Das dürfte auch die HEler interessieren:
ZitatAlles anzeigenVon Jürgen Möcks / Wiesbadener Tageblatt 23.4.2008
Das Überleben des Handball-Zweitligisten SG Wallau/Massenheim hängt am seidenen Faden. Der TuS Massenheim hat völlig überraschend seine Mitarbeit aufgekündigt und seine Gesellschafts-Anteile dem TV Wallau angeboten. Heute Abend tagt der TVW-Vorstand.
Der Wettlauf mit der Zeit - am Freitag endet die Frist, die fehlenden Lizenzunterlagen bei der Handball Bundesliga (HBL) einzureichen -, er scheint für die SG Wallau/Massenheim kaum noch zu gewinnen zu sein. Nachdem sich am gestrigen Dienstag die Ereignisse überschlugen. Per E-Mail bot Karl Krestan den Verantwortlichen des TV Wallau die Gesellschafts-Anteile des TuS Massenheim an. Begründung des TuS-Vorsitzenden: das finanzielle Risiko sei zu hoch. "Für einen kleinen Verein wie dem TuS Massenheim ist die Bundesliga eine Hausnummer zu groß. Wir wollen uns künftig auf den Breitensport konzentrieren", sagt Krestan. Schon auf der Jahreshauptversammlung Anfang März seien vermehrt Stimmen laut geworden, die einen Ausstieg aus der Spielgemeinschaft gefordert hätten. Seltsam nur, dass Krestan und seine Vorstandskollegen dem von der Gruppe um Norbert Schaaf sowie Bodo und Jörg Ströhmann vorgelegten Konzept vor zwei Wochen noch zugestimmt hatten. Noch seltsamer: Krestan selbst war bei dem Gespräch am Montagabend dabei, in dem die Spieler gebeten worden waren, Verträge zu den bisherigen Bezügen zu unterschreiben. Zu einem Zeitpunkt, als der laut Krestan einstimmige Massenheimer Beschluss längst gereift war, wie der TuS-Vorsitzende bestätigt.
Die Spieler hatten sich nach einer Nacht Bedenkzeit darauf eingelassen, die längst ausgehandelte Erhöhung der Bezüge "einzufrieren", um den SG-Verantwortlichen Zeit bei der Suche nach einem Hauptsponsor zu verschaffen. Und damit selbst einen Teil des Risikos übernommen. Im Gegenzug aber Zwei-Jahres-Verträge gefordert, mit der einseitigen Option, den Kontrakt auflösen zu können, wenn die versprochenen Zusagen nicht eingehalten werden. Gleichzeitig war es Ströhmann, Schaaf & Co. gelungen, einen Gönner zu finden, der bereit war, eine Bankbürgschaft über die fehlende Summe im Etat - dem Vernehmen nach ein Betrag zwischen 100000 und 150000 Euro - zu übernehmen. "Die Leute", sagt Sebastian Linder, "haben sich in den letzten Wochen so engagiert, dass sie einen kleinen Vertrauensvorschuss verdient haben." Bleibt zu hoffen, dass HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann den Fall ähnlich sieht. "Wir werden mit ihm reden und reinen Wein einschenken", hofft Jörg Ströhmann auf einen weiteren Aufschub. Erste Voraussetzung ist allerdings, dass der Vorstand des TV Wallau sich heute Abend, während die Mannschaft parallel beim Schlusslicht HSG Gensungen/Felsberg (19.30 Uhr) antritt, dazu durchringt, die alleinige Verantwortung zu übernehmen. Der langjährige Präsident Bodo Ströhmann hat signalisiert, die Kosten der Gesellschaftsanteile - ein Betrag zwischen 12500 und 15000 Euro - notfalls selbst aufzubringen. "Wir werden nichts unversucht lassen", erklärt Ströhmann. Dieter Schorn, Beisitzer des TV Wallau, will der heutigen Entscheidung nicht vorgreifen, sagt nur: "Wenn die Spieler mit so viel Rückgrat vorangehen, haben wir eine moralische Verpflichtung, sie nun nicht hängen zu lassen." Die Uhr tickt. Und sie tickt gegen die SG Wallau/Massenheim. Seit gestern schneller denn je.
Höchster Kreisblatt schreibt am 23.04.08:
Die TuS Massenheim steigt beim Handball-Zweitligisten SG Wallau/Massenheim aus
Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit
Wallau. Gestern Vormittag war die Welt beim Handball-Zweitligisten SG Wallau/Massenheim in Ordnung. Die meisten der zehn Spieler, deren Verträge auslaufen, wollten zu den Bezügen der vergangenen Saison weiterspielen, damit der Verein die Möglichkeit hat, wichtiges Geld zur Erlangung der Lizenz einzusparen. Am Mittag gab es dann einen neuen Dämpfer.
