2 Minuten vs. Rot - ist der Unterschied so groß?

  • Hallo! In Handballspielen sehe ich oft Situationen, in deren ich rote Karte gäbe und die Schiedsrichter nur 2 min. Ist der Unterschied zwischen Zeitstrafe und Rot wirklich so groß, ist das so wichtige Entscheidung? Wenn ihr unsicher wäret, was preferiertet ihr?
    Danke!

  • Du wirst doch wohl die Folgen einer Hinausstellung und einer Disqualifikation wissen.

    Ich weiß, aber ich bin nicht sicher, ob der Unterschied in den Folgen wirklich wichtig ist. Ich denke, der Unterschied Hinausstellung vs. Disqualifikation ist wichtig nur in 2 Fällen:
    1. Der Spieler, dem Strafe gegeben wird, ist so wichtig für seine Mannschaft.
    2. Die Mannschaft dieses Spielers hat zu wenige Spieler, die spielen können, und es ist so schlecht, noch einen Spieler zu verlieren.
    In den anderen fällen ist es fast egal. Habe ich recht?

  • Nein. Für die Schiedsrichter hat es egal zu sein, welche Umstände den Spieler für seine Mannschaft trifft. Er hat die Strafe entsprechend den Regeln zu geben, gegen die verstoßen wurde.

  • Nein. Für die Schiedsrichter hat es egal zu sein, welche Umstände den Spieler für seine Mannschaft trifft. Er hat die Strafe entsprechend den Regeln zu geben, gegen die verstoßen wurde.

    Du hast recht, der Schiedsrichter soll nicht denken, wie wichtig der Spieler für seine Mannschaft ist. Es ist vielleict besser, die Frage so zu formulieren: Ist es ein großer Fehler für den Schiedsrichter, 2 Minuten statt Rot oder vice versa zu geben?

  • funkruf....



    hattest du vergessen, wer orlin atanasov ist.........


    ich tippe mal.....das liegt so 6 monate zurück....

  • Ich will nicht auf die Frage in Bezug auf die Regeln eingehen sondern nur kurz einen Einwurf aus meiner persönlichen Praxis bringen. Ich pfeife seid 10 Jahren auf Bezirkseben, d.h. war nie in höheren Gefilden unterwegs. In den 10 Jahren habe ich genau zwei mal blau gegeben. Einmal wegen vorsätzlichem Stoßen und einmal wegen Beleidigung. Rote Karten waren ebenfalls extrem selten. Worauf ich hinaus will: gerade weil dies so selten vorkommt hatte ich ein paar Mal die Situation, dass ich zwei Minuten gegeben hatte, obwohl es nach der Regel klar rot war. Einfach weil es so selten vorkommt. Mein Erklärung, das Gehirn braucht einfach klare Aktionen, um diese abzuspeichern. Wenn man Aktionen sehr selten pfeift ist die Wahrscheinlichkeit am Größten, dass man dann auch falsch entscheidet. Um es noch konkret zu machen. Eine Spielerin zog einer anderen von hinten kurz aber deutlich an den Haaren.
    Das Spiel war schon entschieden und es war kein Spiel, wo sich Emotionen aufgeschaukelt hatten. Normalerweise war das Rot, ich zeigte vorschnell 2 Minuten. Bin mir sicher, dass ich in Zukunft die gleiche Situation richtig pfeifen werde, da die Aktion jetzt "abgespeichert" ist.

  • @alter Sack:
    Interessanter Erklärungsansatz, den ich nachvollziehen kann.


    Gleichzeitig würde ich noch argumentieren, dass sich Schiedsrichter selten für eine Zeitstrafe rechtfertigen müssen, aber eine Disqualifikation fast immer zu Diskussionen führt. Eine Zeitstrafe (sofern sie nicht in den letzten Minuten eines engen Spiels gegeben wurde) ist normalerweise 30 Minuten nach Abpfiff schon kein Thema mehr. Eine Disqualifikation hingegen führt bei den Beteiligten oft zu reichlich Gesprächsbedarf und die Spieler haben die Rote karte oft immer noch in Erinnerung, wenn der Schiedsrichter Wochen oder Monate später wieder ein Spiel derselben Mannschaft pfeift. Abhängig davon auf welchem Niveau ein Schiedsrichter pfeift (und etvl. abhängig von seinen Aufstiegsambitionen) ist die Hinausstellung schlicht die "einfachere" Entschiedung für den Schiedsrichter, weil sie keine ernsthaften Konsequenzen hat - insbesondere in Spielsituationen in denen die Disqualifikation keine glasklare, alternativlose Entscheidung ist.


    Interessant fände ich eine Untersuchung ob Schiedsrichtergespanne, die die Möglichkeit haben sich im Zweifelsfall kurz über eine Spielsituation auszutauschen, häufiger oder seltener zur Roten Karte greifen als Einzelschiedsrichter.
    ?(

  • Diskussionen hatte ich eigentlich bei meinen Rot Entscheidungen so gut wie nie. Allerdings hatte ich bisher in den 12 Jahren in denen ich pfeife nicht ganz so viele Situationen obwohl ich auch das Kreuz noch kenne und angewendet habe.
    Ich lasse mir bei solchen Entscheidungen immer Zeit. Bisher war das auch nie ein Problem da der gefoulte Spieler eh behandelt werden musste. Und während dieser Zeit gehe ich in Gedanken einfach noch einmal die Situation so wie ich sie wahrgenommen habe in Gedanken durch und Entscheide dann.
    Davor hat man dann allerdings meistens schon Minutenlang das Publikum in Rage gebracht weil da alles denkt es kommt keine Bestrafung. Ich kann das ab und insofern finde ich das in Ordnung.

