Ich halte auch nichts davon, wie heute morgen im Radio gefordert wurde, die Mehrzahl der friedlichen Fans dafür zu mobilisieren, gegen den Mob vorzugehen. Es ist weder meine Aufgabe, gegen solche Testosteronmonster einzuschreiten noch habe ich die Möglichkeit, hier durch Zivilcourage solche Dinge zu verhindern. Ich begebe mich selbst nur in Gefahr für mein eigenes Leben.[...]
Wenn solche Pisser einmal für ein paar Wochen gesiebte Luft atmen, macht man ihnen vielleicht eher deutlich, daß es so nicht geht.
Oder sie steigen im Prestige bei ihrer Gruppe auf, so daß so ein Aufenthalt für ein "paar Wochen" (womöglich in der Sommerpause) bald zum guten Ton gehört. Das kennt man auch aus anderen Zusammenhängen.
Ich bin sehr wohl dafür, den normalen Fan zu sensibilisieren. Es geht bei der "Mobilisierung" wohl auch nicht um physisches Eingreifen. Nicht darum, daß die Normalos jetzt bald die Ultras und Hools (sofern man da mittleweile überhaupt noch unterscheiden muß) aus dem Stadion prügeln, sondern daß der viel größere Anteil an Normalfans den Ultras und Gewalttätern die kalte Schulter zeigt und deutlich macht, daß diese Leute nicht dazugehören. Leider solidarisieren sich die Normalfans immer wieder mit den Gewalttätern und verharmlosen deren Taten, nämlich dann, wenn es zu Sanktionen gegen den Verein oder seine Fans kommt. Die Folgen, die solche Aktionen für die Vereine haben (Platzsperre, Geldstrafe, Ausschluss aus dem DFB-Pokal) immer dazu, daß die normalen Fans reflexartig dem DFB/der DFL die Schuld daran geben, weil diese/r "überzogen" reagiere und "die normalen Fans (mit-)bestraft". Der Verband kann aber unmöglich zwischen den einzelnen Personen unterscheiden, weil er sie nicht kennt.
Es muß sich beim Normalfan auf breiter Front die Einsicht durchsetzen, daß DFB/DFL mit solchen Maßnahmen völlig korrekt (eigentlich viel zu milde) handeln, und daß nicht der Verband an der Misere schuld ist, sondern diese Schwachköpfe, die nichts als Schaden anrichten und ihre Gewaltexzesse auch noch als "Liebe zum Verein" verkaufen. Der Gedanke, daß nicht die Ultragruppen, sondern der Normalfan die Gruppe der richtigen Fans darstellt, muß sich stärker durchsetzen.
Die Vereine selbst müssen deutlich Stellung beziehen und bei entsprechenden Vorfällen (Pyros mitgebracht/angezündet/herumgeworfen, Leute verprügeln/jagen/mit Gegenständen bewerfen/einschüchtern, auf den Rasen rennen) rigoros durchgreifen. Rigoros heißt lebenslanges Stadionverbot (das mal mindestens), möglicherweise Strafanzeige und vor allem zivilrechtlich gnadenlos jeden Cent Schadensersatz und Erstattung der verursachten Kosten einklagen. Letzteres ist das Wichtigste, weil es am meisten weh tut. Die DFL sollte im Gegenzug die Geldstrafen deutlich anziehen und die Forderung so lange aussetzen, bis der Club sein Geld bei dem Störer eingeklagt hat. Ich denke es wird deutlich mehr abschrecken, wenn diese Idioten anschließend sechsstellige Kosten tragen dürfen, als wenn sie sechs Wochen Verwarnhaft im Jugendarrest absitzen dürfen mit dem sie anschließend noch prahlen können und sich danach wie 'richtige Männer' fühlen. Was diese geistigen Hosenscheißer aber niemals werden.
