Insofern kann ich derartige Ereiferungsbeiträge nur ernst nehmen, wenn konkrete SR-Aussetzer mit Minute belegt werden. Ein derartiges Ausweichen geht für mich in Richtung Verunglimpfung von SR-Leistungen.
Noch mal ganz langsam zum Mitlesen und Verstehen:
So eine Analyse ist aufwändig und macht nur Sinn, wenn sie (in der untersten Bewertungsebene) auf ein Spiel im Ganzen bezogen ausgeführt wird. Höhere Ebenen wären dann z.B. auf eine Mannschaft bezogen, auf ein Schiedsrichtergespann bezogen, auf eine Liga bezogen, auf eine Spielserie bezogen, auf eine …
Bleiben wir mal bei dem von dir in den Fokus gezogenen Spiel Waiblingen vs. Zwickau, auch wenn es in meinem den ganzen Terz hier auslösenden Kommentar nur ein Beispiel von mehreren war. Den Aufwand für eine Person sehe ich bei min. 3 bis 4 Stunden, wenn entsprechende technische Voraussetzungen (mehrere Bildschirme, professionelle Standbild-, Zeitlupen- und Zeitrafferfunktionen etc.) gegeben sind. Diese Voraussetzungen habe ich derzeit nicht, im Einzelfall behelfe ich mir für einzelne Szenen, die für mich interessant/strittig sind, mit Provisorien. Und vor allen Dingen habe ich gegenwärtig nicht mal ansatzweise die erforderliche Zeit, diese "wunderbare hier vorgeschlagene Methodik" (O-Ton Alter Sack) mal für ein komplettes Spiel umzusetzen. Glaube mir, es juckt mir in den Fingern, weniger um mir oder anderen zu beweisen, dass ich im Einzelfall (vielleicht) Recht habe, sondern weil mich die Praxistauglichkeit einer solchen Analytik interessiert und man damit vielleicht sogar mittel- und langfristig mit einer Beta-Version dazu beizutragen kann, die Schiedsrichterarbeit substanziell zu erleichtern und zu verbessern, auch und gerade für die Schiedsrichter selber. Für ein solches, professionell und effektiv arbeitendes System bietet KI nach meiner Überzeugung durchaus gute Voraussetzungen. Da ich zu dieser faszinierenden Technologie über gemeinsame Projekte im technischen Bereich regelmäßig Kontakt mit entsprechenden Experten aus der angewandten Forschung einer nahegelegenen Hochschule habe bilde ich mir ein, das zumindest im Grundsatz realistisch einschätzen zu können.
Zweitens:
"hier öffentlich Brodbeck/Reich zu verunglimpfen" (wieder O-Ton Alter Sack) war nie meine Absicht, auch wenn die von mir gewählten Formulierungen zugegebenermaßen sicher grenzwertig waren. Ausgangspunkt war für mich nun einmal die Wahrnehmung einer glasklaren mehrfachen Benachteiligung einer Mannschaft, und das eben nicht nur in diesem, sondern auch in anderen Spielen im betreffenden Zeitraum. Aber wie oft soll ich denn hier noch schreiben, dass es mir gerade nicht darum geht, einzelne Schiedsrichter an die Wand zu stellen, schon gar nicht als Privatpersonen? Die Unparteiischen sind für mich in dieser Hinsicht eher anonym, die jeweilige Entscheidung ist für mich das maßgebliche Kriterium, weniger, wer sie getroffen hat. Deshalb habe ich in diesem Zusammenhang auch nie Namen genannt, damit hast du angefangen.
Drittens, und das ist mir genauso wichtig, möchte ich niemandem meine Meinung aufdrängen. Wer meint, es ist gut so, wie es ist, darf gerne den Mantel des Schweigens über dieses Thema legen bzw. wie auffällig viele Kommentatoren in den mit bewegten Bildern arbeitenden Medien immer wieder überdeutlich betonen, dass sich auf das jeweilige Spiel bezogen über die Spielzeit auch die Auswirkungen der unstrittig unvermeidbaren Schiedsrichterfehler ja ausgleichen. Ja, das passiert durchaus, aber eben nicht in jedem Spiel!
