Kleine Weisheiten für die Trainerbank

  • Parallel zum Tagebuch (ja, wird noch fortgeführt) öffne ich mal den Thread für Trainerfüchse, die ihren Erfahrungsschatz mit uns teilen möchten. Mit über dreißig Jahren Erfahrung im Kinderhandball findet sich sicher das ein oder andere Thema, das ich mal anschneiden kann. Und ich hoffe, ich finde Nachahmer.


    Was tun, wenn der Gegner hoffnungslos unterlegen ist?
    Natürlich kenne ich beide Perspektiven. Mein erstes Spiel als Mädchentrainer in der C-Jugend ging 0:22 aus. In der D-Jugend habe ich aber auch schon 40:1 gewonnen (und mir alle Mühe gegeben, das Ergebnis moderat zu halten, s.u.). In der C-Jugend gab es in der Quali zur höchsten Liga auch mal ein 62:12. Da gab es mal keine Nachsicht. Die wollten mit den großen Fischen schwimmen, sie durften mal mit den großen Fischen schwimmen. Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen. Torrekord anstreben, "ganz normal" spielen, freiwillige Unterzahl, taktische Selbstbeschränkungen aus Mitleid, taktische Selbstbeschränkung aus sportlichen Motiven.


    Die mit Abstand traurigste Variante habe ich mehrfach auf Verliererseite erlebt. Der Gegner führt haushoch, die Starspielerin (gerne mal die Trainertochter) spielt durch und darf bomben, bis der Arzt kommt, die Anfängerinnen bekommen nur moderate Spielzeit. Will mir bis heute nicht in den Kopf, was sich ein Trainer dabei denkt. Zum 40:1 oben. Nach etwa fünf Minuten nehme ich eine Feldspielerin vom Feld und spiele 5:6. Nach ein paar weiteren Angriffen spielen wir 4:6. Die Hälfte der ersten und die gesamte zweite Halbzeit spielen wir durchgängig 3:6 (wir konnten frei melden und hatten in der höchsten Liga gemeldet). Eine Zeitlang habe ich diese Variante propagiert, weil ich sie für einzig richtig hielt. "Ja... Du hast Recht. Wenn wir hoch führen, nehme ich nun auch einen Spieler vom Platz." "Du hast nichts verstanden!"


    Ich habe auch schon von der Tribüne einmal ein freiwilliges 3:6 einer männlichen D sehen dürfen. Die drei Feldspieler mussten richtig arbeiten, der Trainer hatte so aus dem Spiel noch einen Nährwert geholt. Weil der Gegner schwach aber keine Anfängermannschaft war. Wir dagegen erlebten folgenden Effekt. Unsere Abwehr hatte nun riesige Lücken, der Gegner kam immer häufiger zum Torwürfchen, meine Torhüterin fing und wir erhöhten mit jeder Feldspielerin weniger unsere Gegenstoßfrequenz. Als nächstes Prellverbot. Torhüterin hält, spielt den Gegenstoßpass in die Mitte, Lotti macht 3 Schritte, will prellen, erinnert sich an das Verbot, springt ab, wirft aus 18m auf das Tor... trifft. Manche Schlachten kannst Du einfach nicht gewinnen. Das 40:1 wäre bei 6:6 nie zustande gekommen, denn so häufig, wie die unfreiwilligen Pässe auf unser Tor kamen, hätten wir gar nicht den Ball klauen können. Seither habe ich nie wieder freiwillig in Unterzahl gespielt, zumal viele Trainer einer Überzahldeckung keine Zuordnung geben (können) und man ihnen einen Bärendienst erweist. Hinzu kommen die albernen Arroganzvorwürfe. Aus sportlichen Gesichtspunkten vielleicht noch mal ja, niemals aber aus "Fairness". (Allerdings habe ich den Verdacht, dass mir die Verbände in ihrem Regulierungswahn längst in irgendwelchen Richtlinien eine freiwillige Unterzahl verboten haben, da ich so das Gebot der offensiven Deckung umgehen könnte.)


    Taktische Aufgaben verteilen, um den Spielfluss zu drosseln und den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen. Meinetwegen. Endet aber schnell in der Veralberung des Gegners. Wir hatten jüngst mit der wD wieder das Dilemma, nach der großen Zwangspause hatte sich ein Gegner in die höchste Liga verirrt. Das Kistentor liegt bei uns bei 30, ich habe eine weitere Kiste (Bionade) ausgelobt, wenn alle Feldspielerinnen in beiden Halbzeiten je ein Tor werfen. Mit zwei E-Jugendlichen an Bord der D-Jugend ist das schon mal eine Aufgabe. Das Spiel endete moderat 29:12, die Challenge hielt die Mädels bei Laune (knapp verloren) und der Gegner wurde weder verkaspert noch gedemütigt.

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  • Ne in Unterzahl bei haushoher Überlegenheit zu spielen, kann halt als Verhöhnung des Gegners ausgelegt werden, das würde ich nicht tun. Was wir gemacht haben ist, die besten Spieler länger auf der Bank zu lassen und den schwächeren Spielern mehr Spielzeit geben. Ziel vorgeben, dass alle Feldspieler ein Tor erzielen sollten finde ich gut. Positionswechsel finde ich im Rahmen jetzt nicht unbedingt eine Veralberung des Gegners. Warum soll mein KM nicht mal auf Mitte spielen oder der Shooter auf Rechtsaußen?

  • Oh wie schön, hier kann ich auch mal kurze Beiträge schreiben. So... wie spiele ich denn Überzahldeckung, Herr Klugscheißer?


    Überzahldeckung bis einschließlich C-Jugend
    (Sicher auch darüber hinaus, aber da ist die mentale Umstellung größer.) Gerade gestern in der wC Kreisklasse von der Tribüne aus wieder beobachtet, nur dass es auf dem Niveau null Konsequenzen hatte. Die Heimmannschaft erhält eine Zeitstrafe, die Gastmannschaft ist in Überzahl und eine Abwehrspielerin hat weder Gegenspielerin noch Aufgabe, außer eben auf ihrer Position rumzustehen. Die schaute zwar dumm aus der Wäsche, richtete aber in ihrer passiven, verschiebenden 1:5 Deckung keinerlei Schaden an.


    Der taktisch etwas besser gerüstete Gegner behält den Kreis bei, um HM zu beschäftigen, und greift die Deckung über die Spielerin an, die gerade keine Aufgabe hat. Die Dame weiß ja nur aufgrund ihrer eigenen Beobachtung (meine Gegenspielerin ist weg), dass sie keine Aufgabe hat. Was sie konkret zu tun hat, hat ihr niemand gesagt. Greifen die Ballführerinnen nun vermehrt die Lücke der arbeitslosen Dame an, entstehen Zweifel der Zuständigkeit. Die Nachbarin verlässt sich auf die Arbeitslose, die wiederum hat sich damit abgefunden, kurzfristig beschäftigungslos zu sein, plötzlich haben schon zwei Abwehrspielerinnen Zweifel... 2 Minuten der Freude für den Angriff.


    3:2 Angriff: Zieht der Gegner die Kreisläuferin bei Unterzahl ab, ist die Lösung einfach. Eine Spielerin funktioniere ich zum Libero um. "Du bleibst auf Ballhöhe, "spiegelst" den Ball und spielst Feuerwehr. Überall, wo es brennt, bist Du zur Stelle." Der Rest kann gerne in der offensiven Raumdeckungsformation bleiben, aber warum sich den Spaß der Manndeckung hier vorenthalten? Noch einfacher in der 3:2:1, denn es ändert sich prinzipiell... nichts. Die Halben und VM können ggf. etwas mutiger die Passwege bedrohen.


    2:3 Angriff: Der Gegner gibt RM auf. In der Regelbewegung der 3:2:1 Deckung ändert sich... Ihr wisst schon. VM kann verschieben, muss nicht gegen Harvey raustreten, könnte aber den Pass zwischen RL/RR erschweren. Aber warum nun nicht auf Spaßhandball (Manndeckung) umstellen? Bei 1:5 oder Manndeckung kann ich den Libero beibehalten, der dann das Hindernis KM/HM jedes Mal umlaufen müsste. Machbar. Oder zwei zurückgezogene Spieler wechseln sich ab mit Manndeckung KM/Libero und klatschen quasi am Kreis ab. Nur muss dann der Manndecker jedes mal die zwei Schritte um den KM rum, um den Laufweg Richtung Ball zu verstellen.


    3:2 Angriff ohne LA oder RA: Würde ich wie oben beim 2:3 Angriff lösen. Der Halbe mit der großen Lücke nach Außen muss dann dort alles geben und RL oder RR bei Durchbruchversuch über außen nach weit außen rausschieben.


    Und demnächst in diesem Kino: Spaßhandball trotz Unterzahlabwehr - zu fünft und die offensive Deckung trotzdem beibehalten. Muss ich nur erst noch in der Praxis erproben. :lol:

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  • Und wo wir gerade bei Sondersituationen sind.


    Wie geht in E und D-Jugend Überzahlangriff?
    In Niedersachsen, möglicherweise aber bundesweit, gibt es jedenfalls keine regeltechnische Überzahl unterhalb der C-Jugend. Bei Hinausstellungen darf aufgefüllt werden. Sie kann theoretisch nur dann entstehen, wenn der Gegner trotz Personalmangels dennoch antritt und von Beginn an eine Spielerin fehlt oder sich in der Mannschaft ohne Auswechselspielerin wer im Laufe des Spiels verletzt bzw. in dieser Situation eine Hinausstellung kassiert. Viele Trainer tun sich schwer, wenn der Gegner nun - ausnahmsweise erlaubt - defensiv deckt. Wie spiele ich diese Überzahl aus?


    Weiß ich nicht. Ist in dreißig Jahren noch nie vorgekommen, wird auch nie vorkommen. Wenn ich bei einem Kinderspiel die Personallage des Gegners ausnutze, verliere ich immer - auf die eine oder andere Weise.

