, 19:19), sah sich der Verein genötigt, die Zuschauer im Hallenheft zum Spiel gegen Fredenbeck am 26.01.1985 zu sportlicher Fairness zu ermahnen!
Mit den Spielen in Longerich und Leverkusen hatte der TSV übrigens zwei Heimspiele mehr, denn der überwiegende Teil der Zuschauer kam aus Dormagen zu den Spielen, ein Trend, der sich in den kommenden Jahrzehnten fortsetzte.
1985/86
2. Bundesliga, Gruppe Nord 2. Platz und Relegationsspiele (26:25 und 21:22 gegen TuS Schutterwald)
Alles Neu in der dritten Saison: Günther Klein auf der Trainerbank wurde abgelöst von Hannes Krieg und erstmals wurden Spieler „zugekauft“. Neben Bert Fuchs, Armin Holst vom Tus Derschlag (Sohn Max, ein TSV-Eigengewächs bestritt vor wenigen Tagen sein erstes Länderspiel) ist hier vor allem DIE Legende Dormagens schlechthin zu nennen: Vladimir „Gerry“ Vukoje heuerte beim TSV an. Gleich im ersten Saisonspiel in Herzhorn trag Gerry 6 mal – der Anfang der „großen Zeit“ des TSV.
Am 05.10.1985 feierte der TSV Bayer Dormagen erneut einen Rekord: den höchsten Zweitligasieg bis dahin. Erneut war der Gegner Lichtenrade, diesemal endete das Spiel 28:13.
Redaktionell legte das Hallenheft der „Bayer-Baller“ ebenfalls in Sachen Professionalität nach. Neben Vor- und Presseschau gab es unter anderem ein „Sportquiz für die Halbzeitpause“, die Regelecke und ein Fotorätsel für „Insider“.
Am 10.11.1985 stürzte der TSV den Spitzenreiter TuRa Bergkamen von der Tabellenspitze. Uwe Klenzendorf machte 3 Sekunden vor Schluss vor den euphorisierten Dormagener Fans in der Bergkamener Halle den 22:23 Sieg perfekt. Bester Werfer der TuRa war mit 6 Treffern übrigens ein gewisser Richard Radtka.
Am Ende der Hinrunde war der TSV sogar Halbzeitmeister, vor dem VfL Hameln. Garant dafür war die Mannschaftliche Geschlossenheit, aus der Gerry Vukoje mit seinen Toren herausragte.
Die Führung verteidigte der TSV bis zum letzten Heimspiel, als der Tabellenelfte, Lokalrivale und Abstiegskandidat Olympia Longerich in das Sportcenter kam.
Im Spiel zuvor verloren die Dormagener in Wanne-Eickel die Nerven, verloren nicht nur das Spiel, sondern auch Vukoje, der 40 Sekunden vor Schluss die Schiedsrichter beleidigte und mit einer 4 wöchigen Sperre versehen wurde. Der TSV fühlte sich verschaukelt (Zeitspiel nach 8 Sekunden), die Fans machten ihrem Unmut (wieder einmal) deutlich Luft und Hameln og mit dem TSV nach Punkten gleich. 12 Tore war der TSV vor dem Schlussakt besser.
Doch den Ausfall Vukojes konnte der TSV nicht kompensieren: In eigener Halle reichte es gegen Longerich nur zu einem Unentschieden. Während Longerich den Nicht-Abstieg feierte, kauerten die Fans auf der Tribüne und am Spielfeldrand und warteten auf den Hallensprecher Claus Radtke, der das Endergebnis aus Hameln verkünden sollte. Hameln gewann, deutlich, der Traum des Aufstiegs war ausgeträumt.
In den anschließenden Relegationsspielen des späteren Relegations-Rekordhalters gegen den TuS Schutterwald reichte es ebenfalls nicht zum Aufstieg. Eine tolle Saison endete tragisch.
1986/87
2. Bundesliga, Gruppe Nord 1. Platz und Aufstieg in die 1. Bundesliga
Auf ein Neues hieß es am 13.09.1986. Das Team des TSV wurde erneut verstärkt mit dem Torwartriesen Dieter Bartke, Jörn-Uwe Lommel, Spielmacher Michael Klemm und den Eigengewächsen Dieter Springel und Norbert Nowak. Die größte Verstärkung allerdings saß auf der Trainerbank: Petre Ivanescu gab sich die Ehre und wurde Dormagens Idoltrainer.
Erst am 5. Spieltag gab der TSV im Heimspiel gegen Minden (11.10.1986) seinen ersten Punkt ab. Nicht nur der einzige Punkt, den der TSV in der Hinserie abgab, sondern auch bis zum Unentschieden am letzten Spieltag (!) in Fredenbeck der Einzige! Der TSV Bayer Dormagen stieg mit einer bis dahin einmaligen Bilanz in die erste Handball-Bundesliga auf.
Der Spielplan wollte es, dass ausgerechnet beim Nachbarn Longerich, die in der Vorsaison noch der große Spielverderber waren am 07.03.1987 mit einem 24:20 der Aufstieg gefeiert werden konnte. Die Halle in Chorweiler platzte dabei aus allen blau-weißen Nähten Was für eine tolle Feier!
Wieder wurden Legenden geboren, das Aufstiegsteam ist bis heute das populärste in Dormagen!
Zwischendurch gab es noch ein weiteres Highlight in der Super-Saison: am 28.03.1987 nahm der Underdog aus Dormagen erfolgreich Revanche am THW Kiel in der Dreifachhalle. Mit 26:19 fegte man die Nordlichter aus der Halle.
Dormagen war in der Belle Etage angekommen.