Folgenden Artikel hab ich heute im Lokalteil der Westfälischen Rundschau gefunden.
Ich habe diesen Artikel auch in der Ruprik Frauenhandball reingesetzt, da es hauptsächlich um die Hanndballfrauen ging. Jedoch Zeigt der Artikel auf, wie Fußball die Sportvielfalt einer Stadt (hier am Beispiel Dortmund) vernichtet...
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Herrenrunde lotet die Chancen aus
Gespräch mit dem zukünftigen "Chef" oder die Mitteilung, dass bei den Handballerinnen des BVB die Bundesligalichter ausgehen? Michaela Seiffert, Dr. Reinhard Rauball und der hoffnungsvolle Nachwuchs. (Bild: Bodo Goeke)
Nächstes Jahr findet in Deutschland die Handball-Weltmeisterschaft statt. Zentraler Spielort für die deutsche Mannschaft wird die Westfalenhalle sein, auf ausdrücklichen Wunsch von Heiner Brand, der die Halle mit der ganz besonderen Atmosphäre und das ebenso treue wie heißblütige Dortmunder Publikum seit Jahrzehnten schätzt.
Handball und Dortmund gehörte früher zusammen wie Kohle und Stahl. Doch es deutet einiges daraufhin, dass Dortmund im nächsten Jahr, dem Jahr der WM, nur noch Handball-Provinz sein wird. Die besten Männer spielen in der vierten, die besten Frauen vielleicht dann nur noch in der dritten Liga. Freitag entscheidet sich vermutlich die Zukunft der Borussinnen, wenn die Herrenrunde mit Watzke, Rauball, Röhricht und Becker zusammensitzt und die Möglichkeiten auslotet. Anschließend heißt es: Daumen hoch oder Daumen runter."Es muss nicht zwin-gend am Freitag eine Entscheidung fallen" (Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer der KGaA)
"Es muss nicht zwingend am Freitag eine Entscheidung fallen", sagte KGaA-Geschäftsführer Watzke gestern auf Anfrage. Er sehe durchaus noch eine Chance für das Bundesligateam, wenn auch nicht in der KGaA, sondern im Verein Borussia Dortmund. Dessen Präsident ist Dr. Reinhard Rauball.
In den 80- und 90-er Jahren war die Sportwelt in Dortmund noch heil und bunt. Über 25 Erst- und Zweitligisten sorgten für vergnügliche Wochenenden. Wer Lust hatte, ging zum Fuß-, Hand-, Basket- oder Volleyball. Und sah Sport auf höchstem (Bundesliga)-Niveau. Auch Boxen, Leichtathletik, Schwimmen, Ringen und Eishockey hatten erstklassige Qualität. 26 Erst- und Zweitligisten - wo sind sie geblieben? Einer nach dem anderen warf im Schatten des BVB das Handtuch und verabschiedete sich in Richtung Breitensport. Und die im Dunkeln sieht man nicht...
Und was tat die Dortmunder Wirtschaft? Sie ist mit ihrer einseitigen Unterstützung des Profifußballs mitverantwortlich für die sportliche Monokultur in Dortmund.
Und was tat die Kommunalpolitik? Sie hörte zu, zeigte Verständnis, hielt Sonntagsreden statt zu helfen und Türen zu öffnen, verkündete Leuchtturmprojekte wie Phönixsee, 3do, U-Turm statt eine neue Halle zu bauen und sah tatenlos zu, wie ein wichtiger Werbeträger der Stadt, der Sport, zur Bedeutungslosigkeit verkam.
Und was taten die Sportfans? Sie hielten still, wenn auch mit der geballten Faust in der Tasche. Sie unternahmen nichts, protestierten nicht für ihre Belange, die genauso wichtig sind wie Bedürfnisse nach kulturellen Events. Sie versäumten es schlicht, für ihre berechtigten Interessen auf die Straße zu gehen. Dortmund ist auf sportlichem Gebiet Diaspora, im nationalen Ranking hinter Olfen, Paderborn oder Fürstenfeldbruck zurückgefallen.
Und was tut der BVB? Er ist finanziell schwer angeschlagen, keine Frage, aber er befindet sich auf einem guten Weg der Konsolidierung. Eine weitere Unterstützung des Handball-Teams würde diesen Prozess kaum verzögern.
Der Verein trägt große Verantwortung. Zum einen gegenüber den Dortmunder Sportfreunden. Hand-, Basket- und Volleyballer sind in der Regel auch Fußballfans, kaufen ihre Dauerkarten, reden aber über mindestens zwei Sportarten. Die Vielfalt darf nicht noch mehr eingeschränkt werden.
Und der BVB hat Verantwortung gegenüber den Spielerinnen, die - trotz der hervorragenden, erste Früchte tragenden Jugendarbeit - nach Dortmund gelockt wurden, hier ihren Lebensmittelpunkt und ihren Studien- oder Arbeitsplatz fanden. Sie haben nicht wie Ikpeba, Amoroso und Co. ihre Schäfchen im Trockenen und können nicht "eben mal" ihre Koffer packen und einen Futtertrog weiterziehen. Dass sie sportlich in dieser Saison nicht überzeugten, ist ein anderes Thema und das Ergebnis vieler Faktoren, vielleicht auch fehlender Klasse. Aber dennoch hoffen alle Fans, dass sie in der ersten Liga eine Zukunft haben. Und zwar in Dortmund. Sie haben die Chance verdient.
08.03.2006 Von Christian Menn