Alles anzeigenDu kannst als Nationaltrainer entweder die besten zur Verfügung stehenden Spieler nominieren und dann auf Basis dieses Kaders ein Spielkonzept entwickeln oder Du gibts deine eigene Spielpilosophie vor und suchst dann Spieler die dazu passen. Für Letzteres hat sich Christian Prokop entschieden und dies hat Maximilian Janke und Bastian Roscheck zu ihrem Nationalmannschafts- und Europameisterschaftsdebüt verholfen. Gestern ist diese Spielphilosophie krachend gescheitert gegen einen Mannschaft, die man getrost als Lieblingsgegner der DHB-Auswahl bezeichnen kann. 14 Spiele in Folge ohne Niederlage gegen Slowenien (darunter nur ein Unentscheiden 2010), zuletzt zwei souveräne Siege im Mai 2017 im Rahmen der EM-Qualifikation und dann steht in den ersten 30 Minuten eine deutsche Abwehr auf dem Feld die in keiner Phase ein Mittel gegen den Gegner findet und vom Bundestrainer im Minutentakt umgestellt wird - ohne Wirkung. Es hätte keines Miha Zarabec bedurft um diese Lücken im Zentrum der Abwehr zu nutzen. Zum Einen fehlte in der Abwehr der notwendige Einsatzwille. Stoppfouls um den Spielfluss des Gegners zu unterbrechen und sich den Respekt der Gegenspieler zu erarbeiten, weil sie merken, dass es weh tut durch diese 6:0-Abwehr durchgehen zu wollen, waren Fehlanzeige. Das Verhalten bei Abprallern war amateurhaft. Selbst wenn ich den Abpraller nicht regelkonform aufnehmen kann, weil ich als Spieler im Kreis stehe, dann schaue ich nicht zu wie der Gegenspieler diesen Ball frei aufnehmen und ins Tor werfen kann, sondern schnappe mir den Ball auf Kosten eines Freiwurfs für den Gegner. Da muss sich einerseits jeder Spieler selbst hinterfragen, ob er gestern sein volles Leistungsvermögen abgerufen hat und gleichzeitig muss der Bundestrainer sich die Frage gefallen lassen mit welcher Grundidee er seine Mannschaft aufs Spielfeld geschickt hat und ob sein wildes Umstellen während des laufenden Spiel etwas gebracht hat.
Im Angriff hat sich gestern gezeigt, dass auch ein Uwe Gensheimer ab und an schwache Tage hat und dann eine Alternative auf Linksaußen nicht verkehrt wäre.
Falls der in meinen Augen durchaus berechtigte Einspruch der Slowenien keinen Erfolg haben sollte - wie ich es von der EHF erwarte - dann wäre die DHB-Auswahl mit einem blauen Auge davon gekommen. Erstmal gilt es abzuwarten und sich mit neuem Mittelblock auf das Spiel gegen Mazedonien vorzubereiten.
Den Gegner gehörig unterschätzt und nicht mit vollem Einsatz bei der Sache (Einstellung der Spieler), dazu wirklich effektive und spielstarke Slowenen sind für mich die Gründe für den Rückstand zur Pause. Aus meiner Wahrnehmung hat Prokop mit seinen häufigen Wechseln gerade gegen diese lasche Einstellung im Abwehrverhalten gegen gesteuert, um die Spieler wachzurütteln. Das hat offensichtlich auch nicht ausgereicht. Die Pausenansprache dürfte aber Wirkung gezeigt haben, da in HZ2 die Abwehr deutlich besser stand (auch ohne den pfeilschnellen und nachnominierten RL ).
Nach dem Spielausgang und dem Verlauf der HZ2 könnte man sicher behaupten, dass das wilde Umstellen mit dazu führte, dass die Mannschaft wieder in die Spur fand. Dafür spricht zumindest mehr, als dass es nichts gebracht hat. Andersrum wäre hier der Aufschrei (vorsicht nur Behauptung) weitaus größer, wenn Prokop das Spiel ohne diese Wechsel einfach so laufen gelassen hätte und die Mannschaft am Ende ohne Punkt dastehen würde.