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  • Nun mal was mehr für das Training, weniger für das Coaching. Ich gucke herzlich wenig Spiele im männlichen Bereich und hoffe wirklich inständig, dass es dort besser läuft. Was ich im weiblichen Bereich, ich beschränke es mal auf die D-Jugend, in der individuellen Abwehr erlebe, ist kaum in Worte zu fassen. Einige Beispiele:


    - Grundprinzip taktisches Foul
    Wir spielen auf einem leistungsorientierten Einladungsturnier in Berlin. Die Teilnehmer sind handverlesen. Der Gastgeber hat ein gutes Standing im weiblichen Jugendbereich. Die Erstvertretung des Gastgebers hat, wie irgendwie jedes Mal, eine bärenstarke Mannschaft. Gewinnt das Turnier souverän. Ich habe schon beim Auftaktspiel des Turniers zwischen D I und D II DAS KOTZEN GEKRIEGT, weil Berlin I ohne Sinn und Verstand geklammert hat. Im Turnier wurden die Verbandsregeln übernommen, erste Halbzeit Manndeckung, zweite Halbzeit war offensive Raumdeckung möglich. Der Unterschied? Der Ort der taktischen Fouls. Die Gastgeber klammerten in der ersten Halbzeit am gegnerischen Neuner, in der zweiten Halbzeit am eigenen Neuner. :wall: Nicht um die erste Welle zu verhindern sondern aus Prinzip. Wir hatten unser letztes Spiel gegen die Mannschaft, haben verdient deutlich verloren. Ich habe quasi UM EINE DISQUALIFIKATION GEBETTELT, weil ich unhöflich aber bestimmt um Progression gebeten habe. Ich bekam meine rote Karte nicht, dafür bekamen wir: Freiwurffreiwurffreiwurffreiwurf.... :kotzen:


    Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich verdamme keine taktischen Fouls und fordere sie im Gegenteil bereits im Training, z.B. in Unterzahlsituationen oder kurz vor dem erfolgreichen Durchbruch im Neuner. Aber das Verhältnis ist bei mir etwa 95:5 im Sinne der regelkonformen ballorientierten Deckung. Nicht andersherum. Und ich versichere, man kann sehr erfolgreich extrem offensiv, ballorientiert und regelkonform verteidigen! Aktuell spielen wir mit einer halben D-Jugend in der C-Jugend Landesliga (zweithöchste Liga unter Oberliga Niedersachsen) recht erfolgreich (übergangsweise, nicht aus Starrsinn) eine Halbfeldmanndeckung. Unsere Abwehrstatistik in der Tabelle ist völlig unauffällig und keineswegs wie "wilde Sau" mit erfolgreichstem Angriff und schlechtester Abwehr.


    - In der Handballprovinz ähnlich
    Den Berliner Mädchen war das "Prinzip taktisches Foul" bereits in Fleisch und Blut übergegangen. In Hannover ist man in der Altersklasse noch nicht so weit. Zwei Trainerinnen unterschiedlicher Vereine durfte ich diese Saison schon fassungslos von der Tribüne bewundern: "Festmachenfestmachenfestmachenfestmachenfestmachenfestmachen!" :pillepalle: Das Interessante daran, die eine Trainerin könnte es zum einen als Schiedsrichterin besser wissen (ich habe keinen Schierischein mehr, würde so einen Unfug aber progressiv bestrafen - nicht nur das Geklammere, auch die Aufforderung zum Foul), zum anderen aus der Praxis. Genau eine Woche vorher hatte sie auf einem Turnier mit ihrer Mannschaft 0:17 gegen meine Mädchen verloren. Und wir haben ohne eine einzige Ansage "Festmachen!" nicht nur ganz anständig gedeckt, ich kann mich auch an keine gelben Karten geschweige denn Zeitstrafen erinnern. Die andere Trainerin hat dieselbe Erfahrung in der Punktspielrunde noch vor sich...


    - In der Leistungsförderung
    Freitagabend, Auswahltraining älterer D-Jugend Jahrgang, Trainingsinhalt individuelle Abwehr. 8o Die beiden Auswahltrainer betreiben keine Talentförderung, sie geben Nachhilfeunterricht. Die Elite Hannovers bekommt Förderunterricht in Basics. Die Mädchen von 80% der Vereine gucken wie Autos, wenn man ihnen Abwehr erklärt. Da wird teils mit schräg nach unten zeigenden Armen verteidigt, in den Zweikampf gegangen. Nicht nur symbolisch erinnert das an das "Peace Zeichen". Da kleben die Schuhsohlen am Hallenboden, wo ich im Training mit Anfängerinnen höflich frage: "Bist Du ein Baum? Möchtest Du mal ein Baum werden?" Orientierung am Wurfarm? Kontakt gegen beide Schultern oder Schulter/Hüfte? Eine einsame Träne läuft mir die Wange herunter.


    Genug gemeckert.


    Wie führe ich in das individuelle Abwehrtraining ein?
    Der Anfang ist gar nicht so schwer. Wir Juristen wissen nicht alles, aber wir wissen, wo wir nachschlagen müssen.


    IHF Regel 8:1 b)
    Es ist erlaubt, mit angewinkelten Armen Körperkontakt zum Gegenspieler aufzunehmen, ihn auf diese Weise zu kontrollieren und zu begleiten.

    Das sind so viele wichtige und nützliche Informationen in einem Satz.


    - "Körperkontakt mit angewinkelten Armen"
    Arme schräg nach unten und den Weg versperren, was zum Scheitern verurteilt ist, muss also gar nicht sein. Ich darf den Gegner auch anfassen. Schubsen mit ausgestreckten Armen geht nicht und wo zum Teufel steht dieses Festmachen/Klammern, das die Trotteltrainer ständig fordern?


    - "kontrollieren"
    Hier wird es richtig spannend. "Kontrollieren" bedeutet auch, Druck ausüben und vor allem, meinen Willen/meine Richtung aufzwingen. (Ich nenne es im Abwehrtraining "tanzen", bzw. "führen". Die Abwehrspielerin ist der Herr und "führt".)


    - "begleiten"
    Jegliche Betätigung als Baum scheidet aus. Sogar die Regeln verlangen Beinarbeit.


    Fortsetzung folgt

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  • Fortsetzung


    Für das individuelle Abwehrtraining brauche ich ein Angriffsziel, das verteidigt werden muss. Bei mir kommen ausschließlich Turnmatte, Hütchentor oder die Hütchen selbst zur Anwendung. Das Training ordne ich entweder als Rundparcours oder sternförmig an. Beim Parcours durchlaufen die Angreiferinnen kreisförmig den Parcours, müssen die Abwehrspielerinnen überwinden und dann weiter ziehen. Hier dauert ein Zweikampf, wie lange er eben dauert. Prellexzesse unterbinde ich. Bei sternförmiger Anordnung sind die Angreiferinnen in einer Gruppe in der Mitte des Sterns, die Abwehrspielerinnen in gleicher Anzahl außen vor ihren Zielen. Je nach Schwierigkeitsgrad zähle ich von 5, 6 oder 7 runter, die Angreiferinnen starten in ihren Zweikampf, der nach wenigen Sekunden vorbei ist, die Angreiferinnen ziehen sich in die Mitte zurück und rotieren eine Abwehrspielerin weiter. Hier lässt sich eine hohe Belastung erreichen. Und die Abwehrspielerinnen haben es stets mit unterschiedlich schweren Aufgaben zu tun.


    Die Abwehrspielerin hat „leichten“ Bodenkontakt, die Füße berühren nur mit dem Ballen den Boden. Sobald der Ball ins Spiel kommt, nimmt sie Schrittstellung ein, der Wurfarmseite zugewandt. Der Körperkontakt wird aktiv aufgenommen, nach einem Stoppschritt (wie Stemmschritt), kurz vor dem Kontakt. Läuft die Abwehrspielerin blindlings entgegen, läuft sie in die Falle/Täuschung rein. Mit angewinkelten Armen Doppelkontakt Schulter/Schulter (Einführung), später Wurfarmschulter oder Wurfoberarm/Hüfte. Die Kontakte auf gleicher Höhe sind erst einmal einfacher, später kommt die gegengleiche Kontaktaufnahme (Danke für den Begriff Dieter T.!) Schulter/Hüfte, wo ich noch mehr Kraftkontrolle ausüben kann.


    Nach dem Kontakt kommt der wichtigste Teil, bei mir „Tanzen“ genannt. Die Abwehrspielerin übernimmt die Führung (die Rollen sind nun klar verteilt, der "Herr" führt halt) und gibt der Angreiferin die Richtung vor. Es übernehmen die Beine (kleine energische Schritte) und führen (Regelwerk: „kontrollieren und begleiten“) die Gegenspielerin entweder rückwärts oder seitwärts am Angriffsziel vorbei (im Spiel nach außen in eine schlechtere Wurfposition oder ggf. nach innen in die Nachbarin hinein). Die Füße bleiben unter den Händen, keine „Brücke“ schlagen und das Gleichgewicht in die Gegenspielerin hineinverlagern. Bei einer schnellen Drehung ist die Gegnerin weg und die Abwehrspielerin verliert das Gleichgewicht. Irgendwann sind die drei Schritte der Gegnerin verbraucht. (Und hier frage ich mich ernsthaft, wenn „kontrollieren und begleiten“ erlaubt ist: WARUM gibt es dann immer Freiwurf für den Angriff?!)



    Vom Einfachen zum Komplexen, vom Leichten zum Schweren:


    Bei allen Übungen soll die Angreiferin an der Abwehrspielerin vorbei, nicht durch sie durch. Keine Schiebewettkämpfe! Rückwärtsgang finden, einlegen, aus dem Zweikampf lösen, dann wieder Richtung Ziel. Abwehrspielerin soll „tanzen“, die Gegenspielerin rausschieben, nicht klammern, halten, würgen…


    1.) Angreiferin ohne Ball


    - Angreiferin läuft rückwärts auf die Matte/durch das Hütchentor
    Einfachste Aufgabe für die Abwehr. Bei der Kontaktaufnahme sind keine Arme im Weg, das Rausschieben ist einfach. Die Angreiferin will eh lieber vorwärts als rückwärts. Besonderheit: Die Angreiferin macht einen Buckel, geht mit dem Hintern voran. Kommando „Hoch/tief!“. Hände weg von den Schultern auf die Wirbelsäule und eben hoch/tief. Unten mehr drücken als oben, energisch rausschieben. Ganz praxisfern ist das nicht, Wühlerinnen mit dem Rücken zum Tor gibt es durchaus, davon abgesehen kann das gegen KM passieren, wenn Abwehrspielerin ausnahmsweise mal hinter dem Kreis steht.


    - Angreiferin soll eines von zwei Hütchen berühren (zeitlich begrenzt)
    Sehr intensiv, zunächst mit linker oder rechter Hand, später nur mit der Wurfhand. Es drohen schnelle Richtungswechsel, die Abwehrspielerin kann nun auch mal nur ganz kurze Kontakte aufnehmen und sich neu ausrichten. Je dichter die Angreiferin am Ziel ist (sie braucht ja nur den Arm auszustrecken), desto intensiver das „Raustanzen“. Kommt die Angreiferin dem Ziel nahe (später in den Neuner), dann ist „Roter Alarm“ und nun ist Schluss mit lustig! Darf die Angreiferin nur mit dem Wurfarm punkten, konzentriert sich die Abwehrspielerin nun auf die Wurfarmseite. Kleiner methodischer Bruch, denn dies stellt eine Erleichterung dar. Dafür kommt aber eine Beobachtungs-/Konzentrationsaufgabe hinzu.


    - Angreiferin durchläuft Ziel oder erobert Matte
    Noch praxisnäher, der Durchbruch muss verhindert werden. Hat die Abwehrspielerin den Kraftvorteil, geht es für sie vorwärts, anderenfalls schräg seitlich und an Matte/Hütchentor vorbei.




