Causa A. Fuhr und alles drumherum

  • Problematisch finde ich insbesondere folgende Aussage: "Ich war zwar auf das Schlimmste vorbereitet. Aber das, was ich dann gesehen habe, war noch viel schlimmer, als ich erwarten und ertragen konnte."

    Es mag sehr gut sein, dass er seit dem Spiegel-Artikel schwere Tage hatte und an späterer Stelle berichtet er auch von einem stationären Klinik-Aufenthalt. Ich will das Drastische an der Erfahrung, national medial an den Pranger gestellt zu werden, gar nicht schmälern.


    Aber dennoch ist er in dem ganzen Thema derjenige, der als mutmaßlicher Täter "angeklagt" ist - wenn auch eben nicht im rechtlichen Sinne, was er ja im Interview die ganze Zeit als Ausrede nutzt, nicht zu den Vorwürfen Stellung beziehen zu wollen um "nicht den gleichen Weg der nicht-rechtlichen Öffentlichkeit zu suchen" wie seine mutmaßlichen Opfer. Aber in Fällen, in denen es um psychische Gewalt, sexuelle Übergriffe und Missbrauch von Machtpositionen geht, zeugt es von überaus mangelnder Selbstreflexion, wenn sich der mutmaßliche Täter auf diese Welse als das ach so gepeinigte Opfer darstellt und dann noch andauernd das Wort "Selbstreflexion" wie einen Strohmann schützend vor sich stellt.


    Einem Soziologen würde bei diesem Interview sicherlich der Gedanke kommen "Da betreibt jemand simpelste Täter-Opfer-Umkehr", denn wenn man etwas im Subtext liest, dann ist Fuhrs Kernaussage in seinen Antworten:

    "Ihr Spielerinnen die an die Öffentlichkeit gegangen seid habt mich ruiniert, wir hätten das ja auch alles intern besprechen können oder ihr hättet mich einfach anzeigen sollen, so stehe ich nun aber da und muss wie ein einsamer Krieger gegen die ganze Welt um meinen Ruf kämpfen, ach ihr gemeinen Frauen was habt ihr nur getan, ich hab den Handball doch so gern und die meisten fanden mich doch gar nicht so schlimm". Aber er hat sich einzig und allein selbst ruiniert. Das Interview zeugt nicht von Fehlerbewusstsein, Einsichtigkeit und themenbezogener Sensibilität.


    Er mag ein schlauer Mann sein, aber er ist ein schlauer Mann der 90er oder frühen 2000er Jahre. Intellekt ist, den Neuerungen der Moderne in einem kritischen und doch offenen Verhältnis gegenüberzutreten und sie projektionsfrei darauf zu prüfen, ob sie dem Fortschreiten der Zivilisation nutzen oder nicht. Das gelingt ihm bei der Neuerung "Größere Sensibiliät für geschlechterspezifische Problemstellungen" nicht. Der Satz mit der Schablone ist der Beleg und nimmt letztlich nur die Vergangenheit in Schutz mit der Aussage, dass heutige Maßstäbe gegenüber alten Taten "unfair" sei. Man kann es aber auch genau umgekehrt drehen und sagen "Von heutigem Erkenntnisstand aus, war mein Verhalten in der Vergangenheit katastrophal und ich bin bereit, daraus zu lernen und mich fundamental in Frage zu stellen - das kann ich nur weil wir heutzutage zum Glück weiter sind als noch vor 15 Jahren".


    Aber dieses Wording betreibt er eben explizit nicht.

  • "Ich war zwar auf das Schlimmste vorbereitet. Aber das, was ich dann gesehen habe, war noch viel schlimmer, als ich erwarten und ertragen konnte."

    Jeder, der einen kritischen Spiegelartikel in Aussicht gestellt bekommt, wird wohl dieser Erfahrung machen. Frag mal beim Kollegen Birkner nach. Ich habe einen Promi in der Verwandtschaft über den auch mal ein Sturm fegte. Von daher kann ich persönlich diese Aussage nachvollziehen. In dem damaligen Artikel (meines Verwandten) war sehr viel falsch bzw. einseitig.


