Achter Spieler für sieben Meter - clever oder unsportlich?

  • Da die Aktion von Parrondo bei Flensburg - Melsungen im Podcast „Kreis ab“ als „clever“ gelobt wurde (und dass Parrondo „alles richtig gemacht“ hätte, wenn es geklappt hätte), möchte ich das jetzt mal zur Diskussion stellen.

    Vor allem auch, weil ich mir gut vorstellen kann, dass wir das nochmal sehen werden in dieser Saison.


    Für die, die es nicht gesehen haben:


    Melsungen lag mit zwei Toren in Flensburg zurück und machte knapp zehn Sekunden vor Ende den Anschlusstreffer (noch ein Tor Rückstand).

    Dann lief ein zusätzlich Spieler von der Melsunger Bank aufs Feld. Und sämtliche Melsunger reklamierten sofort den eigenen Wechselfehler.


    Das Ziel:


    Die Zeit anzuhalten und Flensburg zum Strafwurf zu schicken - um im Falle eines Fehlwurfes noch eine Chance zum Ausgleich zu haben.


    Der Plan hat nicht funktioniert - auch, weil die Zeit erst drei Sekunden vor dem Ende angehalten wurde.


    Aber mich interessiert eure Meinung:


    Findet ihr die Aktion gut, weil sie clever ist und das Regelwerk ausnutzt? Oder findet ihr sie unsportlich?


    Und glaubt bzw. hofft ihr, dass euer Verein das in Zukunft in einem (wichtigen) Spiel ebenfalls probiert?



    PS: Um das direkt klarzustellen: Das Ganze funktioniert nur in den letzten 30 Sekunden (Spielzeit muss laufen!), wenn dadurch ein offizieller Wurf (Abwurf, Freiwurf, Anwurf, Einwurf) nicht ausgeführt werden kann!

    Dann gibt es die rote Karte und Strafwurf.

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  • Wie ist die Diskussion beim Basketball? Unsportlich oder Clever?



    Zur Aktion: ich persönlich fand es nicht schön. Aber wenn es das "Regelwerk" her gibt, sollte man alles probieren um Punkte zu holen.

    Schlussendlich bin ich froh, dass die "Aktion" nicht funktioniert hat.

    „Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.“ — Banksy

  • Meine erste Reaktion war auch „So etwas macht man nicht!“.

    Aber nachdem ich die Beispiele der anderen User gesehen habe, denke ich jetzt: Es gibt vergleichbare Situationen, die man als normal empfindet.

    Immerhin muss hier der 7m Strafwurf auch erst einmal gehalten werden.

  • Ich wundere mich etwas über die Argumentation "Das Regelwerk gibt es her". Das Regelwerk wird absichtlich gebrochen, weil man sich trotzdem einen Vorteil verspricht. Irgendwer hatte vorgeschlagen, für die Sonderfälle der letzten Sekunde im Regelwerk zu ergänzen, dass die Mannschaft im Ballbesitz nach der Bestrafung der verteidigenden Mannschaft - rote Karte - über die Spielfortsetzung selbst entscheiden können sollte: Ballbesitz oder 7m. Das würde die Regelungslücke stopfen solche Versuche ins Leere laufen lassen. Wäre eine gute Idee.

  • nicht alles, was erlaubt ist, ist legitim. Für mich höchst unsportlich. Konsequenz für mich wäre 7m und rote Karte. Wie genau das umgesetzt werden könnte, wäre zu klären.

  • Normalerweise ist die Intention eines Regelbruchs die Vereitelung einer Torchance des Gegners durch ein Foul oder der schnellen Ausführung des Anwurfs/Freiwurfs. Hier nimmt man die Torchance des Gegners wohlwollend in Kauf. Klingt erstmal sportlich unfair. Aber gilt dasselbe nicht auch für eine Wurffalle?