    Fortsetzung folgt

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  • Was ist der methodisch nächste Schritt vom Leichten zum Schweren? Zweikampf aus der Positionsspielsituation heraus oder gegen prellende Ballführerin? Da beim Prellen zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Ballkontrolle verwendet wird und der Ball ständig in Gefahr ist, dürfte hier der Schwierigkeitsgrad für den Angriff höher und für die Abwehr niedriger sein.


    2.) Angreiferin prellt
    - rückwärts
    Wir starten einfach, s.o., Körperkontakt an beide Schultern, raustanzen und auf eine „Öffnung“, eine Chance auf den Ballgewinn lauern. Dann mit einer Hand lösen und um die Gegnerin herum/an ihr vorbei den Ball angreifen. Hier kann auch ein wenig mit dem Gleichgewicht der Angreiferin gespielt werden. Druck, Gegendruck, Loslassen, Gleichgewichtsproblem, Ball weg. Kommt der Buckel: "Hoch/tief!"


    Bei der rückwärts angreifenden Ballführerin liegt die Priorität aber beim Rausschieben! Die Angreiferin will ja gar nichts wirklich rückwärts Richtung Tor, sondern führt Böses im Schilde. Wenn die Abwehrspielerin passiv bleibt, wird die überraschende Drehung kommen.


    - vorwärts
    Angreiferin soll prellend den Durchbruch schaffen. Hier unterscheide ich das Abwehrziel nach E- und D-Jugend. E-Jugendliche können eher direkt den Ball angreifen, da die Gegenspielerin noch nicht so ballsicher ist. Dasselbe gilt natürlich bei Anfängerinnen in der D. Ansonsten muss erst die Gegenspielerin verlangsamt und verunsichert werden, erst dann kümmere ich mich um den Ball. Die ballferne Hand wenn möglich zur Prellschulter, Druck ausüben und mit der anderen Hand den Ball angreifen. Schirmt die Angreiferin den Ball mit ihrem Köper ab, Kontakt zur Nichtprellschulter aufnehmen und Druck aufbauen. Droht der Durchbruch ohne Chance auf Ballgewinn, mit der zweiten Hand auf den angelegen Oberarm oder Ellenbogen, Ballführerin seitlich in eine schlechtere Wurfposition/zur Nachbarin rausschieben.


    3.) Angreiferin mit max. einmal tippen
    Entweder Pass-/Rückpass mit seitlicher Anspielerin (nicht hinter der Abwehrspielerin!) oder Ball checken mit Abwehrspielerin. Die darf dem Rückpass nicht sofort hinterhersprinten, die Angreiferin soll erst Ballkontrolle haben. Stoppschritt, Körperkontakt, Beinarbeit. Ausrichtung an der Wurfarmseite (Schrägstellung).


    4.) Korrekturen
    Das Training ist natürlich nichts wert, wenn ich nicht ständig korrigiere. Als Anhänger der sokratischen Methode heißt es bei mir im Training dann immer: "Was ist schief gelaufen?"


    - Zögerliche Kontaktaufnahme/keine einsetzende Beinarbeit
    Du hast gezögert! Weg war sie!“ oder „Wenn Du nur gegendrückst und nicht mit ihr tanzt, macht sie sich einen Plan, um an Dir vorbei zu kommen. Beschäftige sie, tanz mit ihr, verhindere den Plan!


    - Angreiferin dreht sich
    Kommt häufig vor. Hält die Abwehrspielerin fest, entsteht ein Würgegriff. Sieht für den Schieri immer doof aus. Kurz loslassen, bei 180° von hinten übernehmen, noch doller schieben. Geht die Drehung weiter, wieder loslassen, von vorn übernehmen.


    - Abwehrspielerin kommt fast zu spät
    Klassische Situation auf Halb später in der 3:2:1 Deckung, die Abwehrspielerin kommt von der Seite. Bei den Zwergen schon die Lösung eintrichtern. Instinktiv läuft die Abwehrspielerin meist in den Laufweg und damit in die Falle. Die Angreiferin stoppt, wechselt die Gegenrichtung zur Laufrichtung der Deckungsspielerin, die läuft dann immer ins Leere. Sprichwörtlich eine große rote Zielscheibe auf die abwehrnahe Schulter der Angreiferin malen und diese als Ziel ausgeben. Nicht in den Laufweg, sondern sofort auf den Körper.


    - Bei seitlicher Anspielerin
    Wir haben Beine und Arme trainiert, nun kommt der Kopf dazu. Schrägstellung zum Ball, den Passweg bedrohen, nicht Gegenspielerin „spiegeln“. „Brust zum Ball!“


    - Abwehrspielerin lässt sich rauslocken/wird überlaufen
    Entweder startet die Abwehrspielerin bereits zu weit vor dem Ziel oder sie lässt sich locken, wenn sich die Angreiferin zurückzieht. Oder sie wird mit/ohne Ball überlaufen. Hier ein Gefühl für den Tiefenraum vermitteln, einmal zum Angriffsziel (Hütchentor, Matte, Torwurfzone), zum anderen zur Gegenspielerin. Je dichter ich am Angriffsziel stehe, desto weniger Zeit habe ich zu reagieren, je weiter weg, desto einfacher werde ich überlaufen. Je dichter ich an der Gegenspielerin stehe, wenn sie den Ball bekommt, desto eher werde ich überlaufen. Immer etwa zwei Armlängen Sicherheitsabstand wahren!


    Wo sich die Spreu vom Weizen trennt, ist die Verteidigung der Gegenspielerin ohne Ball. Abwehrspielerin steht in Querstellung zum Ball mit Beobachtungsaufgabe Ball und Füße der Gegenspielerin. Einerseits den Passweg bedrohen, andererseits sofort den Zweikampf suchen, wenn die Gegenspielern zum Überlaufen ansetzt. Auch die Gegenspielerin ohne Ball darf nicht vorbei, später wird so die Einläuferin angenommen.


    Ganz wichtig in der offensiven Deckungsform: Immer Ball und Gegenspielerin im Blickfeld haben, hin und her gucken reicht nicht aus! Wenn sich die Gegenspielerin aus dem Gesichtsfeld schleicht, droht das Überlaufenwerden. Die Position nach hinten anpassen, so dass wieder beide Beobachtungsaufgaben gleichzeitig erfüllt werden können.


    - Einsatz ausgestreckter Arme
    Die Angreiferin fliegt durch die Luft. Hinausstellung. „Schieben, nicht schubsen!“. Die Arm dürfen bei Kontaktaufnahme ausgestreckt sein, müssen dann aber die Kraft puffern. Und vor allem ist der Zweikampf Sache der Beine, die nun zu arbeiten beginnen, nicht der Arme.


    - Intensität der Zweikämpfe lässt zu wünschen übrig


    Die Übungen werden nur halbherzig ausgeführt. Den Mädels klarmachen, dass es unterschiedliche Tänze gibt. Klassisch, lateinamerikanisch... und eben handballangemessen. Auf YouTube Stichworte "Wacken", "Exodus" und "Wall of Death" eingeben, vorführen... und in der Übung dann immer :schrei: "WAAAAALLLLL OF DEAAAAATH!" brüllen, wenn es mal wieder zu luschig wird. :head:


    Ende

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  • Eigentlich ist ja die 3:2:1 mein Steckenpferd. Aber wenn ich diese Saison sehe, wie erfolgreich wir mit einer halben D-Jugend in der zweithöchsten Liga der C-Jugend mit einer Halbfeldmanndeckung verteidigen... Keine "wilde Sau", sondern eine ernsthafte erfolgreiche Abwehr. Sollte ich noch mal in der Oberliga C-Jugend aktiv werden, würde ich wahrscheinlich - noch einmal - die Gegner, meine Mädels, die Eltern und vor allem die Landesauswahltrainer auf die Palme bringen und immer wieder die Manndeckung einstreuen.


    Ich habe früher den Umbruch von Mann- auf Raumdeckung immer dann vollziehen wollen, wenn ich meine Mädels im 1:1 für reif gehalten habe. Dafür braucht es aber ein gewisses Standing als Trainer. Wenn alle anderen Mannschaften längst 1:5 spielen, man selbst aber an der Manndeckung gegen den Mainstream festhält... lange bin ich eingeknickt und habe umgeschaltet, auch wenn ich noch gar nicht vom richtigen Zeitpunkt überzeugt war.


    Niedersachsenmeisterschaft 15/16 weibliche C-Jugend: Dreikampf um den Titel bei sechs Mannschaften. Gegen den späteren Meister Oldenburg verlieren wir JEDEN EINZELNEN ZWEIKAMPF auf den Halbpositionen. Zur Halbzeit liegen wir mit sieben Toren hinten, in der zweiten Halbzeit stellen wir auf Halbfeldmanndeckung um, kämpfen uns auf zwei Tore ran. Die Landesauswahltrainer auf der Tribüne kotzen Augenzeugenberichten zu Folge im Strahl. "Wie können die in der C eine Kinderdeckung spielen!?" Die Kraft reicht nicht, wir verlieren mit vier Toren, werden insgesamt Dritter.


    Saison 16/17: Meine C ist noch stärker als im Vorjahr. Als gebranntes Kind bestehe ich darauf, dass wir in Vorbereitungsturnieren und bis tief in die Saison Halbfeldmanndeckung spielen. Ich zwinge die Mädels in maximal viele Zweikämpfe. Bei der Landesauswahl sind sie am kotzen. Krisengipfel zwischen Auswahltrainer und Verein. Ich verteidige mein Vorgehen, verspreche aber, nach den Herbstferien 3:2:1 zu spielen. Im November nehme ich eine Auszeit bis Saisonende. Die Mädels gewinnen überlegen die Niedersachsenmeisterschaft. Die Gegner haben zwar fast alle eine Maschine im Rückraum. Es gibt aber keine einzige Rückraumspielerin, die der Mannschaft im 1:1 ernsthafte Probleme bereitet.


    Dennoch verzweifeln viele Trainer schon in der D oder gar E an der Manndeckung und suchen alsbald ihr Heil in der Raumdeckung und gerne in der verbotenen Fleischmauer. Im Kollektiv wird dann versucht zu kompensieren (VERTUSCHEN), was im 1:1 nicht gelernt wurde. Je offensiver die Deckung (auch höher als D-Jugend) erfolgreich spielen soll, desto besser muss die individuelle Ausbildung sein. Siehe oben zum individuellen Abwehrtraining. Das Training ist eine Sache, wenn es im Spiel dann aber doch nicht klappt...


    Wie coache ich eine (Halbfeld-)Manndeckung?