    Ich sehe das Interview in erster Linie als Zeichen, dass der Mann weiter im Handball aktiv sein will und eine zweite Chance haben möchte.

    Nur so kann er ja über die Jahre der Nachwelt auch beweisen, dass er eben nicht der Teufel in Menschengestalt ist. Wie ich schon mal schrieb. Welchen Plan B gibt es? Fitnesstrainer in einem Sportstudio? Die Vorwürfe wird er nie 1:1 ausräumen können und ausräumen werden, aber mit der erneuten Verantwortung für eine Mannschaft hätte er eine zweite Chance, welche er anstrebt.

    Einmal editiert, zuletzt von alter Sack ()

  • Ich finde es generell gut, dass er sich geäußert hat. Die Tatsache, dass es ein schriftliches Interview ist, dass entsprechend freigegeben wird, verwundert mich nicht. Somit hat man als Befragter mehr Kontrolle. Der Inhalt überrascht mich wenig. Konkret wird er selten bis nie.

    Ist nur die Frage ob du da mehr bekommst als das was schriftlich bereits passiert ist. Wirklich interessanter wären zu diesem Zeitpunkt mal Interviews von Mitgliedern der Kommission, die eventuell nur mal abreißen, was gerade wie untersucht wird. Inhaltlich müsst man sich gar nicht äußern.

  • Wirklich interessanter wären zu diesem Zeitpunkt mal Interviews von Mitgliedern der Kommission, die eventuell nur mal abreißen, was gerade wie untersucht wird. Inhaltlich müsst man sich gar nicht äußern.

    Tja das wäre wirklich mal was.... Ich kann mir vorstellen das vieles im Hintergrund läuft und es wahrscheinlich auch noch nicht spruchreif ist... Ich kann mir aber auch vorstellen das bis jetzt nicht viel passiert ist und man vorgibt etwas zu tun... und man es irgendwie aussitzen will... Vielleicht hat man ja auch irgendwo gelesen , dass man gar nicht so schlecht fährt , wenn man sich an nix mehr erinnern kann. Also wie gesagt ich kann mir da so einiges vorstellen... Ob es jemals wirklich aufgeklärt wird..... wird die Zeit zeigen.

  • Ist nur die Frage ob du da mehr bekommst als das was schriftlich bereits passiert ist. Wirklich interessanter wären zu diesem Zeitpunkt mal Interviews von Mitgliedern der Kommission, die eventuell nur mal abreißen, was gerade wie untersucht wird. Inhaltlich müsst man sich gar nicht äußern.

    Ich glaube nicht, dass sich die Mitglieder darüber äußern würde, das halte ich eigentlich für ausgeschlossen.

  • Ich finde es in Ordnung und nachvollziehbar, dass es für Fuhr keine "leichte Zeit" inkl. Behandlung ist. Es ist wichtig, dass er Hilfe bekommt und das wir immer bedenken müssen, dass es hier um einen Menschen geht. Daher ist es richtig seine Sicht auf die Dinge äußern zu können - nun kommt leider ein Aber!


    @Andi.Waffen57: Du hast es leider genau auf den Punkt gebracht - das war mein erster Eindruck. Hellhörig wurde bei den Aussage "Dann war am Abend klar, dass eine Freistellung im Raum stand. Gegen den ausdrücklichen Wunsch der Handballabteilung übrigens." und "Ich hätte mich damals wehren müssen."

    Insgesamt ist die Rolle des BvB auch eher unschön, die Verantwortlichen sind praktisch "einfach verschwunden" und das wars. Es ist ja leider so, dass die aktuelle MTG Geschichte einfach unnötiges Wasser auf die Mühle für das Opergefühl ist. Er hat definitiv einige Situationen erlebt, die ich keinem wünschen will. Es muss aber immer als eine Folge von eigenen Fehlverhalten ist, da auch Leid bei anderen verursacht hat. Daher ist ihm zu wünschen, dass er einen Weg für sich findet aber so lange es keine Klärung/Verständigung gibt und fragen offen sind, wird es nicht leicht werden und einige Türen auch verschlossen bleiben - egal, was er will. Es liegt nun vieles bei ihm - er kann jeder Zeit klaren Tisch machen und für Aufklärung sorgen.