  • Ich kann den meisten Vorredner nur zustimmen. In den letzten Jahren habe ich bis hin zur Landesligaebene gepfiffen. Dabei gehörten rote Karten nicht zur Regelmäßigkeit. Ein paar klare Bewertungskriterien gibt es schon. Wenn beispielsweise ein Torhüter aus seinen Tor herauskommt und dem sich nach dem Ball umdrehenden Gegenstoßspieler foult ist die Sache relativ eindeutig Rot. Wenn ein Gegenstoßspieler in vollem Lauf von hinten gestoßen wird uns so zu Fall kommt, ist das für mich auch Rot. Schwieriger sieht es bei Fouls im Rückraum und auf Außen aus. Hier spielt unter Umständen die Wirkung des Fouls für die Bewertung eine Rolle, auch wenn es das nicht unbedingt sollte. Der Gegenspieler von einem Spieler, der in der Luft von der Seite gestoßen wird, sollte 2 min erhalten. Bleibt der Angreifer länger liegen und ist gar verletzt, ist es nicht ausgeschlossen, dass man dann als Schiedsrichter intuitiv schneller Rot zückt, obwohl auch 2 min regelkonform wären.


    Als Trainer flippe ich aus, wenn bei vielen Fouls ein zu seichter Maßstab angelegt wird. Ich hätte auch wenig Problem damit, wenn meine Spieler*innen entsprechend bestraft würden. Leider habe ich schon erleben müssen, dass eine Gegenspielerin nicht regelkonform bestraft wurde und bei einem wiederholten Foul gleicher Art, eine meiner Spielerinnen schwer verletzt hat, was zu deren Karriereende führte. Eine Absicht war dabei das letzte, was ich der Gegenspielerin unterstellen würde.


    Daher bin ich tendenziell generell dafür, dass eine gewisse Rücksichtslosigkeit besser konsequenter zu bestrafen ist, also gerne auch mal eher Rot als 2 min.


    Insgesamt handelt ein Schiedsrichter nach den visuellen Beispielen, die er für bestimmte Situationen hat. Da reichen die aus den Fortbildungen allein manchmal nicht aus, zumal es quasi vor jeder Saison neuer Schwerpunkte gibt.


    Die Kriterien für Blau sind eigentlich im Regelwerk gut beschrieben und lassen wenig Interpretation zu. Hier ist es oft der Mut der Schiedsrichter, der fehlt, davon auch vernünftig Gebrauch zu machen.

  • Mir gefällt die Entwicklung im Profihandball in den letzten Jahren zu diesem Thema nicht.


    M.E. wird bei der Entscheidung, ob 2 Minuten oder Rot, viel zu oft miteinbezogen, ob der gefoulte Spieler liegen bleibt oder nicht.
    Das steht so nicht in den Regeln und kann vor allem auch nicht Sinn der Regeln sein.
    Die Spieler wissen das ja mittlerweile auch, dass bei Stößen in der Luft, Griffen in den Wurfarm, Gesichtstreffern und Außenaktionen ein wesentliches Kriterium
    für die Bestrafung ist, ob der Spieler sofort wieder aufsteht oder nicht.


    Ich glaube, dass wir das bei diesem Turnier gehäuft sehen werden - und der Videobeweis das sogar noch verstärkt, weil oft das Liegenbleiben eines Spielers als Anlass für die Schiedsrichter genommen wird, zum Bildschirm zu gehen.


    Regeln und Anweisungen haben immer gesagt, dass bei der Entscheidung, ob Disqualifikation ohne oder mit Bericht die Verletzungsfolge eine Rolle spielt!
    Da hat der Gefoulte keinen Grund, liegen zu bleiben, weil es für dieses Spiel keine Rolle spielt, ob der Abwehrspieler danach gesperrt wird oder nicht.
    Wenn das aber in die Entscheidung, ob man überhaupt eine Disqualifikation ausspricht, so stark miteinbezogen wird wie in den letzten paar Jahren, haben gefoulte Spieler sehr wohl einen Grund, eher mal liegen zu bleiben.


    Ich hoffe, dass sich IHF, EHF und die nationalen Verbände da noch mal zusammensetzen und sich darauf einigen, wieder die Gesundheitsgefährdung des Fouls (da gibt's ja klare Kriterien für, wie das Fallen auf Rücken oder Gesäß nach Stoß in der Luft, Zurückreißen des Wurfarmes usw.) als entscheidendes Kriterium anzuwenden und nicht die Frage, wann der gefoulte Spieler aufsteht.

    Einmal editiert, zuletzt von Rheiner ()

  • Gestern bei Frankreich - Norwegen wurde Kentin Mahé zwischenzeitlich ermahnt, weil er in einem Zweikampf doch all zu theatralisch anzeigen wollte, gefoult worden zu sein.


    Ich war als Schiedsrichter auch schon kurz davor, der quasi bei jedem Zweikampf geschriehen hat, mal 2 min Pause zu geben. Nach der Ermahnung war er komischer Weise ruhig.


    Schlussendlich müssen die Schiedsrichter gut geschult werden und auch bei unpopulären Entscheidungen die notwendige Rückendeckung erhalten, vorrangig vom Verband, aber auch von Trainern und Spielern, dass man ein bestimmtes Verhalten auf dem Feld ablehnt. Dann hat sich das Thema ganz schnell reagiert und es gibt nicht, wie teilweise in anderen Sportarten üblich, den Superstar-Bonus.

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