    - Gegner lullt die Abwehr ein, ist dann mit Einzelaktionen erfolgreich
    Ich habe meine Hausaufgaben (fast) gemacht, die Manndeckung verhindert den Torwurf und der durch die Manndeckung eingeschüchterte Gegner spielt in Altherrenhandballmanier. "Passives Spiel" ist mal wieder über Nacht abgeschafft worden. Und irgendwann ist eine Abwehrspielerin eingeschlafen oder die bullige Rückraumspielerin klemmt den Ball unter den Arm, nimmt den Kopf runter, stürmt in die Deckung rein, schiebt die Abwehr in den Sechser und aufgrund einer neuen, über Nacht eingeführten Regel, gibt es 7m. Alles Geschrei von der Bank: "Passiiiiiiiiiv!", hilft nichts.


    Dann habe ich meine Hausaufgaben nur zur Hälfte gemacht. Deckung soll Tore verhindern UND den Ball erobern. Konzentriere ich mich nur auf eine von beiden Aufgaben, verliere ich auch gegen deutlich schwächere Mannschaften, weil sie den Trainer, der offensiv deckt, und später seine Mannschaft in den Wahnsinn treiben. Ich habe mal gegen eine Mannschaft gespielt, die gezielt Altherrenhandball bis zu Exzess spielte. Zum Glück hatte ich sie vorher beobachtet gehabt, bin aus unserer 3:2:1 bei Ballbesitz außen auf halb in die Pressdeckung gegangen und habe so deren Schlafwagenhandball komplett zerstört. Ab Minuten fünf keifte die gegnerische Trainerin, die ihre Felle davonschwimmen sah, 30 Minuten lang: "Verbotene Einzelmanndeckung!", bis die Schieris mir Gelb zeigten. Warum... konnte mir der Schieri nicht erklären.


    Hilfloses Ballgeschubse des Angriffs vor der gut laufenden Manndeckung? Alle ballfernen Abwehrspielerinnen in die Querstellung, kurze Passwege erschweren oder zustellen, lange Pässe abfangen und Ballfallen auf Außen aufbauen (s.o.). Der Gegner war eben noch hilflos. Er wird es auch gegen eine ballhungrige Mannschaft sein. Keine Scheu die Räume ein wenig zu öffnen.


    - Ballferne Spielerin ist ballhungrig, attackiert die Pässe, wird aber stets erfolgreich hinterlaufen
    Häufig zu sehe, die Abwehrspielerin hat den richtigen Gedanken, springt entweder am Pass vorbei oder wird vorher schon hinterlaufen. Stellungsspiel! Wenn sich auf einer Abwehrposition diese Gelegenheit für den Ballklau ergibt, schiebt die Abwehrspielerin nicht Richtung Ballführerin die Lücke zu (ein Schritt Richtung Raumdeckung), sondern "spiegelt" ihre Gegenspielerin. Querstellung zum Ball, äußere Hand raus Richtung Passweg und ein Auge auf die Ballführerin, das andere Auge auf die Füße der Gegenspielerin. Wenn die zum Hinterlaufen ansetzt, noch ein, zwei Schritte weg von der Ballführerin und im Laufweg bleiben.


    Testzentrum ruft, bis bald!


    Fortsetzung folgt

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  • - Abwehr ist anfällig für "give and go" (Pass/Rückpass)
    Quasi der Härtetest für die Manndeckung. Ballführerin passt, überläuft ihre Gegenspielerin und erhält hinter ihr den Rückpass. Wenn der Gegner dieses Mittel gefunden hat, dann brennt's meistens. So hat mal beim Junior Sauerlandcup (C-Jgd.) eine Mannschaft unsere Deckung total auseinander genommen. Die Lösung hatte ich damals leider noch nicht parat.


    Die Spreu vom Weizen trennt sich bei der Abwehr gegen die Spielerin OHNE BALL. Wie oben beschrieben, Querstellung zur Ballführerin, mit einem Auge allerdings die Füße der Gegenspielerin beobachten. Sobald sie zum Anlauf ansetzt, Viertel Drehung und Kontaktaufnahme gegen Spielerin ohne Ball! Nur dann lässt sich z.B. auch in der C gegen stärkere Mannschaften eine Manndeckung spielen.


    Später verlange ich von meinen Abwehrspielerinnen, dass so Einläufer bekämpft werden.


    - Angreiferin bindet verdächtig häufig zweite Abwehrspielerin, passt dann erfolgreich weiter
    Manndeckung wie auch offensive Raumdeckung hat verhältnismäßig große Lücken. Greift die Ballführerin die Lücke an, verliert die Nachbarabwehrspielerin gerne mal die Nerven und hilft - wenig erfolgreich - aus und der Parallelstoß ist erfolgreich. Sie lässt sich "locken", wie Feddern so schön im 3:2:1 Videoklassiker sagt.


    Gerade für die Zwerge ganz schwer, die Abwehrspielerin muss jetzt anti-intuitiv handeln. Alle Instinkte in ihr ziehen sie zum Ball, während sich die eigene Gegenspielerin hinter ihrem Rücken schon davonschleicht. Stattdessen muss sie parallel zum Neuner quer so zurücksinken, dass sie weiterhin ihre Gegenspielerin im Blickfeld hat und trotzdem gegen den Ball aushelfen kann, allerdings erst WENN ES NÖTIG WIRD und nicht locken lassen. Gilt in der offensiven Raumdeckung wie in der Manndeckung. Und wenn ich helfe, muss ich den Ball sichern oder die Ballführerin in die Nachbarin schieben, dass die den Ball sichert.


    - Ballführerin bricht stets zur Mitte durch
    Einfache Torwürfe in der Mitte, schwierigere Torwürfe Außen. Das muss die junge Abwehrspielerin schnell lernen. Droht der Durchbruch, so quer stellen und die Querachse verteidigen, dass die Ballführerin nach Außen weg muss. Auch Handballerinnen folgen den Naturgesetzen, der Weg des geringsten Widerstands ist verlockender als der Weg des Schmerzes. Außen durchlassen und so weit es geht nach Außen weiter schieben ohne Foul.


    - Freiwurfexzess statt Ballgewinne
    a) schwächere Gegner
    Gerade bei den Jüngsten hat der Schieri schnell Mitleid mit der Mannschaft, der ständig der Ball geklaut wird. Und auch fortgeschrittene Abwehrspielerinnen fehlt noch der nötige Handballverstand, die hilflose Ballführerin NICHT zu bedrängen.


    Hat die Abwehrspielerin ihre Gegenspielerin erst einmal "gestellt", eine Armlänge Abstand, kein Drängeln, kein Körperkontakt, KEIN FOUL. Mit Armeinsatz den guten Pass verhindern, den hilflosen Pass für die Mitspielerinnen zum Abfangen erzwingen.


    b) 1:1 Situation weit vor dem Neuner
    Freiwürfe auf 15, 16m? Zum Haareraufen! So unnötig! Gegnerin bekommt den Ball, auf der Prellarmseite zurücksinken, sie zum Prellen einladen, dann Kontakt zur Prellschulter und den Ball angreifen. Gegen stärkere Gegenspielerin lautet die Regel eher: Lad sie zum Prellen ein, unterbinde das Prellen wieder, eine Armlänge zurücksinken.


    - Abwehrspielerin wird weit vor dem Neuner nach Ballannahme der Gegnerin vor dem Prellen mit drei Schritten überlaufen
    Häufig stimmt das Stellungsspiel nicht. Hier ist zu unterscheiden:
    a) Die Ballannahme einer schwächeren Gegenspielerin zu verhindern, wäre taktisch unklug. Soll sie doch den Ball bekommen, anfangen zu prellen...


    b) Die gleichstarke Gegenspielerin kann ggf. auch noch den Ball bekommen, wird aber die Abwehrspielerin ggf. nach Ballannahme schon überlaufen. Diese braucht vor der Ballannahme einen Sicherheitsabstand von zwei Schritten bei Ballannahme, um reagieren zu können. Dann sofort Kontakt zur Prellschulter und den Ball angreifen.


    c) stärkere oder überragende Angreiferin
    Nun wäre es von Vorteil, die Spielerin gar nicht an den Ball zu lassen. Das würde eine ganz enge Deckung bedeuten. Eine lauffaule starke Angreiferin lässt sich so ausschalten.


    Wir hatten es neulich in der D mit einer überragenden Einzelkönnerin zu tun, die nicht lauffaul war. Sie traf bis dahin immer zweistellig, gerne auch mal 16, 17 Tore. Allerdings ist sie deutlich stärker als der Rest der Mannschaft. DAS war dann ihre Schwachstelle. Meine Abwehrexpertin (s. Tagebuch) hat sie übernommen, die unmittelbaren Nachbarinnen haben wir besonders stark unter Druck gesetzt, so dass der Ballfluss sowohl zu als auch von ihr weg deutlich gehemmt war. Trotz Halbfeldmanndeckung konnte wir die Dame bei vier Toren halten. Ein 7m gegen uns, zwei gelbe Karten, keine Hinausstellung und keine gelbe Karte gegen meine Abwehrexpertin. Es war ein Auswärtsspiel, die Schieris stellte der Heimverein. In der Deckung eine Glanzleistung der Mädels.


    Falls mir noch was einfällt, folgt eine Fortsetzung.

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  • So... ich erwarte dann alsbald die Nominierung für das HE-Verdienstkreuz :D und HÄTTE GERNE NACHAHMER! :hi: Liest hier niemand mit ein wenig Trainererfahrung? Ich kann fast ausschließlich aus dem Kinderhandball referieren. Wäre doch mal interessant, aus dem Leistungsbereich Jugend oder Damen/Herren zu lesen!


    Und noch mal was für das Training, allerdings im Bereich der Beobachtungsaufgaben. Über einen Korbballtrainer in der Elternschaft bin ich zur Videoanalyse (Dartfish express, genügt für den Einstieg, lässt aber keine Exporte der Videodateien zu) im Techniktraining gekommen. Samstags mache ich zwei Stunden Kleingruppentraining mit Vierergruppen, zusammengestellt aus E bis A-Jugendlichen und seit letzter Woche auch mit talentierten Brüdern meiner Mädels.


    Beobachtungsschwerpunkte Techniktraining Sprungwurf
    Ein weiteres Steckenpferd von mir ist die Bewegungsanalyse. Mit Hilfe von Zeitlupe (Viertelgeschwindigkeit, mit dem Zeigefinger auch steuerbar vor und zurück) auf dem Tablet kann sich fast keine Baustelle mehr verstecken, außer ggf. durch die Kameraperspektive. Mit den Mädels gehe ich alle relevanten Körperteile für den Sprungwurf durch.


    Übungsaufbau: Kastenoberteil zum Absprung auf 9m und RM, dahinter zwei Turnmatten Richtung Tor, das Kastenoberteil angehoben und mit der Kante ganz an die erste Matte rangeschoben. Der Fuß soll mittig und niemals auf die vordere oder hintere Kante gesetzt werden. Durch den erhöhten Absprung habe ich einen etwas höheren Sprungwurf und dadurch mehr auf dem Video zu sehen. Ich filme auf der Wurfarmseite etwa auf Höhe des Absprungs mit dem Tablet.


