Geldstrafen für Mannschaftszurückziehungen vor der Saison - wirksam?

  • Der Landesverband, zwischen HVSH und HHV gelegen, bestraft gerade die Mannschaftszurückziehungen vor der Saison. Und haut dabei ordentlich auf die Kacke, denn der Strafrahmen wird stets in voller Höhe ausgenutzt. Wenn beispielsweise von € 50,- bis € 540,- bestraft werden kann, dann wird auch der Höchstsatz gefordert. Geht... wenn es denn dafür eine Begründung gäbe. Die finde ich aber nicht in dem Bescheid, gegen den ich gerade einen Einspruch verfasst habe. Es lohnt sich hier mal genau in die Begründung wie auch in die Rechtsordnung zu schauen:


    1. Strafnorm

    § 25 Ziff. 14 Rechtsordnung DHB wird herangezogen: "Zurückziehen gemeldeter Mannschaften oder Ausscheiden während der Meisterschaftssaison"


    Es wird schon kniffelig. "Während der Meisterschaftssaison". Die hat noch gar nicht begonnen (§ 9 I SpO DHB). Oder ist nur Ausscheiden während der Meisterschaftssaison gemeint, Zurückziehen bereits nach Meldung? Kann man so auslegen, dann ist ja der Bescheid noch o.k. Andererseits folgt auf die Meldung mancherorts noch ein Staffeltag und danach die Ligeneinteilung. Zwischen Meldung und Ligenteinteilung wäre noch gar kein organisatorischer Schaden entstanden, so dass die Auslegung "Zurückziehen während der Meisterschaftssaison" noch plausibler erscheint.


    2. Bestimmtheit

    Bestraft werden kann mit "€ 50 bis zur dreifachen Höhe des Spielbeitrags"


    WTF ist ein "Spielbeitrag"? Muss ja irgendwo stehen. Finde ich in der Rechtsordnung nicht. Unbestimmter Rechtsbegriff, "Spielbeitrag" kann dann auch aus Monopoly stammen. Im konkreten Fall nahm man das Dreifache des Meldegelds der zurückgezogenen Mannschaft, sog. "Mannschaftsbeitrag" nach der Gebührenordnung. Ja, wenn ich die Begrifflichkeiten wild durcheinandermische... Macht viel Sinn, steht aber nicht in § 25 Ziff. 14 RO DHB. Meines Erachtens ist die Norm mangels Bestimmtheit rechtswidrig und damit auch der Strafbescheid.


    3. Höhe der Strafe

    Und selbst wenn man bei Ziff. 1 und 2 den Verband noch verteidigen könnte, der Strafrahmen lautet:


    € 50,- bis zur dreifachen Höhe des Spielbeitrags


    Im konkreten Fall lag das Meldegeld bei € 180,-, für das Zurückziehen fordert der Verband nun € 540,-. Das geht. Dem Verband ist Ermessen eingeräumt. Ermessen ist aber etwas ganz anderes als Willkür. Willkür bedeutet, ich lose/würfele die Höhe der Strafe aus; ich nehme prinipiell die Höchststrafe; ich nehme von Vereinen A. bis Z. stets die Mindeststrafe, nur Verein M. bestrafe ich immer mit der Höchststrafe, weil ich den Verein nicht mag.


    Ermessen dagegen bedeutet, ich orientiere mich an nachvollziehbaren Kriterien und begründe den Bescheid danach (organisatorischer Mehraufwand für den Staffelleiter; bereits entstandene Fahrtkosten; Wettbewerbsverzerrung; Vorhersehbarkeit oder Verschulden der Mannschaftsabmeldung; Wiederholungstäter). Eine Mannschaft, die von einer biblischen Verletzungsmisere getroffen wird, ist anders zu behandeln als der Verein, der jedes Jahr eine noch nicht existierende A-Jugend meldet und jedes Jahr die Abwerbbemühungen bei den Nachbarvereinen scheitert. Wenn ich dann einen Verein am unteren, den anderen Verein am oberen Ende der Skala bestrafe UND dies begründe, dann ist das Ermessen gewahrt. Bei der Mindeststrafe kann die Begründung kurz ausfallen, bei der Höchststrafe muss Butter bei die Fische!


