Wie die Nachwuchsarbeit in der Breite stribt...

  • Langsam, aber sicher, wird die Talentförderung in Deutschland immer mehr konzentriert. Und zwar auf die HBL-Vereine. Wo die Entwicklung hingeht, wird jetzt sogar erstmals öffentlich vorgetragen. Aus diesem Artikel ziehe ich folgende Schlüsse:


    - Ein talentierter Jugendspieler wird praktisch gezwungen, in einen HBL-Verein zu wechseln. Sollte die Neustrukturierung der A-Jugend kommen, sind 18 von 48 Plätzen für HBL-Nachwuchsmannschaften verplant (vgl. Entwurf Arbeitskreis Spielklassenstruktur Jugend). Diese müssen auch nicht in Qualifikationen. :respekt:


    - Genau diese Vereine bekommen noch ein eigenes Nachsichtungsturnier für den DHB. Packen Auswahlspieler also über die "normale" Sichtung nicht den Sprung, kann man sich durch einen Wechsel zu einem HBL-Verein noch einmal sichten lassen. :tschau:


    - Der DHB gibt langsam seine kompletten Aufgaben an die HBL ab. Jetzt gibt es schon Trainerseminare, die nur Bundesligavereine besuchen dürfen. Was macht der DHB denn noch für die Förderung der Jugendarbeit in der Breite ??? :schlaf:


    Aus meiner Sicht macht die HBL sehr gute Lobbyarbeit und schanzt ihren Vereinen (deren Vertreterin sie ja ist) immer mehr talentierte Nachwuchsspieler zu. Der DHB macht nichts, muss nichts machen oder ist sogar froh, dass jemand (die HBL) etwas macht. Nicht-HBL-Vereine haben immer mehr das Nachsehen, ihre talentierten Spieler werden abgeworben.


    Vielleicht sehe ich das zu pessimistisch, aber für mich wird so der Tod des Handballs in der Breite billigend in Kauf genommen. Wo setzt denn der DHB erkennbar Zukunftsvisionen um, z. B. bei den Themen Bevölkerungsentwicklung, Integration oder Schule & Verein. Sehen das noch Andere so, oder läuft das etwas erkennbar gegen die... :wall:


  • willst du der hbl vorwerfen, dass sie das tut, was eigentlich aufgabe der landesverbände wäre? ist doch logisch, dass die hbl zunächst einmal an sich selbst denkt und damit an die spitzenförderung.


    und vergiss mal eines nicht: es gibt nun mal nur 18 bundesliga-vereine. die können pro jahr aber ja nur eine begrenzte anzahl an talenten aufnehmen. der rest wandert in niederklassigere vereine zurück. vielleicht sogar zum stammverein. dann aber eben mit einer - im idealfall - besseren ausbildung und damit auch neuem input für den neuen verein.


    es ist doch logisch, dass ein leistungszentrum bessere fördermöglichkeiten hat als der normale dorfverein, bei dem eine a-jugend zweimal in der woche trainiert. ob dann in der praxis auch die zu erwartenden ergebnisse produziert werden, ist ein anderes thema ...

  • Aus meiner Sicht ist der Text anders zu verstehen und hier sollen vor allem 2 Missstände angesprochen werden:


    * Wer als Jugendlicher nicht in der (Jugend-)Mannschaft eines Erstligisten spielt, hat schlechte Karten bei der DHB-Sichtung.


    * Ein Trainerseminar nur für Bundesligisten hat ein "G´schmäckle". Der DHB gibt Nachwuchsarbeit an die HBL ab und die HBL bedient nur ihre eigene Klientel. Ganz klar, volle Zustimmung, dass ist der Auftrag der HBL. Aber mit Gleichheit hat das nichts zu tun und der DHB erfüllt seine Aufgabe nicht.

    "Erfolg ist eine Folgeerscheinung, niemals darf er zum Ziel werden." (Gustave Flaubert)

  • Bei den Sichtungen ist das sicherlich noch kein Problem, wo man spielt. Dass von Spielern, die irgendwann dann im DHB-Kader stehen, aber erwartet wird, dass sie bei einem Verein spielen, bei dem sie optimal gefördert werden können, ist doch nachzuvollziehen oder?. Es bringt einem Jugendnationalspieler nun mal mehr, wenn er tägliche aufeinander abgestimmte Trainingseinheiten hat, als wenn er zweimal bei seinem "Dorfverein" trainiert und vielleicht noch zusätzlich 1-2 mal bei seinem Landesverband. Wie gesagt: Das ist der Optimalfall. Ob der DHB tatsächlich noch einmal seine Nationalkader verändert, weil er bei einem Turnier noch einen Spieler entdeckt, den bisher keiner kannte, der es aber trotzdem irgendwie noch zu einem Bundesligisten geschafft hat, wag ich mal zu bezweifeln.