    - Sprungbein
    Ich bin sicher, dass sich beim Sprungbein Fehlerquellen entdecken lassen. Ist mir noch nicht gelungen, bzw. mir noch nichts ins Auge gesprungen. Für Hinweise bin ich dankbar!


    - Schwungbein
    Und schon wird es richtig interessant. Wie der Name sagt, ich möchte Schwung sehen. Das Knie wird hochgerissen. Jungs tendenziell nach vorn, Mädchen auch mal vom Körper nach außen weg (warum auch immer). Und hiermit beginnt jede Besprechung mit der Werferin, wobei ich mir gerne die anderen Mädels als Jury hinzuziehe:


    a) Hüpfwurf
    Der Sprung kommt ausschließlich aus dem Sprungbein, das Schwungbein wird nur angewinkelt und das Knie zeigt nach unten oder schräg zu Boden, später grob Richtung vorn aber immer noch zu Boden. Bei Dartfish express lässt sich mit dem Finger zeichnen, ich zeichne den gewünschten rechten Winkel über das Knie, wobei die "Oberschenkellinie" horizontal Richtung Tor zeigt. Das Knie kann auch gern leicht nach oben zeigen und die Horizontale überschreiten.


    b) "Kick"
    Das Knie erreicht für einen Sekundenbruchteil den gewünschten Winkel, dann kommt der Kick nach unten, zur Seite, nach vorn. Der Wurf wirkt hektisch. Hier möchte ich ein wenig längeres Halten des Winkels.


    c) Oberschenkel erreicht trotz vielfacher Korrektur nicht die Horizontale
    Korrektur um Korrektur, das Knie zeigt nicht nach vorn sondern mehr oder weniger von der Ideallinie abweichend nach unten. Ist die Spielerin zu doof? Hopserlauf vorführen lassen mit maximalem Schwung! Ich habe schon beide Fälle gehabt, dass entweder beide Oberschenkel im Wechsel nicht die Horizontale erreichen oder der des Schwungbeins allein. Hier ist der vordere Oberschenkelmuskel verkürzt, Spielerin muss mit Stretching daran arbeiten.


    d) Oberkörperverwringung sieht seltsam aus
    Das Video wird wieder und wieder angesehen, der Sprung ist unrund. Irgendwie arbeiten die Gliedmaßen nicht zusammen, das Video zeigt aber die Fehlerquelle nicht. Kameraperspektive wechseln, von vorne filmen. Das Schwungbein arbeitet nicht nach vorne oder nach außen, das Knie wird "über Kreuz" nach innen hochgezogen und zeigt bei Rechtshändern nach links. Dauert ein wenig, bis man das Problem erkannt hat. Von vorne dann des Rätsels Lösung. Der extrem unelegante Sprung mit Problemen bei der Körperverwringung ist aber ein guter Hinweis.


    - Oberkörper
    a) Sprungwürfchen
    Die Wurfkraft ist eigentlich da, das Ergebnis ist ein Würfchen. Ich filme auf Höhe des Absprungs und korrigiere, dass wenn auf dem T-shirt auf der Brust ein breiter Aufdruck zu lesen wäre, ich auf dem Bildschirm bequem die volle Schrift in der Zeitlupe lesen möchte. Aufdrehen, bis die volle Breite der Brust zur Wurfarmseite zeigt.


    b) "Schlabberwurf"
    Die Oberkörperverwringung ist da, die schnelle Drehung des Rumpfs, der Armzug - dennoch passt unter dem Strich die Wurfgeschwindigkeit nicht dazu. Kommt häufig auch beim Schlagwurf vor, die Fehlerquelle ist ganz schwer auszumachen. Wenn die Bauchmuskeln nicht angespannt sind, arbeiten Rumpf und Arm nicht zusammen. Der Armzug kommt wie abgekoppelt daher, allein die Armbewegung überträgt sich auf den Ball und die Verwringung verpufft.


    c) hektischer Wurf
    Mit ein wenig Sprungkraft und Technik "schwebt" die Spielerin kurz vor dem Wurf und kann noch eine Entscheidung über die Wurfrichtung fällen, eine einzige meiner Spielerinnen in 30 Jahren erreichte sogar "hang time". In anderen Fällen kommt nach dem Absprung sofort ein ganz hektischer Wurf, um überhaupt dem SPRUNGwurf noch gerecht zu werden und es kein LANDEwurf wird. Video auf den Zeitpunkt des Absprungs zurückholen. Die Schulterachse wird immer noch parallel zum Kastenoberteil verlaufen. Die Achse verläuft (auf RM) im rechten Winkel zur Seitenauslinie und die Ausholbewegung erfolgt NACH dem Absprung. Und dann wird es in der Luft natürlich hektisch, denn die Ausholbewegung sollte schon beim Setzen des letzten Schritts auf das Kastenoberteil beginnen. Am höchsten Punkt ist die Verwringung dann abgeschlossen und es braucht nicht mehr hektisch geworfen zu werden.


    - Wurfarmgegenarm (bzw. linker Arm bei Rechtshänderin)
    Was macht eigentlich der andere Arm währenddessen? Habe ich mir jahrelang keine Gedanken drüber gemacht, nach einem Austausch mit Kollegen fordere ich nur ein Anwinkeln des Arms während der Ausholbewegung, eine "Drehschwungbewegung" nach vorn und in der Wurfauslage darf der Ellenbogen gerne in Wurfrichtung zeigen. So hat der Arm zum einen eine eigene Schwungaufgabe, zum anderen dient er der Selbstkontrolle. Wenn der Ellenbogen zum Ziel zeigt, ist die Verwringung korrekt.


    Der Ellenbogen wird angewinkelt, holt Schwung und alles gerät plötzlich furchtbar in Schieflage. Meine "Lange" hat mich Samstag vor eine Aufgabe gestellt, als sie zwei große und ungewöhnliche Baustellen gleichzeitig in den Wurf einbaute. Die leichtere Baustelle war noch, dass der Ellenbogen schräg nach oben und nicht zum Tor zeigte, die Schulterachse furchtbar Richtung Wurfarmseite kippte und der Wurf in Verbindung mit der noch schwierigeren Baustelle... grauenhaft aussah (sie trainiert nicht bei mir, spielt ausschließlich bei mir in der C II und ist Opfer der Zwangspause). Der Ellenbogen muss nach vorne zeigen und darf nicht nach oben verrissen werden.


    Fortsetzung folgt mit dem Wurfarm, der Schulterachse und einem erst Samstag als relevant entdeckten Körperteil (Baustelle Nr. 2, s.o. ).

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  • - Exkurs: Bremsbewegungen
    Zwei Arten von Bremsbewegungen sind mir bislang aufgefallen, die ich korrigiere. Zum einen gibt es eine Stoppbewegung der Schultern. Die Oberkörperverwringung wird im Wurf aufgelöst und wenn die Schultern wieder die reguläre Haltung haben, wird gestoppt. Ab da arbeitet der Wurfarm ohne den Oberkörper. Auf dem Bildschirm habe ich aus der seitlichen Perspektiv kurz vor der Landung den Blick auf die Wurfarmschulter und sehe weder Brust noch Rücken.


    Dann wird der Wurfarm gerne abgebremst und runtergenommen, sobald der Ball losgelassen wird. Entweder verharrt der Arm noch kurz in der Wurfstellung oder er sackt runter. Der Wurfarm stoppt wenige Zentimeter nachdem er den maximalen Armzug durchgeführt hat. Das Abbremsen MUSS sich bereits auf den Wurf ausgewirkt haben.


    Statt des Schulterstopps möchte ich auf dem Bildschirm ein klein wenig Rücken erkennen können, ein Überdrehen der Schulterachse über die Normalstellung hinaus. Und bei der Wurfbewegung heißt es klassischerweise für Anfänger: "Zieh den Wurfarm durch und klatsch mit der Handfläche auf den gegenüberliegenden Oberschenkel!"


    - Die Königsdisziplin: Korrektur des Wurfarms
    a) "Kurbel" oder "Windmühle"
    Auf dem Bildschirm lässt sich schön ein Halbkreis nach hinten zeichnen von der Brust oder vom Bauch, am Hintern vorbei, dann nach oben - der Weg des geführten Balls. "Bist Du eine Windmühle?"


    Ja... im Spitzensport ist die Bewegung auch zu sehen. Einfache Frage: Wenn das Sprungbein nach oben arbeitet, das Schwungbein nach vorne und oben, der Nichtwurfarm ebenso... kann es dann richtig sein, dass der Wurfarm nach HINTEN Schwung holt?! Wäre es nicht optimal, wenn alle Körperteile zusammenarbeiten?


    Ich wünsche mir jedenfalls entweder ein schwungvolles Hochreißen mit dem "Ball am Ohr vorbei" oder bei vorgezogener Ausholbewegung dann zumindest ein schnelles Hochstrecken des Balls.


    b) Sprungwurfabsicht "verraten"
    Eine unserer eleganteren Spielerinnen hatte die Eigenschaft, den Wurfarm auf den letzten beiden Schritten schon hochzunehmen, die Ausholbewegung zu einem Großteil vorwegzunehmen. Sah elegant aus, verriet der Abwehr aber früh ihre Absicht zu springen. Wir konnten die Ausholbewegung auf den Absprung verschieben.


    c) Stoßen statt werfen
    Anfängerinnen praktizieren schon beim Schlagwurf etwas wie Kugelstoßen, der Ellenbogen hängt durch und der Arm bildet eher ein "V" als ein "L". Der Ball muss wesentlich weiter nach hinten gestreckt werden, der Ellenbogen soll mindestens auf Schulterhöhe und zwischen Ober- und Unterarm muss mindestens ein rechter Winkel her, eben das "L".


    Eine unserer Gastspielerinnen mit Zweifachspielrecht nimmt den Arm zurück, der Ellenbogen hat die richtige Höhe aber der Unterarm bildet eher einen 80° Winkel als ein "L" mit 90°. Ich habe zunächst vergeblich korrigiert, bin dann aber in mich gegangen. Der Wurf war trotz der für mich suboptimalen Armhaltung recht stramm. Dann haben wir ihren Wurf noch mal analysiert. Aus dem an sich zu kleinen Winkel schießt der Ellenbogen nach vorn, der Unterarm klappt nach hinten und sie katapultiert den Ball über den Ellenbogen mit recht anständiger Wurfkraft nach vorn. Mit weiterer Korrektur bekäme ich vielleicht den Abwurfpunkt etwas höher, aber die Wurfgeschwindigkeit womöglich nicht schneller. Also gebe ich bei überwiegend "ästhetischer" Korrektur nach und lass ihr ihren eigentümlichen Wurf.

    d) Arm wird nicht durchgezogen
    Siehe oben unter "Bremsbewegungen"


    e) Armführung
    Auch wenn ich bei der Ausholbewegung darauf beharre, dass der Ball am Ohr vorbei geführt wird, beim Wurf darf es deutlich über Kopfhöhe sein.