    In meinem Fall heißt es:


    "Die zweite Mannschaft der weiblichen Jugend B wurde am 17.08. aus eigenem Ermessen zurückgezogen."


    Mehr Begründung gibt es nicht. Das ist schön, dass der Verein Ermessen bei der Zurückziehung ausgeübt hat, ersetzt aber nicht das Ermessen des Verbands bei der Strafzumessung. Und eine Ausübung des Ermessens gab es nicht. Erst recht nicht, wenn ich gerade höre, dass aktuell prinzipiell die Höchststrafe flächendeckend ausgesprochen wird.


    Der Bescheid ist daher ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.

    The bastards hung me in the spring of '25.

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    Einmal editiert, zuletzt von Zickenbändiger ()

  • Was ist wohl ein Spielklassenbeitrag? Ganz einfach, dass sind die Beiträge, die du für die Spielklasse zu zahlen hast, in der die Mannschaft gemeldet ist und spielt, Sie wird vom erweiterten Vorstand des Landesverbandes oder vom DHB, wenn es um DHB-Spiele geht. festgelegt. Du findest diese Gebühren in der jeweiligen Gebührenordnung des Landesverbandes oder beim DHB.

  • Was ist wohl ein Spielklassenbeitrag? Ganz einfach, dass sind die Beiträge, die du für die Spielklasse zu zahlen hast, in der die Mannschaft gemeldet ist und spielt, Sie wird vom erweiterten Vorstand des Landesverbandes oder vom DHB, wenn es um DHB-Spiele geht. festgelegt. Du findest diese Gebühren in der jeweiligen Gebührenordnung des Landesverbandes oder beim DHB.

    Lesen und verstehen, er schreibt von einem Spielbeitrag und nicht Spielklassenbeitrag! Wenn Du Zickenbändiger kennen würdest, dann hättest Du sicher schon mitbekommen, dass er sich mit der Materie "Handball" ganz gut auskennt und ihm das Wording in vielerlei Hinsicht bekannt ist.

    Das Erste, was ein Kind lernt, ist gegen den Ball zu treten! Wenn es intelligent ist, nimmt es ihn später in die Hand !!!


    Die Wissenschaftler haben herausgefunden..... und sind auch wieder reingekommen :)


    Politiker sind wie Windeln, man sollte sie oft wechseln, und aus den gleichen Gründen! (Mark Twain)

  • Zickenbändiger: Ich nehme schon mal ein "Argument" vorweg: "(die) Meisterschaftssaison beginnt am 01.7. eines Jahres und endet am 30.06. des Folgejahres." nicht meine Meinung, vermutlich Sichtweise des Verbandes.


    PS: Solche Funktionäre jagen voller Stolz und ohne schlechtes Gewissen den Handballsport durch den Orkus.

  • Zitat

    Ich nehme schon mal ein "Argument" vorweg: "(die) Meisterschaftssaison beginnt am 01.7. eines Jahres und endet am 30.06. des Folgejahres." nicht meine Meinung, vermutlich Sichtweise des Verbandes.

    Und mir ist die Sichtweise des Verbands wurscht, denn in der Spielordnung steht:


    Zitat

    § 9 Spielsaison

    (1) Die Spielsaison beginnt für eine Mannschaft mit ihrem ersten Meisterschafts- oder Pokalspiel (...)

    Du bist beim Spieljahr, auf das die Rechtsordnung keinen Bezug nimmt.