    Warum sollte die HBL kein Trainerseminar nur für ihre Klientel anbieten, wenn die das Ganze auch mit ihrem Geld finanzieren?


    Diejenigen, die ihre Aufgabe nicht erfüllen, sind die Landesverbände.

  • Generell würde mich mal interessieren wie viele von den Jungs die bei der DHB Sichtung den Sprung in Kader schaffen 3 Jahre später noch dabei sind?!


    Ich meine mal gehört zu haben dass im Grötzki Jahrgang(89) grade mal 3 oder 4 Spieler noch im Team sind die es damals bei der Sichtung schon gepackt hatten.


    Hat dazu jemand Informationen?

  • Wenn man sieht, dass mehrere Nationalspieler über gar keine Jugend-/Juniorenländerspiele verfügen, dann kann das aktuelle Syste, welches z.B. Holger Glandorf oder Anna Loerper durch das Roster fallen ließ jedenfalls nicht so toll sein.


    Ob die neue Variante besser wird, steht auf einem anderen Blatt - aber irgendwie kommt es mir so vor, als ob zahlreiche Leute immer neidisch auf die Möglichkeiten des SCM geschaut haben. Nur, der Dorfverein kann diese Infrastrukturmaßnahmen niemals alleine bewältigen.


    Letztlich müsste der DHB aber auch im Interesse seiner kleinen Vereine (die haben ja über ihre LV und RV genügend Mitspracherecht an dieser Entwicklung) eine Ausbildungsabgabe aushandeln.

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.


    Einmal editiert, zuletzt von Steinar ()

  • Das Thema ist letztlich ganz einfach: der DHB überlässt die Nachwuchsförderung zusehends der HBL. Das Problem dabei ist: es wird zu wenig in die Breite gearbeitet. Spitzenförderung ist wichtig, ist aber nur ein Teil der Nachwuchsarbeit.


    Wenn wir Handball nicht zur Nischensportart machen wollen, brauchen wir eine breite Verankerung. Deshalb muss der DHB ein Interesse daran haben, dass auch der "Dorfverein" bestehen bleibt und dass es Anreize für ihn gibt, ein Team in die Regionalliga zu bringen. Breite und Spitze schließen sich nicht aus. Sie hängen zusammen!!!


    Volle Hallen werden die Ausnahme, wenn die Jugendausbildung weiterhin derart einseitig Richtung HBL umstrukturiert wird. Das ist kein Pessimismus, sondern lässt sich statistisch (Geburtenraten etc.) leicht hochrechnen. Vielleicht nimmt man das auf Funktionärsebene irgendwann mal zur Kenntnis.

  • Die Ausbildungspauschale (Ausbildungskostenersatz/AKE) gab es ja schon. Ließ sich aber rechtlich nicht halten. Das wär dann schon wieder eher eine Aufgabe für die HBL, z. B. freiwillige Zahlungen zu leisten, wenn ein Talent zu einem HBL-Verein wechselt. In Berlin ist das meines Wissens bereits üblich.


    Das aktuelle Sichtungssystem krankt an den Landesverbänden, die oftmals ihren Aufgaben nicht nachkommen. Chronisch unterbesetzt sind oder eben einfach nur Leute in ihre Reihen aufnehmen, die a) aus ihren Reihen kommen oder die b) sich aus einer Profilneurose heraus immer wieder aufdrängen. Sprich nicht unbedingt Leute auswählen, die optimal für den Job geeignet wären, sondern die, die halt da sind.


    Der DHB überlässt die Nachwuchsförderung nicht allein der HBL. Ihr überlässt er den Spitzensport. Der Breitensport ist noch immer Aufgabe der Landesverbände. Jetzt der HBL vorzuwerfen, dass sie ihren Job macht und nicht den der Landesverbände ist wohl etwas schwierig ...