    - Handgelenk
    a) Arm schiebt den Ball
    Auch eher ein Anfängerproblem, der Arm scheint unter dem Ball durchzuschieben, die Handfläche zeigt durchgängig nach oben und es kommt ein Würfchen. Hier zunächst mit einfacheren (kleineren) Wurfgeräten als dem altersangemessenen Handball üben. Das Handgelenk wird beim Ausholen zurückgeklappt, erreicht eine Vorspannung und wird dann beim Wurf nach vorn geklappt ("Mausefalle"). Insbesondere von Eckenaußen wichtig.


    b) Rechtshänder auf der rechten Seite oder beim Wurf zur WA-Gegenseite
    Der Wurf leicht oder extrem gegen die Hand geht immer links am Tor vorbei. Häufig hat der Ball noch einen Spin. Kleines anatomisches Problem, das den Wurf auf der schwierigeren Spielfeldseite oder gegen die Hand anspruchsvoll macht. Die Hand liegt beim Wurf eher nicht hinter dem Ball, sondern schräg rechts hinten. Beim Wurf selbst dreht die Hand auf die rechte Seite des Balls. Ist eben ein anatomisches Problem. Anweisung: "Den Daumen beim Wurf nach vorn drehen!" (Natürlich nicht vor den Ball, aber zumindest deutlich auf die linke Seites des Balls.


    - Und neu im Programm: Die Hüfte
    Die zweite große Baustelle meiner Langen neulich war erst in der dritten oder vierten Wiederholung aufgefallen. Der Wurf fiel extrem unrund aus. Ich hatte die Schrägstellung der Schulterachse erkannt. Es gab einen Kick des Schwungbeins, so dass ich ausschließen konnte, dass das rechte Knie nach links verrissen wurde. Und dennoch war die Verwringung total misslungen... warum nur? Bis ich den Blick etwas tiefer senkte, wo die junge Dame unmittelbar vor der Wurfbewegung die Hüfte blitzschnell gegen den Uhrzeigersinn, also mit der Wurfrichtung, schraubte. Die Hüfte nahm die Wurfbewegung vorweg und simulierte quasi den Durchbruch zur Wurfarmgegenseite mit seinen sperrigen Tücken - nur eben mitten im Sprung! Wie ich das rausbekomme, weiß ich noch nicht. Aber die Hüfte darf sich halt nicht in den Wurf einbringen und muss "ungedreht" bleiben.



    Nur am Rande: Für mich UNERLÄSSLICH in der E und D-Jugend, mindestens einmal die Woche (totally old school) 10 Minuten stumpfes Ballern auf den Boden und gegen die Wand! Wo soll der Wurf sonst herkommen?

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  • Beispiel 1: Olympiade 2008. Freiwurf für Dänemark auf RL in letzter Sekunde bei 24:24. Die russische Mauer formiert sich. Wie immer: Wie die Orgelpfeifen die Großen in die Mitte, ganz links und rechts die lütten Außen. Mikkel Hansen wemmst den Ball auf Wurfhandseite über den - hier niedrigen - Block ins lange Eck.


    Beispiel 2: Eulencup Tarp, Jugendspiel, Unentschieden, Freiwurf nach Schlusspfiff auf etwa 15 m. Ich sitze auf der Tribüne und murmele: "Die Mauer muss weg! Die Mauer muss weg!" Mein Nachbar schaut mich entgeistert an. Anpfiff, Wurf durch die Mauer, der Ball wird halb geblockt und abgefälscht, landet im Tor. Mein Nachbar schaut mich entgeistert an.


    Beispiel 3: Irgendein Spiel meiner Mädels. B oder C Jugend. Freiwurf in letzter Sekunde. Das Spiel ist längst entschieden. Wie IMMER in so einer Situation beordere ich alle Mädchen weg. Schieri zeigt mir Gelb wegen Unsportlichkeit.


    Die Abwehr beim direkten Freiwurf

    Mal ehrlich... hat schon mal wer einen direkten Freiwurf gesehen, bei dem der Schütze mittig über den Block geworfen hat, also dahin, wo der Torwart hinter der Mauer steht? Wir sind uns zwar alle einig, dass wir keinen quer liegenden Spieler unmittelbar hinter der Mauer brauchen. (Witzigerweise haben die Fußballer nach über hundert Jahren gemerkt, dass das nützlich sein kann...) Aber warum zum Teufel werden ÜBERALL die Zwerge vor die Wurfhand gestellt?! Bis hin zur russischen Nationalmannschaft! Wer eben noch über die Fußballer geschmunzelt hat...


    Ich habe es selbst erlebt. Wir liegen sieben Tore zurück. Stellen auf Manndeckung um. Ich coache mit zu dem Zeitpunkt noch nicht erkannter Lungenentzündung. Zum Freiwurfpfiff in letzter Sekunde führen wir mit einem Tor. Ich bin krankenhausreif und habe nicht mehr die Kraft und Konzentration, die Mauer irgendwie zu stellen. Der Freiwurf ist auf 14, 15 m, die Mädels sortieren sich vollkommen chaotisch in Paaren zwischen 6 und 11 m. Bevor ich einschreiten kann, folgt der Pfiff, Wurf, einer der drei Mini-Mauern fälscht den Ball ab, der bekommt mächtig Spin, landet bei meiner Torhüterin vor den Füßen... und springt wie ein Dreher um sie rum. Zumindest im Mädchenhandball nehme ich den Block weg, wenn der Freiwurf deutlich außerhalb des Neuners geworfen werden muss.


    Und warum ich damals eine Verwarnung bekommen habe, weil ich bei einem vollkommen unbedeutenden Freiwurf von 9m die Mauer weggenommen habe, weil ich keinen Kopftreffer mehr riskieren wollte, weiß ich bis heute nicht. In der Situation stelle ich NIE eine Mauer. Warum auch? Weil der verkalkte Schieri es so noch nie erlebt hat? "Die Mauer muss steh'n! Die Mauer muss steh'n!"

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  • 1-gg-1 Korrekturen in der Manndeckung


    Nach langer Pause wieder ein Punktspiel in der C-Jugend. Zweithöchste Liga, halbe/halbe C- (Jungjahrgang) und D-Jugend (Altjahrgang) auf unserer Seite. Erste Halbzeit spielen wir Halbfeldmanndeckung, zweite Hälfte erstmals diese Saison eine Raumdeckung. Die Prinzipien der Raumdeckung haben wir viel trainiert, nur hatte ich im Spiel bislang noch nie umgestellt. Die Heimmannschaft ist punktlos auf dem letzten Platz. Zwei torgefährliche Spielerinnen mit einem Schnitt von rund je 6 Toren pro Spiel. Linkshänderin auf RA/RR und die große RL. Es ist das Rückspiel, wir kennen den Gegner.


    "Mismatch" auf Halbrechts. Meine D-Jugendliche Jarla ist zwei Jahre jünger als RL und mindestens einen halben Kopf kleiner. Kampfgewicht sicherlich zwei Klassen Unterschied. 1:0, 2:0, 3:0 - lupenreiner Hattrick von Rückraum Links. Jarla wird dreimal einfach überlaufen, RL hat dann freie Bahn zum Tor.


    Nach dem 2:0 beginne ich mit der Korrektur: "Lass sie prellen! Zurücksinken! Erst beim Prellen Körperkontakt aufnehmen!"


    Jarla ist gedanklich noch etwas in der Einführung 1-gegen-1 Raumdeckung gefangen: Nachbargegenspielerin passt den Ball, im Moment des Passes aus der Abwehrkette raustreten/rauslaufen, Körperkontakt Schulter/Schulter bzw. Wurfarmschulter/Hüfte Gegenseite.


    Problem: Wir verteidigen gerade auf 13 bis 15 m tendenziell eher ohne Kooperation, die Gegenspielerin ist zwei Jahre älter und fast einen Kopf größer. Und hat halt die längeren Beine. Vor dem 3:0 kommt meine Korrektur noch nicht ganz an. Jarla sinkt noch nicht konsequent zurück, Gegenspielerin beginnt erst hinter ihr zu prellen. Ich hole sie mir an die Seitenlinie.


    Wir haben das Prinzip, dass die Mädels in der Deckung untereinander tauschen sollen, wenn sie mit ihrer Gegenspielerin nicht klar kommen (zu groß, zu schwer, zu klein, zu schnell, zu wendig). Das muss nicht immer meine Aufgabe sein. In lichten Momenten tauscht auch mal die stärkere Abwehrspielerin in Eigeninitiative. Meist ist es aber anders herum, die überforderte Abwehrspielerin bittet um den Tausch. Oder auch nicht (zu stolz, zu eigensinnig, zu abgelenkt, zu angefressen, Prinzip vergessen).


    Hier sehe ich zwar das "mismatch", nicht aber die Überforderung. Klein gegen groß weit vor dem Tor, Rückraumspielerin ist keine Überspielerin.


    "Lass sie erst prellen, vor der Prellhand schräg zur Mitte zurücksinken, erst beim Prellen Körperkontakt aufnehmen, linke Hand zur Prellschulter, rechte Hand greift den Ball an!" (In Wirklichkeit etwas kürzer, das wäre die Langfassung unter weniger Zeitdruck.) Jarla setzt die Korrektur aber genau so um.


    Der Spuk ist vorbei, Rückraum Links (im Schnitt 6 Tore/Spiel, also auch gegen stärkere Gegner) macht im gesamten Spiel noch ein einziges Tor (insgesamt 4) gegen eine körperlich kleinere Deckung (erste Halbzeit Halbfeldmanndeckung, zweite Halbzeit 1:5 fast genauso offensiv).


    Ganz ähnlich hatte mal meine ehemalige Kreisläuferin gegen eine deutlich größere RL zu kämpfen, die sich auf den Überzieher spezialisiert hatte. Zwei, drei Durchbrüche in Folge und eine Abwehrspielerin mit Tränen in den Augen. Auch dort war das Zurücksinken das Geheimnis, danach waren die technischen Möglichkeiten der Rückraumspielerin schon erschöpft. Der eine Trick verpufft vor der Abwehr, nun müsste sie mit Handballspielen anfangen... schade.


    Häufige Korrektur von mir: "Wir verteidigen nach vorne, nicht zur Seite!", wenn die Abwehrspielerin zögert, nur reagiert und Lücken anbietet, statt die Angreiferin anzugreifen. In manchen Fällen verteidigen wir aber erfolgreicher erst einmal nach hinten!


    Noch mal pointiert:


    1:1 Manndeckung

    Wenn deutlich in der Fernwurfzone oder weiter vom Tor weg, vor der Ballführerin zurücksinken. Wenn sie vor mir prellt... gut, wenn sie hinter mir prellt... böse. Abwehrspielerin sinkt vor dem Prellarm zurück (muss ja gar nicht der Wurfarm sein, gibt es manchmal), bzw. sinkt Richtung Tormitte zurück. Nach ein, zweimal prellen dann die spiegelverkehrte Hand zur Prellschulter, die freie Hand greift den Ball an.