  • Normalerweise ist die Intention eines Regelbruchs die Vereitelung einer Torchance des Gegners durch ein Foul oder der schnellen Ausführung des Anwurfs/Freiwurfs. Hier nimmt man die Torchance des Gegners wohlwollend in Kauf. Klingt erstmal sportlich unfair. Aber gilt dasselbe nicht auch für eine Wurffalle?

    Welche Regel brichst du denn mit der Wurffalle? Keine. Im vorliegenden Fall wird aber bewusst eine Regel gebrochen, bewusst eine Strafe in Kauf genommen, weil dennoch ein minimaler Vorteil entstehen könnte.

  • Natürlich ist die Aktion unsportlich, aber legitim wie das unfaire 7 gegen 6.


    Als neutrale Person fand ich die Idee geil, darauf muss man erstmal kommen.

    Parrondo ist ein Fuchs 😉

  • Nichts alles was legitim ist, erscheint hinterher als fair. Das Wort clever, würde ich in dem Zusammenhang nicht benutzen. Für vorsätzliche Vergehen anderer Art, gibt es sogar mal die blaue Karte. Fordere ich jetzt selbstverständlich nicht. Aber ein Vorsatz bestand ja bei der Aktion und das bewerte ich persönlich dann doch qualitativ anders, als einen zufälligen Regelverstoß.

  • Ich war auch zuerst sehr irritiert und bin auch jetzt noch froh darüber, dass die Aktion nicht aufgegangen ist.

    Sie hat so schon - zu einem schlechten Zeitpunkt für die MT- genug Staub aufgewirbelt.


    Trotzdem gab es in den letzten Tagen auch viele Denkanstöße, dass im Prinzip ja in jedem Spiel die Regeln verletzt oder gedehnt werden, um sich einen Vorteil zu verschaffen.


    Was ist z.B. mit dem Provozieren einer roten Karte durch die 3. 2 Minuten Strafe, um vielleicht den Abwehrchef eine Viertelstunde früher vom Feld zu schicken?

    Das wird ja durchaus auch laut und deutlich in Auszeiten angesagt.

    Ist das sportlich?

  • Wenn Fairness keine mehr Rolle spielt, dann darf ich aber auch nicht überrascht sein, wenn in dieser Situation der Werfer des 7m zweimal antäuscht und den Ball dann z.B. im hohen Bogen in Richtung Ecke wirft...

    Nein, das möchte ich nicht sehen.

    Ich plädiere für eine harte Sanktion unter "Unsportliches Verhalten - Betrug: Vorsätzlicher Regelverstoß, um sich einen unfairen Vorteil zu verschaffen" (Unsportsmanlike conduct - Cheating: Deliberately breaking rules to gain an unfair advantage)

  • Das Regelwerk wird absichtlich gebrochen, weil man sich trotzdem einen Vorteil verspricht.

    Man begeht einen Regelverstoß, der entsprechend den Regeln sanktioniert wird.


    Wenn man in der Kreisklasse in der 5. Minute dem einzigen Gegenspieler, der das Tor trifft, die Nase eindrückt, hat man das doch auch nur zum eigenen Vorteil gemacht, mit dem Wissen, dass man dadurch deutlich bessere Chancen hat, das Spiel zu gewinnen (bitte nicht zu wörtlich nehmen). Trotzdem wird es nicht gesondert behandelt.


    Die einzige Frage ist also, ob das aktuelle Regelwerk auf diesen Fall eingeht. Und das tut es. Das Schwierige ist an der Stelle, Absicht von Unvermögen zu trennen. Wechselfehler passieren das ganze Spiel über. Klar könnte man jetzt argumentieren, die Mannschaft hätte es ja deutlich angezeigt. Aber selbst da könnte man verteidigend einwerfen, dass man aufgrund sportlicher Fairness auf seinen eigenen Verstoß hinweist. Machen Spieler, die den Ball zuletzt berührt haben, bevor er ins Aus fliegt, ja auch manchmal. Es gibt sogar Spieler, die ihre Fouls zugeben.