  • Zitat

    Ich finde, man muss über Ereignisse, die 15 Jahre zurückliegen, mal ganz objektiv fragen: Wie hat sich eigentlich Teamführung in den letzten Jahrzehnten verändert? Kann man die Situation von damals mit heutigen Maßstäben messen?

    Dass AF das Sagen in Blomberg, nicht nur als Trainer hatte, blendet AF aus.


    Sein Verhalten als Trainer blendet AF immer noch aus und kann nicht verstehen, dass die Zeit des Schleifers vorbei ist, bzw. dass er beim BVB auf selbstbewusste Frauen gestoßen ist und nicht auf junge, die sich noch "biegen" lassen.


    Er hatte einen Fragebogen vom Spiegel erhalten, er hat auf diesen Fragebogen nicht reagiert.

    In dem Interwie sagt AF "Ich war zwar auf das Schlimmste vorbereitet", und dann diese Aussage.


    Ja, er hat die heiklen Fragen im Artikel elegant umschifft, bzw. sie wurden nicht gestellt.

    An allem ist zu zweifeln. (Karl Marx- Philosoph)

  • Welche Fragen hättest Du gerne gelesen?

    Ich finde es generell nicht richtig, ihm die Plattform zu geben, ohne dass er sich zu den Vorwürfen äußert.


    Wenn er nicht auf die wesentlichen Fragen antwortet, hätte man m.E. in diesem Fall das Interview abbrechen sollen.


    Da würdest du dir mit einem Podcast-Interview in meinen Augen auch keinen Gefallen tun.

  • Ich finde es generell nicht richtig, ihm die Plattform zu geben, ohne dass er sich zu den Vorwürfen äußert.


    Wenn er nicht auf die wesentlichen Fragen antwortet, hätte man m.E. in diesem Fall das Interview abbrechen sollen.


    Da würdest du dir mit einem Podcast-Interview in meinen Augen auch keinen Gefallen tun.

    Generell halte ich es aus journalistischer Sicht für keine gute Idee, capitano ein Interview mit Fuhr machen zu lassen. Er war letzte Saison BVB-Hauskommentator und kennt Fuhr vermutlich schon länger persönlich. Man kann ja auch mal schauen, wann sich capitano zum allerersten Mal in diesem fast 70 Seiten langen Thread beteiligt hat. (Spoiler: Es war letzte Woche.)


    Natürlich kann das Medium "Kreis ab!" trotzdem ein Interview veröffentlichen. Das Interview sollte dann aber besser jemand ohne BVB-Vergangenheit führen, um jegliche Angriffsfläche von vorneherein auszuschließen.

  • Irgendwie drehen wir uns im Kreis... Jeder hat eine andere Wahrnehmung , auch bei den Mädels. Einige haben was mitbekommen , andere wieder nicht und waren auch nicht betroffen. Deswegen sollte die Kommission so schnell wie möglich ihre Arbeit machen und zu einem Ergebnis kommen sonst wird das nie richtig abgeschlossen werden.

  • Generell halte ich es aus journalistischer Sicht für keine gute Idee, capitano ein Interview mit Fuhr machen zu lassen. Er war letzte Saison BVB-Hauskommentator und kennt Fuhr vermutlich schon länger persönlich. Man kann ja auch mal schauen, wann sich capitano zum allerersten Mal in diesem fast 70 Seiten langen Thread beteiligt hat. (Spoiler: Es war letzte Woche.)


    Natürlich kann das Medium "Kreis ab!" trotzdem ein Interview veröffentlichen. Das Interview sollte dann aber besser jemand ohne BVB-Vergangenheit führen, um jegliche Angriffsfläche von vorneherein auszuschließen.