Weiters muß jeder Verein sein Stadion wieder in den Griff kriegen und endlich die Ultrapest rausschmeißen. Ich weiß von Blöcken in DFL-Stadien, in die man trotz gültiger Karte nicht reinkommt, weil die lokale Ultragruppe - ohne Eingreifen des Vereins und mit DUldung der anwesenden 'ofiziellen' Security - selbst die Eingangskontrolle vornimmt und nichtuniformierte wieder rausschmeisst. In mindestens einem DFL-Stadion kursierten Flugblätter, wie sich der Besucher "in unserem Block" zu verhalten habe - nämlich so, wie es den "Herren" Ultras beliebt. Ansonsten habe man sich bitte aus dem Block zu entfernen, denn dies sei ihrer. Bitte schön, ich lasse mir doch nicht von irgendeinem Milchbartträger, der auf Zäunen rumturnt und sich über sein erstes Sackhaar freut vorschreiben, wie ich wann und wo welche Lieder singe. Soweit kommt's noch. (zumal dieser monotone, völlig vom Spielgeschehen gelöste Singsang das akustisch furchtbarste ist, das sich in den letzen 50 Jahren in ein Stadion verirrt hat. Mal abgesehen von Vuvuzelas.).
Diese "Bewegung" hat mit ihrem Uniformzwang und ihren hierarchischen und auf dem Führerprinzip basierenden Strukturen glasklar faschistoide Züge und in den Stadien überhaupt nichts verloren. Der Vorsinger heißt 'Capo'. Das ist ein Begriff, der im Zusammenhang mit den UItras der italienischen Mafia entlehnt ist. Im deutschen Sprachgebrauch hat er noch eine Nebenbedeutung, die auch nicht schmeichelhafter ist. Mit der Auflösung solcher Strukturen wird auch ein Teil des Gewaltpotentials gehemmt, daß gerade durch die hierarchische Strukturierung dieser Gruppen befördert wird, weil mehr "Aktion" mehr Prestige und damit sozialen Aufstieg in der Gruppe bringt, also erstrebenswert ist.
Bitte beim Lesen unterscheiden: Ich sage nicht, daß jeder, der sich zu einer solchen Gruppierung zählt, automatisch ein Gewalttäter ist. Da sind sicher auch viele friedliche Fußballfans bei. Aber die Struktur dieser Gruppen, die sich hierarchisch über das soziale Prestige aufbaut, lädt geradezu dazu ein, sich durch übertriebene Aktion zu profilieren um innerhalb der Gruppe im Ansehen aufzusteigen. Jedem ist klar, daß der nette Uwe, der die schönsten Plakate malt, in der Gruppe vielleicht gemocht wird, aber nicht das höchste Prestige besitzt. Das haben die, vor denen die netten Uwes eigentlich Angst hätten, wenn sie nicht den gleichen Pulli tragen würden. Diese Struktur ist das Problem und darum muß sie beseitigt werden.
Bei dieser Umsetzung sind Vereine und Normalfans gefordert. Der normale Fan dahingehend, den Verein (die Security im Stadion) auf solche Umtriebe aufmerksam zu machen, die Vereine andersherum sind aufgefordert, den Kontakt mit dem Normalfan wieder herzustellen und die Bedürfnisse und im Besonderen die Sicherheit des normalen Fans viel stärker als derzeit zu gewährleisten, indem er als auffällig bekannten Gruppen und Individuen konsequent und langfristig aus dem Stadion fernhält. Im Gegensatz zum Staat hat der Verein die Möglichkeit, dabei Mitläufer im gleichen Maße zu sanktionieren wie Anstifter (Anwendung des Hausrechts bedarf ja keiner tieferen Begründung). Diese Mitläufer, die vielleicht für die Zivilgesellschaft noch nicht gänzlich verloren sind, werden sich vielleicht überlegen, ob sie weiter zu einem Haufen gehören wollen, wegen dem sie dann mal für ein, zwei Jahre in kein Stadion mehr kommen.
ZitatFEH
Mit Stadionverboten erreicht man gar nichts, weil dann die extrem gewaltbereiten Fans irgendwo im Umfeld des Spieles ihre kranken Hirne weichklopfen. Denen geht´s eh nicht um Fußball sondern nur um Randale.
Sollen die sich halt gegenseitig umprügeln bis nur noch einer steht, das wäre mir theoretisch egal. Aber man kann ein Stadionverbot auch gerichtlich durchsetzen und dann mit einer Meldeauflage verbinden. Dann muß Herr Prügelfreund sich eben jeden Spieltag alle 30 Minuten persönlich auf der Wache zeigen. Das schafft auch wieder mehr Nähe zum Rechtsstaat.