    "Wenn man in ein Testspiel soviel hereininterpretiert hat man von Sport keine Ahnung." (Oldie50)

  • Wenn Fairness keine mehr Rolle spielt, dann darf ich aber auch nicht überrascht sein, wenn in dieser Situation der Werfer des 7m zweimal antäuscht und den Ball dann z.B. im hohen Bogen in Richtung Ecke wirft...

    Ja, sowas wäre die logische Konsequenz.

  • Wenn Fairness keine mehr Rolle spielt, dann darf ich aber auch nicht überrascht sein, wenn in dieser Situation der Werfer des 7m zweimal antäuscht und den Ball dann z.B. im hohen Bogen in Richtung Ecke wirft...

    Ist es fair, wenn Spieler das Unschuldslamm geben, obwohl sie genau wissen, dass die ihren Gegner im Gesicht getroffen haben oder fast den Arm rausreißen? Ist es fair, trotz Schrittfehler (Spieler spüren das eigentlich) weiterzuspielen und ein Tor zu erzielen? Ist es fair, mit dem Schiedsrichter zu diskutieren?


    Es gibt so viele Situationen, in denen der Begriff der sportlichen Fairness sehr weit gedehnt wird oder praktisch nicht mehr anwendbar ist.


    Und ja, der Werfer hat die Möglichkeit, es wie einen Unfall aussehen zu lassen und den Ball erstmal weit weg zu befördern. Im Fußball redet auch keiner darüber, wenn der Ball ins Nirvana geschossen wird oder man an der Eckfahne Zeit schindet. Es ist legitim.

    "Wenn man in ein Testspiel soviel hereininterpretiert hat man von Sport keine Ahnung." (Oldie50)

  • Nein, "Provozieren" ist niemals sportlich:

    1. Es verstößt gegen die Grundsätze von Respekt und fairem Wettkampf2.
    2. Es zielt darauf ab, den Gegner aus der Fassung zu bringen und einen unfairen Vorteil zu erlangen1.
    3. Es kann zu Eskalationen und unsportlichem Verhalten führen3.
  • Was ist z.B. mit dem Provozieren einer roten Karte durch die 3. 2 Minuten Strafe, um vielleicht den Abwehrchef eine Viertelstunde früher vom Feld zu schicken?

    Das wird ja durchaus auch laut und deutlich in Auszeiten angesagt.

    Ist das sportlich?

    Wenn du mit Provozieren meinst, dass man den Spieler isoliert und 1gg1 beschäftigt, damit die Wahrscheinlichkeit hoch geht, dass er 2 Minuten bekommt ist das meines Erachtens nicht unfair, sondern taktisch sinnvoll und legitim. Wird schon bei unterklassigen Jugendspielen praktiziert.


    Wenn mit Provozieren Aktionen wie z.B. schauspielern oder verbale Provokation gemeint ist, sehe ich das als unfair, da auch regelwidrig an.

  • Wurde früher ein Wechselfehler mit Freiwurf, dort wo der Wechselfehler geschehen ist bestraft?

    Ich meine mir hat ein sehr erfahrener Trainer und Schiedsrichter mal (stolz) erzählt, dass er so kurz vor Schluss dem Gegner einige Sekunden von der Uhr genommen und ihn aus der gefährlichen Wurfzone gebracht hat.

    Wie genau das war weiß ich aber nicht mehr im Detail.

  • Weil Basketball immer mal wieder genannt wurde. Man vor einiger Zeit angefangen, sehr offensichtliche Fouls, die nur dazu dienen die Uhr anzuhalten, als unsportlich zu pfeifen. Das hat dann auch bei Freiwürfen, wenn die Teamfoulgrenze erreicht ist, weiter Ballbesitz für das gefoulte Team zur Folge. Gerade am Ende vom Spiel sind die Schiedsrichter sehr schnell mit dem unsportlichen dabei, wenn super plump gefoult wird. Das Äquivalent zu plump wäre hier vermutlich das Reklamieren der Mannschaft, die den Regelfehler begangen hat. Nichtsdestotrotz wird das Mittel trotzdem genutzt, nur hat man es erschwert.

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