    Aus diesem Gründen bin ich also per se nicht in der Lage André Fuhr kritische Fragen zu stellen? Spannend. Nur mal so, ich empfand es als richtig, dass dem BVB 2020 nicht die Meisterschaft zugesprochen wurde, so wie das bei Kiel der Fall war. Das wiederum fand ich falsch. In der Sache gehen die Meinungen von André Fuhr und mir da also maximal auseinander.

  • Aus diesem Gründen bin ich also per se nicht in der Lage André Fuhr kritische Fragen zu stellen? Spannend. Nur mal so, ich empfand es als richtig, dass dem BVB 2020 nicht die Meisterschaft zugesprochen wurde, so wie das bei Kiel der Fall war. Das wiederum fand ich falsch. In der Sache gehen die Meinungen von André Fuhr und mir da also maximal auseinander.

    Ich spreche dir deine journalistischen Fähigkeiten ganz sicher nicht ab. Aber du und Fuhr wart zu selben Zeit in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem BVB. Das macht dich angreifbar.

  • Um Sascha mal in den Schutz zu nehmen. Er hat eigentlich immer die Spiele vom BVB neutral kommentiert. Ich hatte nie das Gefühl, dass dort ein "Fanboy" am Mikrofon sitzt. Da gab und gibt es ganz andere Kommentatoren in der HBF. Er hat in meinen Augen immer professionell kommentiert

  • Angreifbar würde mich ein weichgespültes Interview in dem Fall machen. Es ging ja nun in diesem konkreten Fall darum zu erfahren, welche Fragen Rheiner gefehlt haben. Das habe ich aus ernstgemeintem Interesse gefragt.

    Der erwähnte Fragebogen des Spiegels. Das Fuhr keine konkreten Anschuldigungen bekannt sind ist ja zudem eine glatte Lügevon ihm. Sogar wir als Öffentlichkeit kennen ja hier Namen.


    Wenn ein Interview das nicht liefert, hat es halt keinen Mehrwert über eine Wiederholung des Sportbildstücks hinaus. Das war nicht schlecht, aber auch alles was man da rausholen kann ohne ihn komplett festzunageln. Alles darunter ist nur Selbstdarstellung Fuhrs ohne Rechtfertigungsdruck.

  • Es gab beim Spiegel konkrete Anschuldigungen (teilweise mit Namen der Spielerinnen). Die könnte man Fuhr mal vorlesen während dem Interview, und dann fragen ob das wahr ist. Eine Wiederholung des Bild Interviews brauche ich persönlich nämlich nicht.

  • capitano19: Du hast doch das Thema im Podcast bisher ausgelassen, oder hab ich das verpasst?


    Wenn du den jetzt interviewst, und der darf reden und reden und reden, ohne sich zu den wesentlichen Punkten äußern zu müssen (beim Sportbild-Interview war es so), würdest du dich schon angreifbar machen.


    In diesem Fall bräuchte es ein bisschen den Lanz-Stil, der dieses ewige Reden ohne auf die wesentlichen Punkte zu antworten, unterbindet.

    Und dieser Stil passt m.E. weder zu dir noch zu deinem Podcast.


    Ich würd‘s lassen. Da verbrennst du dir die Finger.

  • Es kommt vor allem darauf an, ob man so ein Interview persönlich oder auf Distanz führt. Das ist der entscheidende Punkt. Übrigens kann man, im Gegensatz zu Markus Lanz, auch kritisch nachfragen nachdem (!) der Gast auf die vorherige Frage geantwortet hat. Soll tatsächlich auch gehen.

  • Es kommt vor allem darauf an, ob man so ein Interview persönlich oder auf Distanz führt. Das ist der entscheidende Punkt. Übrigens kann man, im Gegensatz zu Markus Lanz, auch kritisch nachfragen nachdem (!) der Gast auf die vorherige Frage geantwortet hat. Soll tatsächlich auch gehen.

    Wenn er wirklich drauf antwortet, ja.

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