Wer sich aber bezüglich der Auswirkungen von falschen Schiedsrichterentscheidungen nicht wie die berühmten drei Affen verhalten will, sollte, nein muss die Möglichkeit haben, das auch zu artikulieren und zur Diskussion zu stellen. Das in diesem Forum auch vorgetragene Argument, dass Schiedsrichterkritik die ohnehin schon problematische Schiedsrichtereinsatzplanung zusätzlich gefährdet, kann ich so nicht gelten lassen. Vielmehr sollten sich die Verantwortlichen fragen, warum immer weniger Schiedsrichter zur Verfügung stehen bzw. ausreichend Motivation aufbringen können. Liegt das wirklich an mehr oder weniger berechtigter Kritik oder liegt es vielleicht an bestimmten Rahmenbedingungen, die es Schiedsrichtern, Trainern, Spielern und Zuschauern immer schwerer machen, den in den letzten Jahren inflationär zunehmenden Regeländerungen überhaupt noch zu folgen? Die Auswirkungen auf Technik und Taktik sowie insbesondere auf die Aktionsgeschwindigkeit sind gravierend, die Interpretationen national und international nicht immer einheitlich. Damit gehen wichtige Orientierungspunkte für alle Beteiligten verloren. Einer der größten Fehler aber ist es, unter dem Vorwand den Spielfluss zu fördern die Schiedsrichter zu animieren, klare Regelverstöße nicht zu ahnden. Wo fängt man da an, wo hört man da auf? Schritte sind Schritte und Kreis ist Kreis (auch abgestanden!) und wenn man den Schiedsrichtern hier und anderswo (z.B. Bewertung/Sanktionierung Foulspiel) Interpretationsspielräume zugesteht darf man sich nicht wundern, wenn das nicht überall auf Gegenliebe stößt und im Einzelfall auch heftige Proteste auslöst. Deshalb plädiere ich ausdrücklich dafür, bestimmte Regeländerungen wieder rückgängig zu machen. Insbesondere meine ich damit die Regeländerungen, die Handball zum Rennball gemacht haben. Gerade im Nachwuchs- und Breitensportbereich schreckt diese Spielweise viele Interessenten zunehmend ab und gefährdet viele Vereine und damit den Handballsport existenziell. Die "schnelle Mitte" ist der Tod, man darf die Möglichkeit haben, extrem schnell zu spielen aber man darf nicht gezwungen werden, das ganze Spiel wie von der Tarantel gestochen hin und her zu rennen. Gerade der THC läuft viele Gegner kaputt und ist damit insbesondere in der aktuellen Spielzeit überaus erfolgreich. Attraktiv ist diese Spielweise für mich nicht, wirklich ansehenswert auch nicht unbedingt. Das einzige, was es wirklich bringt, ist eine erhöhte Verletzungsgefahr. Natürlich ist eine solche Bewertung jedem selbst überlassen, aber mit meiner Meinung bin ich weißgott nicht allein.
Noch ein letzter bewusst provozierender Satz zum Thema Schiedsrichterschelte:
Wenn ich hier und auch in der Diskussion zur Einführung des Videobeweises an anderer Stelle in diesem Forum sehe, wie viele den unseligen aktuellen Status quo auf Teufel komm 'raus behalten wollen drängt sich mir der Gedanke auf, dass es dem einen oder anderen offensichtlich sehr wichtig ist, dass Schiedsrichter den Verlauf und damit das Ergebnis eines Spieles beeinflussen können ohne dass das groß in Frage zu stellen wäre.
Dann muss man aber auch damit leben, dass sich hier und da Widerstand regt.
PS:
Wenn du wirklich Interesse hast, über das Spiel Waiblingen - Zwickau (und/oder auch andere) und insbesondere über die Schiedsrichterentscheidungen eine substanzielle Diskussion zu führen, dann sollten wir uns gemeinsam an den PC setzen und die einzelnen Spielszenen Schritt für Schritt durchgehen. Hier im Forum wechselseitig Statements zu den einzelnen Aktionen hin- und herzuschicken ist nach meiner Meinung nicht zielführend...