Dieter Schorn, Beirat des TV Wallau, bekam eine E-Mail des Vorsitzenden der TuS Massenheim, Karl Krestan, die er um 5.54 Uhr abgeschickt hatte. Sie beinhaltete, dass die TuS Massenheim in einer Präsidiumssitzung beschlossen habe, dass sie nicht mehr das Risiko eines weiteren Jahres in der II. Handball-Bundesliga tragen wolle. Dieser Beschluss sei einstimmig gefasst worden. Wie mehrere Beteiligte in Erfahrung gebracht hatten, soll die Entscheidung vor dem Treffen Krestans mit Jörg Ströhmann, Norbert Schaaf und der Mannschaft gefallen sein. Krestan habe in der Mail angeboten, dass der TV Wallau die Anteile übernehmen kann und der TuS Massenheim für eine Zukunft in der Oberliga zur Verfügung steht. Norbert Schaaf, der am Neuaufbau mitwirkt und diese Nachricht verkündete, war wie seine Mitstreiter fassungslos: „Ich bin frustriert, verstehe das nicht, zumal die TuS Massenheim als erster der beiden Trägervereine dem neuen Konstrukt zugestimmt hatte.“ Ähnlich überrascht zeigte sich Dieter Schorn: „Es ist mir völlig unverständlich. Man muss sich das moralisch vorstellen. Die Spieler gehen mit gutem Beispiel voran, wir sind kurz davor, die Lizenz zu bekommen. Wir können uns doch jetzt nicht zurückziehen.“
Ob der TV Wallau die Anteile übernimmt, muss eine Präsidiumssitzung am heutigen Abend klären. „Ich könnte mir vorstellen, dass es eine Mehrheit gibt, dass wir die Anteile übernehmen“, sagte Schorn, „ich denke, dass wir eine moralische Verpflichtung haben. Doch sind viele Fragen offen. Wir müssen feststellen, ob die Übernahme der Anteile dem Handball-Liga-Verband (HBL) ausreicht“.
Fast trotzig reagierte Jörg Ströhmann auf diese Nachricht, nachdem er sie verdaut hatte: „Wir stemmen jetzt halt noch mehr. Irgendwie werden wir das hinbekommen.“ Sein Vater Bodo Ströhmann ergänzte: „Wir haben immer noch eine Chance und müssen die bis zum letzten Moment nutzen. Als erstes müssen wir versuchen, Kontakt mit der HBL aufzunehmen.“
Jörg Ströhmann mahnt nun zur Besonnenheit: „Wir müssen versuchen, ruhig zu bleiben. Uns bringt es jetzt nichts, nach Schuldigen zu suchen. Es muss jetzt erst recht gehen. Alles geht nur um die Lizenz, die wir bekommen müssen. Aber wir bekommen das hin. Diesen Lizenzantrag wird dann jedoch nur noch der TV Wallau stellen.“ Aber nur, wenn dieser sich heute Abend einverstanden erklärt.
Wegen dieser Sache habe er mit seinen Mitstreitern fast einen kompletten Tag verloren, den man nun aufholen muss, um den fehlenden Betrag in sechsstelliger Höhe noch aufzutreiben. Für die Wallauer Verantwortlichen wird es ein Wettlauf mit der Zeit, läuft doch am Freitag die Frist der HBL ab.
Als die Spieler von Jörg Ströhmann informiert wurden, telefonierten sie sich sofort zusammen und trafen sich vor dem angesetzten Training. Zu diesem Treffen kam auch Karl Krestan. Er blieb eine Antwort schuldig, warum sich Massenheim zurückzieht, erklärte aber, dass er davon ausgehe, dass der Rückzug keine Auswirkungen auf die Lizenzerteilung hätte.
Für die Spieler war das ein schwerer Schlag, hatten sie auf die zuvor ausgehandelte Erhöhung ihrer Bezüge verzichtet, was Grundvoraussetzung dafür war, dass der Verein eine Bürgschaft in Höhe von 150 000 Euro bekommt. „Wir versuchen trotzdem, weiter unseren Job zu machen, wollen unser Spiel in Gensungen gewinnen, dann die weiteren Partien bestreiten und auf einem einstelligen Tabellenplatz stehen“, erklärte ein Spieler stellvertretend für alle Weiteren, „es wäre nach dieser Saison hart, wenn es die Verantwortlichen nicht hinbekommen würden, dass wir hier in Wallau weiterspielen könnten.“ Die Spieler sollen heute ihre Verträge unterschreiben. Und Ströhmann erklärt abschließend: „Ich habe den Spielern mein Wort gegeben, dass es weitergeht. Wir kriegen das hin und wollen alles mit der HBL absprechen.“ Und er freut sich über die Hilfe des verbliebenen Trägervereins: „Der TV Wallau stand uns noch nie so positiv gegenüber wie zu diesem Zeitpunkt.“ (vho)