Dreieinhalb Jahre nach dem Skandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer muss sich der deutsche Profi-Fußball wieder mit Wett- und Manipulationsvorwürfen auseinandersetzen.
Der Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL), Reinhard Rauball.Nach Informationen des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» könnten zwei «auffällige» Spiele im Jahr 2005 verschoben worden sein: die Erstliga-Partie Hannover 96 gegen 1. FC Kaiserslautern am 26. November (5:1) und das Zweitliga-Spiel Karlsruher SC gegen die Sportfreunde Siegen am 7. August 2005 (2:0). Die Dachverbände Deutsche Fußball Liga (DFL) und Deutscher Fußball-Bund (DFB) kündigten eine «umfassende Aufklärung der Angelegenheit» an.
DFL und DFB beauftragten das Unternehmen Sportradar mit einer Analyse der Partien. Das teilten Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball und DFB-Chef Theo Zwanziger in einer gemeinsamen Presseerklärung mit. Mögliche Täter würden bei nachweisbaren Verfehlungen konsequent bestraft.
«Der DFB-Kontrollausschuss wird nach Auswertung des Materials entscheiden, ob er ermittelt. Wir werden mit Sicherheit nichts unter den Teppich kehren», sagte Zwanziger der «Bild am Sonntag». Der DFB- Chef stellte aber auch klar, dass die Saison 2005/2006 nicht neu aufgerollt werde. Nach dem Hoyzer-Skandal war beschlossen worden, dass in vergleichbaren Fällen keine rückwirkenden Ergebnis-Veränderungen nach dem 30. Juni eines Spieljahres erfolgen können.
Der kanadische Journalist Declan Hill äußerte im «Spiegel» auch Verdächtigungen bezüglich des WM-Achtelfinalsieges (3:0) von Rekordweltmeister Brasilien gegen Ghana und vermutete Verwicklungen eines asiatischen Wettsyndikats. «Ich war täglich mit der Mannschaft zusammen und habe nichts von irgendwelchen Absprachen mitbekommen», sagte allerdings der 2006 als Teammanager von Ghana tätige Ex- Bundesliga-Profi Anthony Baffoe in einem Interview mit der Zeitung «Welt». Er könne sich so etwas «absolut nicht vorstellen». Die angeblich durch die Wettpaten gebotenen 30 000 US- Dollar seien zudem weit weniger gewesen, als die Spieler bei einem Erfolg über die Brasilianer bekommen hätten. «Dafür verrät doch niemand sein Land», meinte Baffoe.
Bei den beiden deutschen Profi-Partien Hannover gegen Kaiserslautern und KSC gegen Siegen stieß der «Spiegel» bei seinen Recherchen auf Auffälligkeiten. «Es gibt keinerlei Anhaltspunkte», betonte Rauball und erklärte: «Bevor nichts erwiesen ist, gilt bei allen Vereinen und Spielern die Unschuldsvermutung.» Vertreter der betroffenen Clubs reagierten skeptisch, forderten aber ebenfalls eine schnelle und umfassende Aufklärung.
«Es handelt sich um eine Anfangsvermutung, die aber ernst genommen werden muss. Es muss eine umfassende Aufklärung stattfinden», sagte Hannovers Vorstandsvorsitzender Martin Kind. «Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre das für den Fußball eine Katastrophe.» Lauterns damaliger Trainer Wolfgang Wolf erklärte: «Ich halte meine damaligen Spieler erst einmal für unschuldig. Zudem bin ich davon überzeugt, dass man solche Dinge nicht manipulieren kann.»
Der angebliche Wettpate war bereits im Juni vergangenen Jahres vom Frankfurter Landgericht wegen versuchter Manipulation von Spielen in der deutschen Regionalliga und der österreichischen ersten Liga zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt worden. Auf das Hannover-Spiel sollen 2,8 Millionen Euro gesetzt worden sein. Durch das 5:1 soll der Mann aus Malaysia 2,2 Millionen Euro gewonnen haben. Auf das Zweitliga-Match wettete er angeblich fast vier Millionen.
«Ich bin bereits von der DFL informiert worden, die sind genauso wie wir von dem Bericht auf spiegel online überrascht worden», sagte KSC-Manager Rolf Dohmen. «Aber ich sage Ihnen, wenn einer beim Spiel Karlsruhe gegen Siegen auf Karlsruhe setzt, dann hat er, denke ich, einfach Ahnung.» Für die Sportfreunde, mittlerweile in der fünften Liga, war es damals die erste Partie nach dem Aufstieg. «Sicherlich haben wir hinterher, als der Wettskandal (Hoyzer) aufgeflogen ist, über dies und das gesprochen, aber nie über den Sieg von Karlsruhe. Ich weiß nicht mehr, wie die Tore gefallen sind, wenn sie aber ungewöhnlich gewesen wären, hätte ich mir das gemerkt», sagte Siegens Coach Peter Nemeth, der gegen den KSC noch als Spieler dabei war.
Alle Spieler, deren mutmaßliche Verbindungen zu der angeblichen Schlüsselfigur der «Spiegel» offenlegt, beteuern ihre Unschuld, hieß es in dem Bericht. Der Asiate indes soll im Ausland untergetaucht sein, nachdem er gegen Kaution freigelassen wurde. Gegen ihn soll in Deutschland seit Mitte Januar ein Haftbefehl bestehen. Unterdessen äußerte der Journalist Hill im «Spiegel», dass die WM-Partie Ghanas gegen den Rekord-Weltmeister Brasilien durch ein asiatisches Wettsyndikat angeblich verschoben worden sei. Die Partie in Dortmund endete 0:3 aus Sicht der Afrikaner, die Wettpaten hatten auf einen Brasilien-Sieg mit mindestens zwei Toren Unterschied gesetzt