  • Stellt sich die Frage, ob die Talente bei den Bundesligisten am besten aufgehoben sind oder ob nicht der ein oder andere "Dorfverein" die bessere Jugendabteilung hat. Bei den Mädels muss ich im SIS schon in den untersten Klassen auf die Suche nach dem Nachwuchs von Garßen Celle gehen. Dagegen hatte hier jahrelang Anderten auch mit Oberliga-/Regionaligamannschaft einen starken Unterbau bei den Jungs. Und außerdem gibt es inzwischen das Zweitspielrecht.

    "The chicken are coming home to roost."

    Malcolm X

  • Die Frage stellt sich nicht. Das ist so, dass der eine oder andere Dorfverein die bessere Jugendabteilung hat. Es geht hier aber ja aktuell um die HBL - also um die Jungs - und da gibt es ein Jugendzertifikat, das es zu erfüllen gilt. Passiert das, entstehen Voraussetzungen, die kein Dorfverein bieten kann. Ob der Bundesligist im Einzelnen dann auch was aus diesen Voraussetzungen macht, steht wieder auf einem anderen Blatt.

  • Zitat

    Original von Troya
    Das aktuelle Sichtungssystem krankt an den Landesverbänden, die oftmals ihren Aufgaben nicht nachkommen. Chronisch unterbesetzt sind oder eben einfach nur Leute in ihre Reihen aufnehmen, die a) aus ihren Reihen kommen oder die b) sich aus einer Profilneurose heraus immer wieder aufdrängen. Sprich nicht unbedingt Leute auswählen, die optimal für den Job geeignet wären, sondern die, die halt da sind.


    Kannst Du bitte auch die Personalentscheidungen beim DHB kommentieren?

  • Zitat

    Original von Troya
    Die Frage stellt sich nicht. Das ist so, dass der eine oder andere Dorfverein die bessere Jugendabteilung hat. Es geht hier aber ja aktuell um die HBL - also um die Jungs - und da gibt es ein Jugendzertifikat, das es zu erfüllen gilt. Passiert das, entstehen Voraussetzungen, die kein Dorfverein bieten kann. Ob der Bundesligist im Einzelnen dann auch was aus diesen Voraussetzungen macht, steht wieder auf einem anderen Blatt.


    Ich glaube nicht, dass HBL-Vereine per se eine bessere Voraussetzung bieten. Einige "Internate" bestehen wohl darin, dass sich mehrere Jugendliche eine Wohnung teilen und einmal am Tag jemand als Aufsicht vorbeikommt. Oder die Spieler werden in Gastfamilien betreut. Nicht überall ist eine komplette pädagogische Betreuung sichergestellt. Schulische Hilfe wird vernachlässigt. Ich kenne die Berichte allerdings nur von Dritten, es gibt auch tolle Beispiele mit super Förderung und idealen Rahmenbedingungen. Aber wenn Spitzensportförderung bedeutet, dass von 10 Spielern 1 in die 1. Buli, 1 in die 2. Buli, 2 - 3 in anderen Klassen am Ende kommen und 5 entweder wegen Verletzung aufhören oder die Lust am Handball verlieren, dann will ich das nicht.


    Das Zertifikat sagt aus meiner Sicht kaum etwas über die Qualität der Vereine aus. Ok, es werden gute Rahmenbedingungen eingefordert. Aber wenn die Vorgabe ist, in einer bestimmten Spielklasse zu agieren, fördert dies nur das Abwerben.

    "Erfolg ist eine Folgeerscheinung, niemals darf er zum Ziel werden." (Gustave Flaubert)

  • die kann ich schon seit geraumer zeit nicht nachvollziehen ... und nur um das klarzustellen. es gibt mit sicherheit auch bei den landesverbänden ausnahmen, die einen guten job und eine professionelle arbeit leisten.


    du hast natürlich recht. die rahmenbedingungen sind nur die eine seite. wenn man als verein nicht voll dahinter steht, kann man aus den besten voraussetzungen nichts rausholen, während der dorfverein mit engagierten ehrenamtlichen aber deutlich begrenzteren möglichkeiten bessere ergebnisse erzielt.


    ich würde das nicht unbedingt als abwerben bezeichnen. aber wenn ich an flächenstaaten wie bayern denke, wo ein überdurchschnittliches talent mangels masse vielleicht einmal alle zwei wochen gegen einen spieler seiner leistungsklasse antreten kann, macht es halt einfach sinn, die wenigen überdurchschnittlichen talente zu konzentrieren, damit sie ständig auch im training gefordert sind.

