Ich vermute mal der Fall Bengs wird Wallau noch einige Negativschlagzeilen einbringen.
heute in der Frankfurter Rundschau
ZitatAlles anzeigenWallau beurlaubt Carsten Bengs
Zum Saisonauftakt überrascht der Handball-Bundesligist mit der Ausbootung seines Kapitäns, der ab sofort nicht mal mehr mit der Mannschaft trainieren darf
VON JÜRGEN HEIDE
Als sich die Handballer des Bundesligisten SG Wallau / Massenheim gestern Morgen um 9 Uhr auf dem Wallauer Sportplatz zum Trainingsauftakt trafen, zog Bülent Aksen Linksaußen Carsten Bengs zur Seite. Er solle nach dem Laktattest zu ihm ins Büro kommen, teilte der Manager dem bisherigen Kapitän mit. Drei Stunden später verschlug es diesem auf der Geschäftsstelle erst einmal die Sprache, als Aksen und Volkmar Rohr, der neue Hauptgesellschafter der SG-Spielbetriebs GmbH, ihm ein Schriftstück überreichten, wonach der 29 Jahre alte Abwehrspezialist mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres vom Trainings- und Spielbetrieb beurlaubt ist. Einen Grund für die Maßnahme bekam der verdutzte Spieler nicht genannt. "Ich war völlig überrascht. Damit hatte ich nicht gerechnet", sagte Bengs. Nach Rücksprache mit seinem Anwalt meldete sich der blonde Flügelspieler am Nachmittag bei Trainer Martin Schwalb ab und verzichtete auf die zweite Übungseinheit.
Heute oder morgen will sich Bengs mit seinem Rechtsvertreter zusammensetzen, um zu besprechen, "wie wir gegen die Beurlaubung vorgehen". Von dieser war nicht nur der Kapitän, sondern auch Trainer Schwalb überrascht worden. "Wenn Carsten seine Arbeitskraft anbietet, werde ich ihn nicht aus der Halle werfen", sagte Schwalb noch am Montagmorgen, musste später allerdings einräumen, dass er in dem Fall "keine Entscheidungsbefugnis" habe. "Es wäre für alle Beteiligten besser gewesen, man hätte die Sache früher geklärt."
Manager Aksen hatte bei der Vorstellung der Neuzugänge am 10. Juni erstmals öffentlich erklärt, dass sich Bengs trotz seines bis 30. Juni 2006 laufenden Vertrages einen neuen Verein suchen soll. Jener Aksen übrigens, der im vergangenen Sommer den Kontrakt des dienstältesten Wallauer Spielers um drei Jahre verlängert hatte. Dass seine Einsatzchancen auf der Linksaußenposition nach der Verpflichtung von Nationalspieler Heiko Grimm und dem kometenhaften Aufstieg von Youngster Dominik Klein in der Rückrunde nicht gut sein würden, damit rechnete Bengs, dessen von Aksen geplanter Abgang offensichtlich etwas damit zu tun hat, dass die SG das Gehalt des Linksaußens für ihre Neuzugänge verplant hat. Dass er nun aber nicht einmal mehr mit der Mannschaft trainieren darf, kann Bengs nicht verstehen, vor allem nachdem davon in einem Gespräch mit Aksen vor zwei Wochen nicht die Rede gewesen sei und er sich am Freitag bei Schwalb aus dem Urlaub zurückgemeldet hatte. "Das ist ein Schlag für mich, den ich nicht nachvollziehen kann, auch weil ich mir in Wallau nichts habe zu Schulden kommen lassen", sagte Bengs, der "mit der Mannschaft super auskommt" und zum Trainer "ein fast schon freundschaftliches Verhältnis hat". Als Stinkstiefel ist Bengs jedenfalls nicht bekannt. Aksen wiederum begründet den Rauswurf auf Raten damit, "dass es gut für die Mannschaft ist, wenn Carsten nicht mehr dabei ist".
Bengs befindet sich nun in einer schwierigen Lage. "Wie soll ich einen neuen Verein finden, wenn ich nicht einmal mehr mittrainieren darf?", fragt er sich. Zuletzt hatte Bengs, der sich auch ein Engagement in der zweiten Liga vorstellen kann, Anfragen norddeutscher Bundesliga-Clubs, die er aber ablehnte, weil er ortsgebunden ist. "Ich kann nicht einfach aus Wallau weggehen, weil ich im nächsten Sommer mein Sportstudium in Mainz beenden will und meine Frau in Frankfurt arbeitet."
Tiefschlag auch für Heiko Grimm
Neben Bengs musste auch Heiko Grimm einen Tiefschlag verkraften, weil ihn Bundestrainer Heiner Brand aus dem Kader für die Olympischen Spiele gestrichen hat. "Ich wäre gerne nach Athen gefahren, aber ich konnte mir ausrechnen, dass es mich trifft", sagt Grimm. Schwalb, der ihm "das Olympiaticket gegönnt hätte", freut sich indes, "dass Heiko jetzt schon bei uns ist". Auf die von Schwalb angebotenen freien Tage hat Grimm verzichtet. "Was soll ich allein zu Hause? Da trainiere ich lieber", sagt er, der sich ebenso wie Rückkehrer Andreas Rastner topfit präsentierte, nachdem ihn beim Vorbereitungscamp der Nationalmannschaft eine Sehnenverletzung geplagt hatte.