Also sorry, wenn man sich über den jetzigen THW aufregt, dann ist doch das letzte, was machen kann, Gislason hervorzukramen. Das war in seinen letzten Jahren doch noch viel mehr von dem, was man jetzt kritisiert. Wenn man so will, begann die gute Phase des THW mit der Ankunft von Jicha als Co. Da könnte man ihm genauso Kredit dafür geben, dass es erst seit er da ist besser läuft. Wenn man sich mal zurückerinnert, dann war Jichas Plan als er übernommen hat, viel mehr Tempo zu spielen. Er hat auch angefangen die Bankdrücker unter Gislason spielen zu lassen, d.h. überhaupt die Breite des Kaders zu nutzen und die war gar nicht so schlecht, wie man dann gesehen hat. Ein Reinkind z.B. war in seiner ersten Saison beim THW auch nicht der Reinkind der folgenden Jahre. Das begann erst im ersten Jahr mit Jicha als Chef.
Jicha ist dann aber relativ schnell umgeschwenkt auf den Fokus Energiesparen. Das 7:6 war zu Beginn kein taktisches Mittel gegen Einfallslosigkeit, sondern sollte dabei helfen, mit weniger Kraftverschleiß zu einfachen Toren zu kommen. Sein Ziel war es offenbar immer, dass am Ende der Saison die Kräfte nicht am Ende sind. Wenn man sich mal die Rückrunden ansieht, dann ist der THW da nie abgefallen. Selbst in der Saison 21/22 als der SCM mit zwei Niederlagen Meister geworden ist, hat Kiel die bessere Rückrunde gespielt. Auch der SCM musste z.B. lernen cleverer mit den Kräften zu sein.
Ich kann mich z.B. noch an den letzten Pokalsieg vom THW 21/22 erinnern, wo der SCM diese überragende Saison spielt. Den Pokal verlieren sie aber, weil sie im Halbfinale gegen Erlangen 60 Minuten mit kleiner Rotation Vollgas geben, mit acht gewinnen, während der THW sich gegen Lemgo mehr wechselt und sich ins Finale würgt. Dort hat dann Kiel viel mehr Power und gewinnt mit sieben. Da hat Wiegert dem SCM mutmaßlich eine größere Titel-Chance gekostet. Auch der CL-Sieg gegen Barcelona wurde so gewonnen, weil Barcelona im Finale nicht nochmal so viel Energie aufbringen konnte wie im Halbfinale gegen Paris und der THW konsequent 7:6 gespielt hat. Bei aller berechtigter Kritik muss man Jicha schon zu gute halten, dass da einiges funktioniert hat.
Vermutlich ist Jicha jetzt an einem Punkt, an dem so viele Trainer immer wieder angekommen. Es hat etwas funktioniert, man war erfolgreich und nun wird an dem, was einmal erfolgreich war, so lange festgehalten, bis das entweder wieder funktioniert oder man entlassen wird. Das ist vermutlich so ein Trainer-Ding, weil man in aller Regel als Trainer auch fest an das glauben muss, was man den Spielern vermittelt, dass man irgendwann so sehr daran glaubt, dass man den Blick auf die Realität verliert. Hier müsste der THW aber auf höherer Ebene intervenieren. Bei Kiel sieht das fast ein wenig NFL-mäßig aus, wo oft ein GM und Head-Coach als Tandem kommen und gehen. Szilágyi scheint hier viel zu tief im Trainer-Team involviert zu sein.