Artikel aus der Hildesheimer Allgemeinen von morgen !
ZitatAlles anzeigenSport – Nach Gopin-Beurlaubung: Das sagen die Spieler
(tbr) Wenn Spieler ihren Trainer kritisieren, dann kann das mitunter sogar fruchtbar sein. Wenn sie den Coach aber überhaupt nicht mehr Ernst nehmen und sogar Mitleid für ihn empfinden, dann läuft vieles schief. Dann müssen Maßnahmen ergriffen werden. Dies hat Gerald Oberbeck, Manager der Hildesheimer Erstliga-Handballer, getan. Er hat Trainer Valerij Gopin vorgestern beurlaubt (die HAZ berichtete).
Nach den Aussagen einiger Spieler, die die HAZ befragt hat, ist mit Valerij Gopin so ziemlich alles schief gelaufen, was schief laufen kann. Demnach waren es keineswegs nur die sprachlichen Barrieren, die den Russen für den Job als Erstligatrainer disqualifizierten.
In vielen Punkten sind sich die befragten Akteure Sven Lakenmacher, Pierre Limberg, Niko Katsigiannis und René Boese einig: Gopin habe mit vielen Spielern kaum und mit einigen überhaupt nicht geredet. Vor den Spielen habe es keine Analyse der Stärken und Schwächen des jeweiligen Gegners gegeben. Auch eine Nachbereitung der Partien habe nicht stattgefunden. „Da kam fast gar nichts“, wundern sich Limberg und Boese auch im Nachhinein noch. „Ich habe noch nie in einer Mannschaft gespielt, in der so viele Spieler unzufrieden waren“, erklärt Torwart Katsigiannis. Pierre Limberg setzt noch einen drauf: „Ich weiß keinen Kollegen, der nicht unzufrieden war.“
Videoanalysen waren für Gopin offenbar ein Fremdwort. „Wer Glück hatte, bekam manchmal eine DVD“, sagt René Boese. „Die sollten wir uns dann zu Hause angucken.“ Selbst grundlegende Dinge wie das Einstudieren von verschiedenen Spielsystemen wurden offenbar grob vernachlässigt. „Es gab kein System“, sagt Limberg. „Wir haben die gleichen Fehler immer wieder gemacht, ohne dass sie abgestellt wurden“, ergänzt Katsigiannis.
Da mutet es fast wie ein Wunder an, dass sich die Mannschaft in vielen Spielen ganz ordentlich präsentierte. „Kampf und Einsatz haben immer gestimmt“, sagt Kreisläufer Limberg. „Aber es fehlte ganz einfach die steuernde Hand.“ Das habe dazu geführt, dass die älteren Spieler die taktische Marschroute oft selbst festgelegt hätten.
Dazu gehörte Sven Lakenmacher. Der Routinier, vom Trainer stur auf Linksaußen eingesetzt, zog oft in die Mitte, um mehr Einfluss auf das Geschehen zu nehmen und seine Mitspieler zu dirigieren. Mit Kritik am Coach hält sich Lakenmacher zurück. Das, was er sagt, hört sich eher nach Mitleid an: „Gopin wollte sich nicht helfen lassen, selbst den Kontakt mit den erfahrenen Spielern hat er gescheut.“
Zuletzt bei der 27:34-Niederlage in Düsseldorf fügte sich die Mannschaft früh in ihr Schicksal. „Eigentlich verlieren wir da nicht so hoch, aber der Frust saß zu tief“, erkannte Oberbeck – und zog die Notbremse.
„Wir haben fast schon zu viel Zeit verloren“, urteilt Limberg. „Alle anderen Mannschaften sind uns taktisch voraus. Diesen Nachteil müssen wir jetzt ganz schnell aufholen.“ Eines betonen sowohl Limberg als auch Katsigiannis, Boese und Lakenmacher: „Der Trainer ist nicht an allem Schuld. Wir müssen uns auch an die eigene Nase fassen.“
Limberg gibt sich gewohnt kämpferisch: „Es geht hier nicht um Gopin, um mich oder sonstwen, sondern allein um unser gemeinsames Ziel: den Klassenerhalt. Lakenmacher ist überzeugt: „Wir haben das Potenzial, den Abstieg zu verhindern. Wichtig ist, dass wir im Training und im Spiel wieder Spaß haben. Wir stehen vor einem Neuanfang.“