    1:1 "normale" Raumdeckung

    Hier möchte ich - in der Regel - Körperkontakt bei der Ballannahme und keine Erst-Aktion der Ballführerin vor der Abwehrkette. Schrägstellung, Orientierung an der Wurfamschulter, die Wurfarmseite kontrollieren. Weit vor dem Neuner reicht mir ein "Stellen" der Gegenspielerin, Schrittstellung, schräg auf Wurfhandseite. Der Weg zum Tor kann auf der Gegenhandseite sogar offen sein, die Wurfarmseite wird verstellt und bleibt zu. Rechtshänderin auf RR eher die Mitte zustellen als die Wurfhand. Kommt dann aber auch auf die Gegenspielerin an, wie stark sie zur Hand ist.

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  • Nachholspiel gegen den ungeschlagenen Tabellenführer in der C-Jugend. Wir mit halber D-Jugend, der Gegner mit den Leistungsträgerinnen fast ausschließlich aus dem älteren Jahrgang C-Jugend und körperlich deutlich überlegen. Nach dem Spiel (39:40 - bislang zwei der statistisch stärksten Abwehrreihen, man mag es kaum glauben) rege ich mich eigentlich nur über die Angriffsleistung auf, weil die zwei Trainingseinheiten zuvor vollkommen für die Katz waren und die Mädels nichts von den vier Auslösehandlungen mit Varianten umgesetzt haben (vielleicht ist das auch schon des Rätsels Lösung). In der Abwehr lief natürlich auch nicht alles rund, es wird eine elementare Baustelle aufgedeckt. Der Gegner düpiert uns dreimal mit einem dressierten Dreierkreuz in der Variante, wie ich sie auch Zirkustieren beibringen könnte. Übergeben/Übernehmen haben wir im D-Jugend Training mal in der Theorie angeschnitten und in Grundspielen touchiert. Setzt aber natürlich voraus, dass Kreuzen an sich schon mal auf dem Lehrplan stand. Hätten wir also eine sinnvolle Beschäftigung.


    Einführung Kreuzen

    Das große Mysterium. Jeder kennt es, die Meisten wenden es an, fast niemand versteht es. Von Peter Feddern gab es vor Urzeiten in der "handballtraining" mal den Artikel "Kreuzen oder Parallel". Lesenswert! Notfalls mal in der Unibibliothek mit Sportwissenschaften raussuchen! Ich tippe auf Anfang der Neunziger.


    Erste Einheit Einführung Kreuzen. Einfacher Aufbau. Abgesteckter Sektor im Zentrum als Durchbruchraum, von Vorne Mitte bewacht. Der Rückraum ist vollständig besetzt (bei uns in der D-Jugend Version, also RL/RR eher eng und nicht auf der Seitenauslinie). RM soll entweder a) den Zweikampf gegen VM gewinnen oder b) VM an den Rand ihres Sektors ziehen und das Kreuz mit der Nachbarin einleiten.


    Ich habe zwei E-Jugendliche, drei C-Jugendliche und fünf D-Jugendliche (Stützpunkttraining, Impfung, Aua, Bauchweh beim Rest). In der Abwehr parke ich ausschließlich abwehrstarke Mädels, die ihren Zweikampf auch gewinnen können und nicht ständig überlaufen werden. Verlorener Zweikampf gegen RM, dann Sonderaufgabe für VM. Die Übung ist so gedacht und ausgerichtet, dass die Aufgabe in der Regel besser im 2:1 gelöst werden kann. RL/RM sind zunächst mitstoßende Anspielstationen, die erst über die Kreuzung aktiv in das Geschehen eingreifen dürfen.


    1. Der Ausgangszweikampf

    RM soll nicht nur Torgefahr ausstrahlen, sondern auch den Abschluss suchen. Sonst gehen die Alibi-Kreuzungen los. Wenn keine Torchance rausspringt, soll im Regelfall der Zweikampf dazu führen, dass RM von VM bis zum linken oder rechten Rand des Sektors begleitet wird (die Abwehrspielerin aus ihrer Position ziehen). Im Idealfall haben wir nicht nur Körperkontakt, sondern die Abwehrspielerin hat ihre Hauer in den Hals der RM geschlagen und lässt erst los, wenn der Torpfiff nach dem Kreuz kommt. Der Körperkontakt darf ausdrücklich gesucht werden, der Passarm samt Ball muss allerdings geschützt nach hinten abgewandt bleiben. Der Ball befindet sich in der taktisch richtigen Hand, auf der Passempfängerin zugewandten Seite.


    Korrektur: Die Abwehrspielerin antizipiert das Kreuzen (Kreuzen ist ja Trainingsinhalt und kommt nicht ganz überraschend) und lässt kurz vor dem Pass ab, um (eigentlich zu) früh übernehmen zu können. Hatten wir gestern reichlich. Jetzt KANN der automatisierte Pass zur Nachbarin kommen, die dann in die Arme der VM läuft. ODER RM behält einfach den Ball und tippt, wenn sich die Abwehrspielerin löst... UND SCHMEISST DIE KUGEL INS TOR.


    2. Die reinkreuzende Spielerin

    … geht zunächst immer erst einmal parallel mit! Wenn der einleitende Pass 3 Meter nach hinten gespielt wird, verpufft der Ausgangsvorteil der großen aufgerissenen Lücke, die Abwehrspielerin kann rechtzeitig die Richtung wechseln. Bei diesem Übungsaufbau hält RL/RR die Position bis VM tatsächlich den Rand des Sektors (bei uns Hütchen/Pylonen) erreicht hat. Notfalls verbleibt sie auf Halb und RM geht durch oder bricht ab, wenn VM sich nicht ziehen lässt. Im richtigen Leben (2:2) muss RL/RR natürlich auch noch die eigene Gegenspielerin beobachten, ob sie sich Richtung Ball locken lässt oder nicht. Das kommt als Beobachtungsaufgabe hinzu zur Entscheidung "Kreuzen oder Parallel".


    Erreicht VM den Rand des Sektors, wird in Höchstgeschwindigkeit die Kreuzung aufgenommen (sonst verpufft wieder der Vorteil) und so dicht hinter der Ballführerin langgelaufen, dass der Ball fast übergeben werden kann (s.o., deswegen vorher immer auch der Parallelstoß).


    Korrektur: Ich überlege ernsthaft, ob ich morgen die Übung so abändere, dass der Ball übergeben werden MUSS. Erstens haben mich die Mädels gestern wahnsinnig gemacht, weil 2 m Pässe auf 1,5 m bereits verhungert sind. Zweitens möchte ich die Entscheidung einbauen, dass das Kreuzen aus taktischen Gründen ABGELEHNT werden kann. Die Ballführerin bekommt in dem Eifer des Gefechts gar nicht mit, dass sich die Abwehrspielerin bereits in der Gegenbewegung befindet. Vielfach entging gestern RM eine klare Torchance, weil sie auf die Kreuzung programmiert war, obwohl VM längst weg war, der Nachbarin den Ball zuschmisst, die auf VM aufläuft. Wenn ich übergeben lasse, kann RL/RR ggf. verweigern/den Ball anticken oder wegwischen und so das Signal setzen für den eigenen Durchbruch. Die Variante erst einmal zur Einführung, den nächsten Schritt überlege ich mir noch.


    Fortsetzung folgt

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  • Viele Trainer schulen das Anlupfen des Balles beim Kreuzen. Halte ich für völlig falsch. Ein Kreuz ist ein Pass, also spielt es bitte auch als Pass. Und nicht als Schwebeball.

  • 3. Das Kreuz

    Im Idealfall haben wir

    - die Abwehrspielerin aus ihrem Sektor/"Streifen" an den Rand des Sektors gezogen,

    - immer noch Körperkontakt Abwehrspielerin/Ballführerin

    - der Ball ist in der taktisch richtigen Hand, von der Abwehr abgewandt

    - reinkreuzende Spielerin im Sprint

    - die drei Spielerinnen im Moment des Passes auf einer schrägen Linie

    - einen Pass über anderthalb, zwei Meter


    DANN sind die Chancen auf Überlaufen der Abwehrspielerin gut. Das Wettrennen um die aufgezogene Lücke kann klappen.


    Korrekturen:


    - Die Abwehrspielerin ist nicht am Rande des Sektors: Dann bleibt die Mitspielerin auf ihrer Position und geht parallel! Es wird nicht gekreuzt oder aber aus dem Kreuz gleich die Folgehandlung vorbereitet, wenn man die Abwehrspielerin schon mal in Bewegung hat. Für mich geht (jedenfalls bei der Einführung, wo ich sehr penibel bin) "parallel" immer vor kreuzen, wenn der Auftakt nicht den kleinen Stellungsvorteil für die reinkreuzende Spielerin bringt.


    - Kein Körperkontakt: Wenn die Abwehrspielerin dafür immer noch volle Konzentration auf die Ballführerin hat, passt das schon. Ansonsten soll die Ballführerin aktiv den Körperkontakt suchen und die Abwehrspielerin mitziehen.


    - Kreuz in Höchstgeschwindigkeit: Antraben reicht nicht, es muss der Wettlaufcharakter rausgestrichen werden. Neue Ballführerin gegen die sich wieder schließende Lücke.


    - Keine "Linie" der drei Spielerinnen:

    a) Reinkreuzende Spielerin ist im Moment des Passes noch weit weg, es kommt der 3m und mehr Pass. Die Abwehrspielerin hat reichlich Zeit zum Richtungswechsel und schließt die Lücke.

    b) Der optimale Moment ist verpasst, die reinkreuzende Spielerin ist am taktisch richtigen Arm vorbei. Die Ballführerin muss nun entweder überdrehen und den Ball hinterherschubsen oder die Hand wechseln, um den Ball loszuwerden. Kostet alles zu viel Zeit.


    Hier muss am Timing gefeilt werden. Hilfreich als Vorübung immer wieder ein Passkontinuum. Zwei Reihen auf benachbarten Positionen, ein Ball und dann Dauerkreuzen. Der "Kreuzpunkt" immer im Wechsel leicht rechts und links von der gedachten Mitte zwischen den beiden Positionen. Schwerpunkt weniger der torgefährliche Auftakt, als viel mehr das Timing und das Raumgefühl. Für Anfänger einfach mal den Ball übergeben statt passen lassen. Das Timing stimmt, wenn die Ballführerin keine Kaffeepause einlegen muss, während sie den Ball nach hinten anbietet.


    - Die Distanz ist zu groß: Der Abstand beim Pass muss möglichst klein sein, um der Abwehrspielerin einen möglichst späten Start in den Richtungswechsel zu geben. Geht der 3m Pass erst einmal zur Seite oder nach hinten, reicht der Zeitraum, um die Lücke wieder zu schließen. Hier ist aber auf die Gefahr bei 50 cm Pässen zu achten, die der Partnerin schnell mal an den Kopf geworfen werden. Bei ganz enger Übergabe den Ball nur leicht schubsen.