    Einmal editiert, zuletzt von Troya ()

  • Zitat

    Original von Troya
    Die Frage stellt sich nicht. Das ist so, dass der eine oder andere Dorfverein die bessere Jugendabteilung hat. Es geht hier aber ja aktuell um die HBL - also um die Jungs - und da gibt es ein Jugendzertifikat, das es zu erfüllen gilt. Passiert das, entstehen Voraussetzungen, die kein Dorfverein bieten kann. Ob der Bundesligist im Einzelnen dann auch was aus diesen Voraussetzungen macht, steht wieder auf einem anderen Blatt.


    Hierzu muss ich sagen, dass ich bei der 94er DHB Sichtung in Heidelberg nur qualifiziertes Personal an Landestrainern gesehen habe. Keinen Einzigen bei dem ich sagen würde "Oh Gott, der hat aber gestern noch eine E Jugend trainiert". Wie es im Norden ist weiß ich nicht so recht. Mit Außnahme von Schleswig Holstein und Sachsen Anhalt.(top Leute) Rest kenne ich nicht gut genug.


    Anders aber bei den Jungs vom DHB. Da hat auch manchmal die Außendarstellung nicht ganz gepasst.

  • @rio: zu den aufgaben eines landestrainers gehört es aber nun mal nicht nur, sein team zu coachen, sondern auch das thema talentsichtung. bleiben wir beim beispiel bayern und deiner 94er sichtung: wie soll z. b. ein landestrainer, der parallel noch eine landesliga-mannschaft trainiert und bezirksliga pfeift am wochenende auch noch die ligen seiner auswahl-altersklasse im auge haben? das müsste er aber, weil es halt leider noch immer genügend talente gibt, die gar nicht erst bei sichtungen auftauchen, weil der zugehörige dorfverein eben angst hat vor abwerbungen.

  • Speziell in Bayern darf man da ja auch Angst haben ;) (ironie)



    Gut, dass es dort so ist mag sein. Entzieht sich mir dann doch ein bisschen meiner Kenntnis. In Rheinland Pfalz und ich meine auch in Hessen und im überragenden Saarland ist es auf jeden Fall so, dass die Trainer dicht am Geschehen dran sind. Und das nicht nur bei Sichtungen, Turnieren und Training sondern auch dann wenn "nur" die Vereine spielen.

  • der einzige aktiv abwerbende in bayern ist das hblz, das arbeitet aber bundesweit ... wäre jetzt aber auch nicht grundsätzlich verwerflich, wenn sich dort die größten talente von bayern sammeln würden - vorausgesetzt dort würde gut gearbeitet ... ist aber offenbar nicht so ...


    in den von dir genannten bundesländern hast du natürlich aber auch eine deutlich höhere dichte als in bayern oder den östlichen bundesländern. vorbildlich wird sicherlich auch in württemberg gearbeitet. wenn die fahrtstrecken größer werden, ist das ganze aber halt nicht mehr von einem hauptamtlichen, der am rand der fläche lebt und ein paar "minijobblern" abzudecken ...

  • Zitat

    Original von Río
    ich meine auch in Hessen ... ist es auf jeden Fall so, dass die Trainer dicht am Geschehen dran sind. Und das nicht nur bei Sichtungen, Turnieren und Training sondern auch dann wenn "nur" die Vereine spielen.


    Nö. Die sind nur dran, die Spieler in ihren Verein zu ziehen!

  • Zitat

    Original von Balljäger


    Nö. Die sind nur dran, die Spieler in ihren Verein zu ziehen!


    Tatsächlich?


    Grade die männliche 94er Truppe gefällt mir sehr gut. Und die spielen doch ziemlich verteilt. Mag sein dass es in anderen Jahrgängen anders läuft.


    Kann und will ich nicht beurteilen.

  • Zitat

    Original von Río
    Grade die männliche 94er Truppe gefällt mir sehr gut. Und die spielen doch ziemlich verteilt. Mag sein dass es in anderen Jahrgängen anders läuft.


    Dann schau halt mal, wo der Trainer dieser 94er Truppe jetzt die Aktiven und nächstes Jahr die B-Jugend trainiert.
    Jetzt muß man nur noch wissen, dass er aus HU-Steinheim wohl nichts kriegen wird und dass Münster in Person eines HHV-Stützpunkttrainer auch bohrt wie entfesselt - aber es gibt ja noch Spieler aus anderen Vereinen ...