    Spielbeitrag = Spielklassenbeitrag = Mannschaftsbeitrag = Nenngeld = Spielabgaben


    Kann man alles gut vertreten. Die Landesverbände, die die Bundesterminologie beibehalten, machen es ihren Mitgliedern transparenter und leichter, den Ordnungsdschungel zu durchschreiten. Mein Einspruch wird auch nicht mit dem Argument "Spielbeitrag" Erfolg haben. Der Verband hat hier rechtswidrig willkürlich die Höchststrafe gezogen und damit wird der Strafbescheid beseitigt.

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  • Ok. Ich gebe mich geschlagen. :hi:Viel Erfolg!

  • Zickenbändiger hat bei Helge/Lothar gut aufgepasst und viel gelernt :)

    Im Anfang war das Nichts - und das ist dann explodiert." (Terry Pratchett)
    1990 + 1974 - 1954 = 2010 (nur ein kleiner RECHENFEHLER)

  • meine Meinung: ein Ordnungsgeld ist schon sinnvoll, Argumente dafür hast du ja schon selber gebracht. Teile aber deine Meinung, dass sich die Höhe erst mal am unteren Ende bewegen sollte. Wegen mir 100€. Wegen mir auch das Doppelte in der höchsten Verbandsspielklasse und oder bei Aktiven.

    Persönlich zolle ich dir Respekt wenn du nach der Klatsche nicht den Bettl hinschmeisst, wie man etwas weiter südlich zu sagen pflegt.

  • Moin,


    und wieder einmal werden die gepflegten Verbandsfunktionäre nicht einmal verstehen, welchen "juristischen Bock" sie geschossen haben und warum dieser Strafbescheid (juristisch betrachtet) keinen Bestand haben kann! Aber das ist ja auch nichts wirklich neues ...


    Viel Erfolg - ich bin gespannt auf den Ausgang!

  • Das Verbandsgericht wird juristisch nicht qualitativ besser besetzt sein und schon eine Begründung im Sinne des Verbandes finden...

    Da muss ich eine Lanze für die beiden Spruchkammern jenes Verbandes brechen, der zwischen HVSH und HHV liegt! In einem jüngeren Verfahren (renitenter Kindertrainer wird für zwei Jahre gesperrt, Strafe soll noch verdoppelt werden) war die Kammer mit drei Kollegen von mir besetzt, die nicht die Verbandsbrille aufhatten und sich ganz nüchtern mit Lothar Frohweins Einspruchsgrund auseinander gesetzt haben, dass der strafende Verband gem. eigener Satzung gar nicht berechtigt war. Dieselbe Kammer hat nun in meinem letzten Einspruchsverfahren wiederum gegen den Regionsverband entschieden, der vor Eintragung der dann notwendig gewordenen Satzungsänderung in das Vereinsregister wieder unberechtigt Geldstrafen rausgehauen hat.


    Die andere Kammer, zumindest im Vorsitz mit einem Rechtsanwalt besetzt, hatte ein Parallelverfahren verhandelt. Dort ging es um € 1.400,- Strafe. Der Einspruchsführer hat bei der Verfassung des Einspruchs aber nicht in handballrecht.de nachgeschaut und unter den Unterschriften vergessen, die Namen der Funktionäre in Druckbuchstaben zu wiederholen. Üblicherweise der (lächerliche) Killer in einem Sportgerichtsverfahren. Die Kammer hat ganz genüsslich gemeint, die Formvorschrift sei nur eine Soll-Vorschrift, interessiere sie nicht und hat den Strafbescheid über € 1.400,- aufgehoben.


    Nun geht der Einspruch nicht gegen den unteren Verband sondern den Landesverband selbst. Und auch da bin ich sicher, dass das Sportgericht kompetent und neutral entscheiden wird.


    Ich habe übrigens in der Tat von Lothar gelernt. In dem Einspruch gegen den Strafbescheid über die Höchststrafe von € 540,- habe ich angeboten, dass der Verein die Mindeststrafe von € 50,- zahlt, wenn der Landesverband die Kosten des Verfahrens trägt und den Strafbescheid zurücknimmt. Im Urteilsfalle gäbe es gar nichts.

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