    - Im Training gehen 2/3 aller Auftakthandlungen nach rechts: Statistisch üben im Regelfall zwei Rechtshänderinnen nebeneinander. Die Ballführerin wählt immer den einfachen Weg zur Hand, die reinkreuzende Spielerin bekommt den undankbaren Weg gegen die Hand. Gegensteuern, damit wir halbe/halbe in beide Richtungen die Kreuzung trainieren.


    - Die verlockende Abkürzung: Anfängerinnen biegen gerne mit dem Pass sofort ab und gehen auf die angegriffene Lücke der Auftakthandlung. Besonders verlockend, wenn wir noch im 1:1 plus 2 sind, also eine Lücke zwischen Abwehrspielerin und Hütchen haben. Hier muss klar werden:


    große Lücke = gut

    kleine Lücke = doof


    Wie bei der Einführung ins Positionsspiel und Stoßen muss der Schwerpunkt darauf liegen, die große Lücke auszugucken und anzugreifen, nicht die nähere Lücke. Aus dem Feldmann'schen Angriffsprinzip Nr. 2 "Vorfahrt für den Ballführer!" folgt fast denknotwendig: "Nicht dieselbe Lücke wie die Nachbarin angreifen!" Zumindest nicht, solange wir die Grundlagen schulen.


    - Die Abwehrspielerin schiebt ohne Mühe die reinkreuzende Spielerin weiter: Bei uns die erste Auffälligkeit, als ich den Ball übergeben statt passen ließ. Der Winkel des Laufwegs war nun parallel zum Neuner, mit wenig Kraft kann die Abwehrspielerin ihre übernommene Gegenspielerin quer schieben. Auch beim kurzen Pass droht die Gefahr. Wir brauchen noch eine kleine Kurve/ein kleines Hakenschlagen, um mit spitzerem Winkel in die Lücke zu gehen.


    - In der Ausgangsübung folgt nun das Endloskreuz: Vor jeder einzelnen Entscheidung, ob Kreuzen oder Parallel, muss wieder die Beobachtung erfolgen, ob die Abwehrspielerin a) am Rande des Sektors ist und b) noch auf den Zweikampf fokussiert. Wenn absehbar ist, dass ich in die Arme der Abwehr laufe, dann parallel gehen (oder einen tollen Plan haben). Hier werden die entscheidenden Weichen gestellt: Bekomme ich Spielerinnen, die Handball verstehen oder Spielerinnen, die auf Laufwege dressiert sind! Beobachten... richtig entscheiden!


    - Im Training spekuliert die Abwehrspielerin auf das Kreuz und löst sich früh, öffnet den Weg zum Tor, die Ballführerin ist aber auf das Kreuz fixiert: Als wir den Ball übergeben ließen, konnte die reinkreuzende Spielerin das Kreuz ausschlagen und das Signal setzen, selbst zu gehen. Mit Wiedereinführung des Passes gab es kein Ausschlagen des Kreuzes mehr. Kommando: "GEH!" vor dem Pass kann das Problem lösen

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  • Einführung Kreuzen


    Ich glaube, die Übung kenne ich. Meine Fragen konnte mir der Trainer damals nicht beantworten. Also habe ich mir was ausgedacht.


    Warum nur ein Verteidiger?

    Im 3:3 wird das Kreuzen mit Übernehmen/Übergeben verteidigt. Da kommt die Übergebende rechtzeitig zur Kreuzenden.


    Warum wird der Parallelstoß verboten?

    Eine 3-1-Überzahl würde niemand mit einer Kreuzung ausspielen. Da braucht es unbedingt ein Parallelstoßverbot.


    Warum muss die Verteidigerin so lange bei der Ballführerin bleiben?

    Damit die Kreuzende eine freie Wurfchance bekommt (die sie im 3:3 niemals bekäme).


    Warum gibt es diese Übung???


    Warum sollte es diese Übung nicht geben?

    Wenn man sie oft genug spielen lässt, bleibt anscheinend Folgendes hängen:

    * Kreuzen ist eine gute Angriffsaktion

    * Wenn ich den Ball nicht zur Kreuzenden passen will (weil ich keinen Kontakt mehr zur Verteidigerin habe), muss ich mich von der Übernehmenden festmachen lassen. Dann bekomme ich immerhin einen Freiwurf.

    * Der Parallelstoß ist schon in der Überzahl verboten, also sollte ich ihn nie nutzen.



    So spielen sie dann auch.

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  • Mal was ganz anderes.


    Zweifach- und Gastspielrecht (§ 19 a, b SpO DHB)


    Vor allem das Zweifachspielrecht kommt in Niedersachsen immer mehr zum Zuge, für das Gastspielrecht kenne ich aktuell nur ein Beispiel. Was hat es damit auf sich?


    1. Zweifachspielrecht

    Von C bis A-Jugend können Talente ein zweites Spielrecht beantragen und für einen weiteren Verein spielen. So bluten die Breitensportvereine nicht so schnell Talente aus, nebenbei können talentierte Jugendliche aber noch Trainings- und vor allem Spielpraxis in einer höherklassigen Mannschaft sammeln.


    Möglichkeit 1

    Das Talent spielt im Erstverein in seiner Altersklasse (ggf. noch eine Altersklasse höher) und im Zweitverein in seiner Altersklasse, aber mindestens eine Liga höher als zu Hause.


    Möglichkeit 2

    Das Talent spielt im Zweitverein in der nächsthöheren Altersklasse, allerdings darf der Einsatz nur in einer Liga erfolgen, die mindestens eine Liga höher ist als im Heimverein. Dort kann weiterhin gespielt werden.


    In beiden Varianten hat der Heimverein das Sagen bei Terminkollisionen. Es ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, ich nehme aber an, wenn gegen den Willen des Erstvereins bei zeitlich parallelen Spielen dann im Zweitverein gespielt wird, hierfür keine Spielberechtigung besteht. Es droht die Wertung des Spiels. Sollte der DHB ggf. noch mal konkretisieren.


    Jeder Verein kann pro Altersklasse A bis C je drei Talente aufnehmen und drei Talente "verleihen" (aktuelle Saison ausnahmsweise 5). Die Option eigener Verein D-Jugend und Zweitverein C-Jugend gibt es nicht. Die Meldefrist läuft vom 01.07. bis 30.11. (aktuelle Saison ausnahmsweise 31.12.).


    Fallstricke:

    - alle Beteiligten müssen die 48-Stunden-Regelung für Jugendliche im Auge behalten, die Punkte des 3. Spiels in dem Zeitraum sind dann weg

    - der Zweitverein darf das Talent ausschließlich in einer Altersklasse einsetzen

    - Vorsicht bei Einsätzen in der Reserve im Zweitverein: Auch die Mannschaft muss zum Erstverein höherklassig sein und Festspielen ist natürlich auch hier im Zweitverein möglich, aber nur im Verhältnis zur dortigen zweiten Mannschaft.


    In der Praxis

    Wir haben eine wC in der Oberliga und meine wC II in der Landesliga eine Liga tiefer. In der Oberligamannschaft spielen aktuell 3 Mädchen mit Zweifachspielrecht aus zwei unterschiedlichen Vereinen, die wiederum spielen mit ihren Heimvereinen gegen meine C II, dürfen also nicht bei mir spielen. Ich wiederum habe eine Spielerin aus der untersten von vier Ligen bei mir, die auch Einsätze in der Oberliga bekommt, wo sie sich natürlich nicht festspielen darf.


    Andersherum verfolge ich die Entwicklung von Mädchen, die aus der Landesliga an andere Vereine in die Oberliga verliehen werden. Da findet eine starke Entwicklung statt, die sich sowohl im Heimverein als auch im Zweitverein bemerkbar macht. Extrembeispiel siehe Handballtagebuch, eine Landesauswahlspielerin ist zu Hause in der LL C-Jugend völlig unterfordert und spielt parallel noch Oberliga B-Jugend im Zweitverein. Eines der größten Talente im HVN derzeit, die sicher den richtigen Schritt gemacht hat.


    2. Gastspielrecht

    Aufgrund der Voraussetzungen naturgemäß wesentlich seltener. In allen Jugendaltersklassen kann ein Gastspielrecht für einen Zweitverein beantragt werden, wenn die eigene (und ggf. auch die nächsthöhere) Altersklasse zu Hause nicht besetzt ist. Das Gastspielrecht gilt für die eigene Altersklasse, im genannten Ausnahmefall auch für die darüber. Ich gehe davon aus, dass das auch für Mädchen gilt, wenn der Heimverein in der E oder D nur eine Jungsmannschaft hat, in der das Kind mitspielen dürfte.


    Die Fristen wie oben (eine Besonderheit zum Gastspielrecht für Quali-Spiele vor der Saison ist in § 19 b Abs. III SpO geregelt). Es gibt keine zahlenmäßige Beschränkung.

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  • Gut beschrieben. Das Zweifachspielrecht kann sich tatsächlich als Win-Win-Situation herausstellen, wenn auch der klassentiefere Verein häufig nur den Nutzen daraus zieht, dass ihm ein herausragendes Talent noch ein oder zwei Jahre länger erhalten bleibt. Oft hat ja der höhere Verein nicht einfach das Glück, mal einen besonders starken Jahrgang zu besitzen, sondern verfügt über strukturelle Vorteile, bessere Trainingsbedingungen, höherklasige Perspektiven bei den Aktiven etc.


    Das von dir noch selten beobachtete Gastspielrecht wird m.E. in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen.Wenn ich die Entwicklung in meinem Bezirk anschaue, gibt es doch sehr viele Jugendspiele, in denen noch sieben, acht oder neun Namen auf dem Spielbericht stehen. Die vorgeschriebenen zwei Ersatzbänke pro Mannschaft am Spielfeldrand sind meist völlig überflüssig. Meine Prognose: Es werden sich die Fälle mehren, bei denen man fürs Leben zu wenig und fürs Sterben zu viele Spieler*innen hat. Früher war hier die Lösung eine temporäre Spielgemeinschaft mit einem anderen Verein in ähnlicher Lage. Mittlerweile sind aber viele Jugendmannschaften bereits fest installierte Spielgemeinschaften zweier oder mehrerer Vereine und die dürfen keine temporären SGs gründen. Also bleibt nur, die eine Mannschaft für eine Saison per Gastspielrecht in die andere zu packen und zu hoffen, dass es in der kommenden Spielzeit wieder besser aussieht.


    Insgesamt keine gute Entwicklung, aber für viele Vereine überlebenswichtig. Ohne diese Flexibilität hätte man jetzt schon und - so vermute ich - in Zukunft noch viel mehr Mannschaften, die man vom Spielbetrieb abmelden müsste. Und was einmal weg ist...

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